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Ulm: "Frau Einsteins Nobelpreis": Liebesgeschichte ohne Happy End

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"Frau Einsteins Nobelpreis": Liebesgeschichte ohne Happy End

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    Celia Endlicher und Andreas Laufer spielen "Frau Einsteins Nobelpreis" im Kunstverein Ulm.
    Celia Endlicher und Andreas Laufer spielen "Frau Einsteins Nobelpreis" im Kunstverein Ulm. Foto: Florian L. Arnold

    "Das Leben schreibt kein Happy End". Dieser Satz aus "Frau Einsteins Nobelpreis" fasst treffend die Geschichte der Mileva Maric, spätere Frau Albert Einstein, zusammen. Die junge Frau aus Serbien lernt das Physik-Genie am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich kennen. Sie ist ehrgeizig, brillant, und was als Freundschaft auf Basis der Wissenschaft beginnt, wird bald zur engen Freundschaft. Liebe? Das Wort kommt im Stück an dieser Stelle nicht vor. 

    Sie erstreitet sich das Geld, das Einstein für den Nobelpreis bekam

    1902 kommt unehelich Tochter Lieserl zur Welt, von der – im Stück wie im wahren Leben – nicht mehr die Rede sein wird. Das ist das endgültige Aus für Milevas Lebensträume. Sie wird nie mehr als Wissenschaftlerin arbeiten – so viel weiß man. Es folgen zwei Söhne, dann die Entfremdung und schließlich, nachdem die eheliche Gemeinschaft zur "Gewohnheitsfreundschaft" heruntergekommen ist, die Trennung. Nun ist Mileva zur "serbischen Hexe" geworden. Albert Einstein wird in einem Brief an Elsa kalt festhalten: "Die letzte Schlacht ist geschlagen (…) Frau und Kinder auf immer abgereist." Immerhin: Erst sechs Jahre danach werden sie endgültig geschieden. Mileva erstreitet das Geld aus dem soeben gewonnenen Nobelpreis für sich und den an Schizophrenie leidenden Sohn Eduard, den sie pflegt.

    "Frau Einsteins Nobelpreis" spielt im Kunstverein Ulm mit dem Leben von Mileva Einstein, der verstoßenen Gattin, aber auch mit dem Theater an sich. Denn erzählt wird das Ganze nicht als Biografie, sondern aus Sicht der zwei Darstellenden, Celia (Endlicher) und Andreas (Laufer), die sich zu den Proben für das Stück treffen. Regisseur Wolfgang (Schukraft) ist nicht anwesend, bleibt aber präsent, indem er immer wieder Textzusätze schickt oder Anweisungen simst. 

    Im Kunstverein Ulm improvisieren die Darsteller auf der Bühne

    Celia und Andreas spielen ihre eigene erloschene Liebesgeschichte parallel zu der von Mileva und Albert durch. Warum hielt die Beziehung nicht? Was bedeutet das gemeinsame Theaterspiel, wenn man einst liiert war? Während er mit dem Schauspielerdasein an sich ringt, will sie der Mileva auf den Grund kommen. War diese nicht das geniale Hirn an Alberts Seite während der Ausarbeitung der Relativitätstheorie? Und gab es nicht einen ersten Entwurf, der mit "Einstein & Maric" unterzeichnet war (und bald unauffindbar verschwand)?

    In der Handlung erobern sich die beiden Darstellenden die offenen Fragen durch Improvisation. Anstatt den vorgegebenen Worten des Regisseurs zu folgen, beginnen sie frei zu spielen. Und erschaffen so, am Ende des anderthalbstündigen Abends, wirklich bewegende Szenen. So etwa das fiktive Aufeinandertreffen von Mileva und Elsa Einstein in einer Winternacht im Züricher Bahnhof. Beide wissen nicht, wer die jeweils andere ist. Sie berichten von ihren Leben, ihren Träumen, beide stellen fest, dass sie die eigene Laufbahn und die eigenen Träume einem Mann opferten, der "ohne Familie den nötigen Freiraum für seine Wissenschaft hatte".

    Wolfgang Schukraft schrieb über die Jahre zahlreiche biografisch-fiktionale Stücke, etwa zu Mark Rothko (wo er selbst bravourös die Hauptrolle übernahm), Alberto Giacometti oder Johann Nestroy und Marlene Dietrich. In "Frau Einsteins Nobelpreis" wird aus der anfangs etwas starren Konfiguration eine behutsame Annäherung an das traurige Leben der Mileva Einstein. "Theater ist eine Utopie",heißt es einmal im Stück, und analog zum Autor und Regisseur Schukraft müssen sich Celia Endlicher und Andreas Laufer ihre Figuren erst einmal erobern.

    Weitere Vorstellungen von "Frau Einsteins Nobelpreis" gibt es im Januar

    Das Schlussbild befreit sich dann ganz und gar von der anfangs distanzierten Sichtweise, und Laufer in Frauenrolle gibt der Elsa Mehrdimensionalität, während Celia Endlicher ihrer Mileva subtile Abstufungen von Bitterkeit und Vitalität verleiht. Schlussendlich ist dieses Stück keine Schmeichelei für den nun so frenetisch verehrten Ulmer "Sohn" Albert Einstein, sondern eine kritische Betrachtung eines großen Wissenschaftlers, der das Universum begriff, nicht aber die Frauen in seinem Leben. 

    Weitere Vorstellungen am 12., 13. und 19. Januar, Beginn jeweils um 19 Uhr. 

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