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Ulm: Liedermacher Raphael Steber: Songs mit Melancholie, Feingefühl und Glaube

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Liedermacher Raphael Steber: Songs mit Melancholie, Feingefühl und Glaube

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    Raphael Steber schreibt Lieder mit deutschen Texten und Melancholie. Sein Debütalbum heißt: "Weitergehen" - wie hier mit der Gitarre auf dem Rücken.
    Raphael Steber schreibt Lieder mit deutschen Texten und Melancholie. Sein Debütalbum heißt: "Weitergehen" - wie hier mit der Gitarre auf dem Rücken. Foto: Steber

    Wie ein Schimmer Blau am Himmel, nach dem harten Wolkenbruch. Wie ein Splitter Zuversicht in den Scherben. Dur auf Moll. Der Wendepunkt. Solche Momente blitzen immer wieder auf, in Raphael Stebers Liedern. Er ist ein Theologe, ein Sinnsucher und seit Kurzem: ein Liedermacher, der sein Debütalbum veröffentlicht hat. Sein erstes Album als Singer-Songwriter heißt „Weitergehen“. 15 Stücke, die Poesie und Melancholie in sich tragen, starke Akkorde und Mutmachertexte, mit feinen Antennen für Schattierungen des Lebens. Und immer scheint der Glaube an die Hoffnung durch.

    Raphael Steber veröffentlicht sein Debüt als Liedermacher

    „In meiner Jugend war ich immer auf der Suche im Leben“, erzählt Raphael Steber. „Ich bin schon viele Wege gegangen, habe Neuanfänge erlebt.“ Das merkt man seinen Songs auch an. „Weitergehen“ ist der Titelsong und ein gutes Beispiel für Stebers Pop-Philosophie. „Du verlierst das Gleichgewicht, dein Sonnenaufgang im Niemandsland, gute Geister nicht in Sicht“, diese Zeilen singt er über einem lockeren Pop-Sound-Teppich mit Gitarrengrundierung. Das Fazit des Songs steckt dann aber im Refrain: „Du musst nur eins verstehen, du musst immer weitergehen.“ Die Harmonien zur Melodie wählt Steber nicht nach Schema F und verpackt sie nicht in gebrauchsüblichen Endlosschleifen. Mut zum schrägen Ton im richtigen Moment, auch das steckt in seinen Songs. „Ich bin Theologe, ich will Mut machen“, sagt Steber.

    1983 wurde er bei Mindelheim geboren. Schon als Kind kamen ihm kleine Songeinfälle, er lernte Klavier und bald Saxofon. Aber es dauerte, bis das richtige Instrument für seine Liederideen mit etwas Glück in seinen Händen landete: Mit 21 Jahren lernte Steber Gitarre – selbstständig, auf eigene Faust. Sein Bruder, „Gix“ genannt, formte zu den Texten und Melodien seines Bruders zuerst noch die Musik. Gemeinsam traten sie als Jazz-Duo auf. Heute kreiert Steber seine Songs sehr eigenständig. Die Gitarrenstimme hat er für die Albumtitel selbst eingespielt, dazu mischt er leichte elektronische Einflüsse, sanftes Schlagzeug, Effekte wie Glockenspiel und die Mundharmonika – selbst gespielt.

    Dass es doch lang gedauert hat, bis zu seinem Albumdebüt, findet Steber heute selbst „unerklärlich“. Jahre verbrachte er in Augsburg und Rom, im Studium der Theologie – eigene Lieder schrieb er nicht mehr. Doch dann kam der Tag: Er arbeitete inzwischen in einer Kirchengemeinde in Neu-Ulm, in einer verantwortungsvollen Position. Als er dort dann ein Benefizkonzert für die Flüchtlingshilfe gab, da flammte wieder etwas auf. „Ich habe gemerkt: Das macht was mit mir, das macht etwas mit dem Publikum.“

    Raphael Stebers Musik hat Einflüsse von Sting und Grönemeyer

    Das Saxofon, sein Hauptinstrument, und den Jazz, der dazu gehört, diese Seite hört man Stebers neuen Liedern nicht an. Dann schon eher die musikalischen Einflüsse, die er selbst aufzählt: Sting zum Beispiel, und sicher liegt da eine Ahnung von Grönemeyer in den Texten. Der Song „Federico“ erzählt eine klassische Liedermacher-Geschichte: Ein Clown lebt im Zwiespalt, lachendes Auge, weinendes Auge. Und im Video auf Stebers Youtube-Kanal setzt sich der Sänger dazu die rote Nase auf. „Komisch, tollpatschig, wunderbar“ ist Federico.

    Lieder mit Witz und Ironie hat Stebe auch im Repertoire – über den verständlichen Ekel vor Spinat, oder über kleine Fischlein, die schnell erwachsen werden wollen. Ein Hit seien diese Songs gewesen, sagt Steber - auf jeden Fall bei den Kleinen im heimischen Kindergarten.

    Raphael Steber schreibt Songs zwischen Melancholie und Hoffnung

    „Manche vermissen diese leichte Seite meiner Musik jetzt vielleicht. Aber diese neuen Songs wollten geschrieben werden. Die mussten raus“, sagt er. Bald möchte er, sobald das wieder möglich ist, seine Musik ungefiltert und direkt der Welt präsentieren, vielleicht auch zuerst bei kleinen Club- oder Wohnzimmerkonzerten. Ganz persönlich.

    „Irgendwo daneben“ heißt ein Songtitel und Steber meint dabei das Glück des Lebens, das an manchen Menschen ohne Erbarmen einfach vorbeizieht. Oder ihnen sogar mit Gewalt entrissen wird. Steber erklärt: „Als ich am 9. November 2019 an einer Gedenkfeier zur Reichspogromnacht vor der Ulmer Synagoge teilnahm, entstand die Idee zu diesem Lied.“ Es ist das traurigste Lied auf dem Album.

    „Während meines Theologiestudiums habe ich mich vertieft mit Edith Stein beschäftigt, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft in Auschwitz getötet wurde“, sagt Steber. Die unzähligen jüdischen Schicksale hätten ihn schlicht fassungslos gemacht. Das Titelbild zum Youtube-Video für den Songs, ein Stück Stacheldraht, hat er selbst einmal in

    Raphael Steber über die Kraft der Melancholie

    Steber sagt: „Melancholie ist oft auch etwas Schönes, Kreatives.“ Aber ist unserer Zeit das Glück doch ein wenig abhandengekommen? Der Glaube daran, dass es besser wird – was immer „es“ auch ist? „Manche Kirchengemeinden stellen jetzt auch Klagemauern auf. Und manchmal ist das notwendig, seine Sorgen auszudrücken, zu formulieren“, erzählt der Liedermacher. „Ich bin heute jedenfalls glücklicher und zufriedener als noch vor zehn Jahren.“

    Infos zu Raphael Steber und seiner Musik unter www.raphaelsteber.de

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