Der Termin steht fest: Ab 13. Dezember 2020 heißt die Heilmeyersteige Eselsbergsteige. Diesen Termin nannte Gerrit Bernstein, Chef der Abteilung Vermessung der Stadt Ulm, bei einem Ausspracheabend im Bürgerzentrum Eselsberg. Kulturbürgermeisterin Iris Mann, mehrere Stadträte und Mitarbeiter der Arbeitsgruppe, die sich mit der Person Ludwig Heilmeyers und einer Umbenennung der Straße beschäftigt hatten, stellten sich den Fragen von Anwohnern. Zudem zeigt eine Ausstellung im Bürgerzentrum die Biografie des renommierten Hämatologen und Gründungsrektors der Universität Ulm und die Gründe, aus denen Ludwig Heilmeyer nicht als Vorbild zu sehen ist. Das Bürgerzentrum ist wegen der Gefahr der Verbreitung des Coronavirus zunächst bis einschließlich 19. April geschlossen. Diese Regelung ist Teil einer Allgemeinverfügung der Stadt Ulm.
Im Vorfeld des Gemeinderatsbeschlusses zur Umbenennung der Heilmeyersteige war der Ulmer Medizinhistoriker Florian Steger mit einem Gutachten beauftragt worden; Steger war zu dem Schluss gekommen, dass Ludwig Heilmeyer trotz seiner medizinischen Verdienste die Voraussetzung nicht erfülle, dass eine Straße nach ihm heißen könne: „Vorbildliche Charaktereigenschaften sind nicht zu erkennen.“ Die Ausstellung zeigt, dass der 1969 verstorbene Mediziner, der förderndes Mitglied der SS gewesen war, zum Beispiel ein richtungsweisendes Werk als seines reklamierte, die Erstausgabe des jüdischen und im Holocaust ermordeten Mediziners Hans Hirschfeld aber verschwieg.
Aus der Heilmeyersteige wird die Eselsbergsteige
Die Umbenennung selbst hat eine lange Reihe von Folgen für 260 betroffene Haushalte. Für Kosten wie die Ummeldung ihres Autos oder für einen veränderten Grundbucheintrag müssen die Anwohner nicht selbst aufkommen, für neue Visitenkarten und Ähnliches wohl schon. Auch Stadtplan-Verlage sind betroffen. Die Anwohner müssen die Änderung ihrer Adresse verschiedenen Dienstleistern, Banken und Lieferdiensten melden. Die Kosten der Umbenennung für den Steuerzahler waren einer der Punkte, die von Kritikern der Umbenennung während der eher schwach besuchten Veranstaltung geäußert wurden.
Auch der neue Name Eselsbergsteige gefiel Veranstaltungsbesuchern nicht; er sei fantasielos. Anwohner hätten lieber einen Namenspaten der Straße mit Vorbildfunktion gehabt – einen Mediziner oder Demokraten. Michael Joukov-Schwelling (Grüne) erklärte, man habe sich nach langen Diskussionen mehrheitlich bewusst entschieden, fantasielos zu sein – um Fragen zu entgehen, beispielsweise dahingehend, ob diese oder jene Person als Namensgeber wirklich besser geeignet sei als Heilmeyer. Der Name Eselsbergsteige beziehe sich darauf, dass der Berg früher für Pferdefuhrwerke zu steil war und nur Eselskarren den Weg bewältigen konnten.
Kritik gab es auch an der städtischen Vorgehensweise: Anwohner fühlten sich zu wenig in die Auseinandersetzung um die Umbenennung einbezogen. Bei einem Info-Abend im Stadthaus habe es – anders als am Mittwochabend im Bürgerhaus gesagt – keine Aussprache mit Anwohnern gegeben. Dies bestätigte Kulturbürgermeisterin Iris Mann: Es habe für die Besucher der Stadthaus-Veranstaltung Karten gegeben, auf denen „dafür“ oder „dagegen“ angekreuzt werden konnte und ein Feld für Kommentare frei war. Weiterer Kritikpunkt des Abends: Die Biografie Heilmeyers sei von vornherein einseitig dargestellt worden, eine objektive Berichterstattung über die Person Heilmeyer – über seine Schwächen wie über seine Verdienste – habe gegenüber den Anwohnern nicht stattgefunden.
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