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Ulm: Ein Festtagsschmaus für Obdachlose im Ulmer Übernachtungsheim

Ulm

Ein Festtagsschmaus für Obdachlose im Ulmer Übernachtungsheim

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    „Ich habe Riesenrespekt davor, was hier geleistet wird“, sagt der Chefkoch Alexander Junker über die ehrenamtliche Arbeit in der Obdachlosenunterkunft, die Menschen wie Renate Unseld in Ulm leisten.
    „Ich habe Riesenrespekt davor, was hier geleistet wird“, sagt der Chefkoch Alexander Junker über die ehrenamtliche Arbeit in der Obdachlosenunterkunft, die Menschen wie Renate Unseld in Ulm leisten. Foto: Stefan Kümmritz

    Ente mit Blaukraut und Knödeln, ein typisches Weihnachtsessen. Die meisten Menschen in Ulm können sich ein solches problemlos leisten – aber nicht alle. Für manche ist so ein Festtagsschmaus, bei dem es zum Dessert noch Mousse au Chocolat gibt, unerschwinglich. Zum Beispiel für Obdachlose. Umso glücklicher war eine Reihe von ihnen, als sie kurz vor Weihnachten mit diesem feinen Essen im Ulmer Übernachtungsheim verköstigt wurde. Kostenfrei und zubereitet vom Chefkoch des Seminaris-Hotels in Bad Boll, Alexander Junker, der früher in Ulm tätig war, sowie den guten, längst im Rentenalter befindlichen Küchenfeen Renate Unseld und Liesl Weyhing, die bereits seit Jahren für jene kochen, die kein oder kein richtiges eigenes Dach über dem Kopf haben.

    Chefkoch Alexander Junker kocht Ente mit Knödeln für Obdachlose

    Der wohl immer gut gelaunte Alexander Junker hat sich offensichtlich mit den etwas beengten Verhältnissen in der Küche des Übernachtungsheims angefreundet. Zum dritten Mal ist der sozial eingestellte Küchenmeister in diesem Jahr im Heim, um Obdachlosen mit leckeren Speisen etwas Gutes zu tun. Völlig unkompliziert und sicher bewegt er sich zwischen Herd, Kochtöpfen und Backofen hin und her, hat alles im Blick und unter Kontrolle. Gut, die halben Enten hat er im Hotel vorgegart, aber nun müssen sie im Convectomat, dem großen Ofen, knusprig gebraten werden. „Die Küche hier ist nicht groß, aber alles Notwendige ist vorhanden und kochen ist kein Hexenwerk“, sagt der Meisterkoch, der hier auf alles Exotische verzichtet: „Pfeffer, Salz und frische Kräuter reichen aus.“ Trotzdem hat er die Entenhälften noch mit etwas Paprika eingerieben, um ihnen eine schönere Farbe zu geben. Damit sie innen saftig bleiben, liegen die Geflügelteile in einem Sud mit Äpfeln, Zwiebeln und Orangen.

    Zuvor hat Junker – den Kontakt zu ihm hat die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer (zugleich ehrenamtliche Präsidentin des DRK-Kreisverbands Ulm/Alb-Donau) hergestellt – das leckere, vor allem nicht so süße Dessert angerührt, das er nun in verschließbare, hygienische Schalen für diejenigen Obdachlosen füllt, die das Essen nur abholen und wieder in die kühle Nacht verschwinden. Nun geht es in die Endphase der Zubereitung des Hauptgerichts, ohne dass in der Küche Hektik aufkommt oder das Koch-Trio in Schweiß ausbricht. Alles ist perfekt organisiert. Die Knödel wandern in riesige Töpfe mit heißem Wasser, das Blaukraut schmort vor sich hin, die Soße ist fertig, die Enten haben die richtige Bräune erreicht und ein verführerischer Duft erfüllt den Raum.

    30 Festtags-Essen gibt es diesmal für die Ulmer Obdachlosen

    Die ersten Obdachlosen, die sich zum Essen nicht anmelden mussten, finden sich erst etwas zögerlich, dann vermehrt an der Ausgabe ein. Dort nehmen sie ihren gut gefüllten Teller in Empfang und bedanken sich höflich für die Gabe. „Ein Mann schenkt mir jedes Mal zwei Maronen“, erzählt Renate Unseld, die wie die anderen hier ehrenamtlich tätig ist und größten Wert darauf legt, dass das Essen „schön aussieht und serviert“ wird, denn es sei wichtig, den Menschen Würde zu geben. „Eine Frau hat mir schon eine Tafel Schokolade oder eine Flasche Wein mitgebracht. Dabei haben die Leute doch selbst nichts. Da kommen mir schon die Tränen.“ 30 Essen wurden diesmal gekocht und sie gingen bestens weg. Auch an die, die es an der Pforte entgegennahmen.

    „Manche haben Berührungsängste, wollen hier nicht sein“, erklärt die Chefin des vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Ulmer Tafel betriebenen Hauses, Karin Ambacher, die just dem Mousse das Prädikat „köstlich“ verliehen hatte. „Die sollen auch gut versorgt werden.“ Das erledigt vor allem die seit sieben Jahren im Heim tätige Renate Unseld mit ihrem Team, zu dem außer Liesl Weyhing, der Schwiegermutter ihrer Tochter (seit zwei Jahren), ihr Mann Hans-Oskar Unseld (seit vier Jahren) gehört. Es gibt drei weitere Teams, die alle ehrenamtlich arbeiten und sich ständig abwechseln. „Denn gekocht wird hier jeden Tag“, erläutert Unseld, die sich seit vielen Jahren um Schwache der Gesellschaft kümmert, wie Liesl Weyhing aus Weißenhorn kommt und mit einem Freundeskreis die Kocherei im Obdachlosenheim initiiert hat. „Dabei bekommen wir auch oft Lebensmittel vom Tafelladen.“

    Die Ulmer Tafel organisiert jedes Jahr ein Essen für Obdachlose

    Das Weihnachtsessen wurde vom Freundeskreis, dem DRK, der Ulmer Tafel und Alexander Junker gesponsert. Dieses gab es 2020 zum dritten Mal in Folge. War früher Unseld die Küchenchefin, regierte nun Junker an den Herden. Halbwegs zumindest. „Dabei werden“, auf diese Feststellung legt Unseld größten Wert, „alle Corona-Hygieneregeln eingehalten. In dem Haus hier hat es noch keinen Infizierten gegeben. Es gibt sieben Angestellte, viele Ehrenamtliche und bis zu 30 Übernachtungsgäste.“ Dabei übernachten bis zu elf Menschen in einem Raum. Während der Essensverteilung spendeten sich die Köche dann gegenseitig Lob. „Junker ist im tiefsten Herzen leidenschaftlicher Koch, der einen täglich zum Lachen bringt“, sagt Unseld und der Gehuldigte seinerseits fügt an: „Ich habe Riesenrespekt davor, was hier geleistet wird.“

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