Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm: Ulmer Weihnachtsmarkt 2021 ist abgebaut – doch der Ärger bleibt

Ulm

Ulmer Weihnachtsmarkt 2021 ist abgebaut – doch der Ärger bleibt

    • |
    Der Ulmer Weihnachtsmarkt wurde wegen der Pandemie vorzeitig beendet. Der Frust bei den Händlerinnen und Händlern ist groß.
    Der Ulmer Weihnachtsmarkt wurde wegen der Pandemie vorzeitig beendet. Der Frust bei den Händlerinnen und Händlern ist groß. Foto: Alexander Kaya

    Der Herr der Feuerwurst ist Kummer gewohnt. "Seit zwei Jahren haben wir praktisch Berufsverbot", sagt der Chef der Firma "Burger – Zelte & Catering" im Allgäu. Doch das Aus für den Weihnachtsmarkt traf seine Firma besonders hart. Ausverkauf statt Hoffnungsschimmer. Die Würste und andere verderbliche Waren wurden am vergangenen Wochenende am Firmensitz in Weinried/Öberschönegg verkauft. Zumindest ein Teil. "Die Resonanz war überwältigend", sagt

    Peter Burger auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt: Der auf Veranstaltungen spezialisierte Allgäuer Gastronom ist zunehmend verzweifelt.
    Peter Burger auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt: Der auf Veranstaltungen spezialisierte Allgäuer Gastronom ist zunehmend verzweifelt. Foto: Oliver Helmstädter

    Landtagsabgeordneter Martin Rivoir aus Ulm: "Das ist eine Chaos-Truppe"

    "Bis jetzt wurde uns noch keinerlei Hilfen angeboten", sagt Burger. Der Ulmer Stadtrat und Landtagsabgeordnete Martin Rivoir sieht hier ein Versäumnis der Landesregierung. "Das ist eine Chaos-Truppe", sagt der SPD-Politiker. Das Land habe einen Antrag der

    Regierung und Opposition streiten wie Hund und Katz: Der Ulmer Landtagsabgeordnete der Grünen, Michael Joukov-Schwelling, weist als Mitglied der Fraktion im Landtag der Regierungspartei jede Schuld von den Grünen. "Puren Populismus" sieht er bei Martin Rivoir. "Wir lassen die Beschicker nicht im Regen stehen", sagt der Ulmer. Er wisse sehr wohl, dass bei einigen Beschickern die finanzielle Existenz auf dem Spiel stehe. Noch in diesem Monat werde Geld fließen. Die Landesregierung habe einen "8-Punkte-Plan" beschlossen und gleichzeitig klargestellt, dass sie, sollte der Bund nicht mitziehen werde, die Maßnahmen selber umsetzen wird. "Das weiß Herr Rivoir sehr wohl."

    Die Stimmung der Beschicker des Ulmer Weihnachtsmarkts ist am Boden

    So oder so leiden die Beschicker wie Burger. "Die Stimmung ist am Boden", sagt der Weinrieder. Denn ein Licht am Horizont sei nicht zu erkennen, die Veranstaltungsbranche liegt weiter brach. "Langsam fehlt auch die Lust", so Burger. Denn, dass mit dem Ulmer Weihnachtsmarkt sogar eine Freiluftveranstaltung trotz 2G-Plus-Regelung abgesagt wurde, raube ihm sämtliche Planbarkeit und somit Motivation. "Ich habe den Glauben an die Politik verloren." Denn sicherer als 2G-Plus, also geimpft, genesen und getestet, könne man keine Veranstaltungen während der Pandemie durchführen. Wie geht es weiter? Burger weiß es nicht. Sein Familienunternehmen lebe längst von der Substanz. "Wir sehen sehr düsteren Zeiten entgegen." Von 16 Stamm-Beschäftigten vor Corona seien vier übrig geblieben.

    Weihnachtsmarkt "to Go" von "Oh My Waffle!" in Ulm

    Die Burgers sind alte Hasen auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt. Tobias Rocholl hingegen feierte dieses Jahr Premiere mit "Brot und Stühle", zusätzlich zu seinem etablierten Waffel-Konzept "Oh My Waffle!". Sein Vorteil: Im Gegensatz zu Burger hat Rocholl am Judenhof in Ulm zwei Lokale, die weiter für Umsatz sorgen. "Ich weiß noch nicht, ob wir noch Unterstützung bekommen", sagt der Jung-Unternehmer. Verluste habe auch er gemacht, doch er blieb nicht auf verderblichen Lebensmitteln sitzen. Ob er mit "einem kleinen blauen Auge" oder "zwei blauen Augen" davon kommt, hänge von den Hilfen des Staates ab. Das "Hin und Her" in der letzten Weihnachtmarktwoche sei sehr anstrengend gewesen, dennoch will Rocholl auch im kommenden Jahr wieder Waffeln und Sandwiches anbieten. Nun bewirbt Rocholl den "Weihnachtsmarkt to Go" – Punch, Sandwiches und Waffeln zum Mitnehmen.

    Der Veranstalter des Ulmer Weihnachtsmarkts, die städtische Messegesellschaft, hat nach dem Aus für den Budenzauber einige Dinge angestoßen: Unter dem Link "Wir verkaufen auch online" wird auf der Homepage des Weihnachtsmarkts und in Sozialen Medien auf die Kontaktadressen von gut 50 Beschickern verwiesen. "Das war einfach umzusetzen", sagt Jürgen Eilts, der Messe-Geschäftsführer. Andere Ideen lassen sich schwieriger realisieren: Etwa der Verkauf von Weihnachtsmarkt-Würsten in Schulkantinen. Allein weil das Thema Schweinefleisch in der Verpflegung in Schulen ein "Hemmschuh" sei.

    Messe-Ulm sucht nach Lösungen: online oder in Ulmer Geschäften

    Auch der Wochenmarkt kann helfen: So kommen zwei Süßwarenstände dort unter. Mittwochs und samstags bis Weihnachten. Zudem würden in Zusammenarbeit mit der Ulmer Citymarketing Einzelhandelsflächen in Ulm "abgeklappert" um etwa im Blautalcenter oder anderswo den einen oder anderen Kunsthandwerker unterzubringen. "Da ist aber noch nichts spruchreif", so Eilts. Was Hilfen angeht, sucht der Messe-Mann noch "nach einem Ansprechpartner im Ministerium", der sich um diese Anliegen kümmert. "Ein Schaden ist definitiv allen Beteiligten am Ulmer Weihnachtmarkt entstanden", so Eilts. Auch der Messegesellschaft. Eilts spricht von 300.000 bis 500.000 Euro. Dass die Hilfen schnell kommen, kann Eilts nur hoffen: Denn allein die Beantragung der Gelder für die 110 Beschicker sei kein Kinderspiel: Mithilfe eines Steuerberaters müssten erst mal die Schäden benannt und beziffert werden. Dennoch will Eilts in die (Weihnachtsmarkt-) Zukunft blicken. Mit Vorbehalt: "Ob wir aber den Weihnachtsmarkt unter unbeschwerten Bedingungen abhalten können, kann derzeit niemand sagen."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden