Lockere Steine: Teile des Ulmer Münsters wohl für etwa fünf Jahre gesperrt
Im Ulmer Münster ist Putz herabgefallen. Gottesdienste werden verlegt, für Großveranstaltungen müssen Lösungen her. Die Finanzierung bereitet Sorgen.
Flatterband und Warnschilder im Gotteshaus: Das Ulmer Münster, ewige Baustelle an sich schon, wird mehrere Jahre im Kirchenraum wenig einladend aussehen. Grund der umfangreichen Absperrungen ist ein etwa 120 Gramm schwerer Putzbrocken, der sich aus der Südwand löste. Eine Spezialfirma, die Decken- und Wandflächen sofort danach untersuchte und alle lockeren Putzstellen abnahm, kam zu dem Ergebnis, dass zwei große Bereiche großflächig abgesperrt werden mussten. Betroffen ist auch die Kirchenmusik.
Der Anruf, dass eine Münsterbesucherin den herabgefallenen Brocken gefunden hatte, erreichte Münsterbaumeisterin Heidi Vormann am Nachmittag des 8. März um etwa 15 Uhr. Wann genau sich der Brocken gelöst hatte, ist unmöglich zu sagen. Dabei wird im Münster und am Münster sehr regelmäßig auf die Sicherheit hin kontrolliert. "Wann sich Steine verabschieden", sei aber unmöglich vorherzusagen, sagt Heidi Vormann. Da die sorgfältige Überprüfung der vergangenen Woche Fehlstellen an Wänden und der Decke ergeben hatte, wurde vorsorglich abgesperrt. Betroffen sind die Bereiche vor dem Chorraum und im westlichen Hauptschiff.
Das Ulmer Münster ist ohnehin eine Großbaustelle
Wie es weitergehen wird? Es werde eine Aufgabe für Jahre sein, so Vormann, und spricht spekulativ von etwa fünf Jahren. Natürlich wolle die Gesamtkirchengemeinde das Münster wieder ganz für Touristinnen und Touristen, von denen jährlich etwa eine Million das Münster besuchen, und für Teilnehmende an den Gottesdiensten öffnen. Die Sicherheit aber gehe vor. Über die vermutlich vielfältigen Ursachen der Schäden will die Münsterbaumeisterin im Moment nichts sagen, da Aussagen dazu ohnehin nur Spekulation wären. Ein Konzept zur Sanierung der Schäden zu erstellen, werde Monate in Anspruch nehmen, erst danach könne man mehr zum Ablauf der nötigen Maßnahmen sagen. Was aber klar ist: "Das Ganze wird ein Finanzierungsproblem sein." Man werde auf Geldgeber wie das Landesdenkmalamt und den Münsterbauverein, aber auch auf die Bevölkerung zugehen müssen. Und man hoffe, dass die akut entstandene Notwendigkeit von Maßnahmen als Notfall eingestuft werden. Dann würden zusätzliche Gelder eingestellt. Aktuell hat das Münster 2,5 Millionen Euro für laufende Maßnahmen und eine Million Euro Projektmittel eingestellt, zum Beispiel für die Reinigung der mittelalterlichen Fenster im Chorraum. Die Mittelvergabe ist aber befristet. Die laufenden Maßnahmen, beispielsweise am Hauptturm, der bald fertig saniert sein wird, dürfen nicht zurückgestellt werden. Zusätzliches Geld wird also dringend notwendig werden.
Am Palmsonntag wird der Gottesdienst – mit verschobenem Lesepult – noch im östlichen Teil des Hauptschiffes stattfinden. Gottesdienste werden ab Gründonnerstag im Chorraum stattfinden, der für die Zahl von 400 bis 450 Teilnehmern ausreicht. Der Chorraum, dessen Decke erst in der jüngsten Vergangenheit saniert wurde, wird auf jeden Fall zugänglich bleiben. An Tagen mit zu erwartendem höherem Aufkommen von Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern – wie Weihnachten und Ostern – werde man ins östliche Hauptschiff erweitern, gegebenenfalls mit Lautsprecher-Übertragung, kündigt Pfarrerin Stefanie Ginsbach an. Das Gerüst im Chorraum, zur Reinigung der Fenster aufgebaut, wird jetzt wieder abgebaut und in Teilen weiter genützt. Eine Art Tunnel soll entstehen, mit Holzplatten abgedeckt, durch den die Besucherinnen und Besucher künftig in den Chorraum kommen werden – also beispielsweise auch Hochzeitsgesellschaften.
Alternativen für Landesposaunentag und Schwörkonzert müssen her
Münsterkantor Friedemann Johannes Wieland ist dankbar, beispielsweise die Aufführung der Johannes-Passion am Karfreitag sowieso in der Pauluskirche geplant zu haben, denn traditionell werden zu solchen kirchenmusikalischen Ereignissen wie der Passion zur Sterbestunde Christi sehr viele Menschen erwartet. Völlig offen ist noch, was mit musikalischen Großereignissen wie dem Landesposaunentag oder dem Schwörkonzert, das jedes Jahr im Münster den Auftakt des Schwörwochenendes bildet, passieren wird. Hierfür wird man Alternativen suchen müssen.
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