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Ulm: Der neue Berblinger-Turm: Ein Denkmal, das in luftige Höhen führt

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Der neue Berblinger-Turm: Ein Denkmal, das in luftige Höhen führt

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    Rot-weiß gestreiftes Absperrband für die Einweihung eines rot-weiß gestreiften Turms: Oberbürgermeister Gunter Czisch (Mitte), Bürgermeisterin Iris Mann und Bürgermeister Tim von Winning eröffneten das neue Berblinger-Denkmal.
    Rot-weiß gestreiftes Absperrband für die Einweihung eines rot-weiß gestreiften Turms: Oberbürgermeister Gunter Czisch (Mitte), Bürgermeisterin Iris Mann und Bürgermeister Tim von Winning eröffneten das neue Berblinger-Denkmal. Foto: Dagmar Hub

    Mit dem Wind an der Adlerbastei ist das so eine Sache: Der Schneider von Ulm scheiterte 1811 beim Flugversuch über die Donau aufgrund der kalten Winde über dem Wasser. Und das Münchner Künstlerduo Johannes Brunner und Raimund Ritz machte seine hautnahe Erfahrung mit diesem Wind, als bei der Einweihung des von ihnen entworfenen Berblinger-Turms Dank an alle gesagt werden sollte, die die Realisierung ihres außergewöhnlichen Projekts möglich gemacht hatten. Der kühle Wind wirbelte die Blätter der Dankesrede vom Pult – ein eindrucksvolles Bild der widrigen Kräfte, mit denen sich

    Gunter Czisch bewundert den Mut des Berblingers

    Ulms OB Gunter Czisch zeigte Respekt vor dem Mut, den Berblinger bewiesen hatte, an dieser Stelle 20 Meter über dem Wasser mit dem Hängegleiter abzuspringen. Mut hatte aber auch vor zehn Jahren der Autor und Journalist Johannes Schweikle bewiesen, als er sich für seine fiktive Berblinger-Biografie „Fallwind“ mit dem Leben des Schneiders auseinandersetzte. Viele konnten das damals nicht akzeptieren und hielten die 77 Jahre nach Berblingers Tod entstandene Berblinger-Biografie von Max Eyth für die einzige, der eine Deutungshoheit über den Flugpionier zukomme. Nun, neun Jahre nach Erscheinen von „Fallwind“, wählte die Stadt Ulm

    Er nahm in seiner Rede die Last, dass das Verurteilen des Gescheiterten eine schwäbische Eigenschaft sei, von den Ulmern: Der Spott auf den scheiternden Utopisten sei eine ubiquitäre Eigenschaft, sagte Schweikle, denn „wer etwas wagt, beschämt die Bequemen“, und die Mutlosen verziehen in der Masse das Scheitern dessen nicht, der weiter oder anders denkt als sie selbst. Da werde es schnell ungemütlich, berichtete der Autor, und der Geachtete werde zum Geächteten. „Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn nur die Schwaben so unbarmherzig auf das Scheitern reagieren würden.“ Denn die, die zu neuen Ufern aufbrechen, seien eine Bedrohung für die Bequemen. Als Berblinger seine Flugversuche machte, waren Fahrrad und Eisenbahn noch nicht erfunden, mahnte Schweikle, und Berblinger habe die Gleitzahl für die Donauüberquerung korrekt berechnet. Berblinger „träumte nicht zu früh, er startete nur am falschen Ort“.

    Ein Hörspiel begleitet den Weg hinauf auf den Ulmer Berblinger-Turm

    Aus Schweikles Berblinger-Biografie zitiert auch das Hörspiel, das bei der Besteigung des Berblinger-Turms zu hören ist. Anfangs bekommt der Besucher biografische Daten zum „Schneider von Ulm“ erzählt, und je weiter er sich dem Gewirr von Flügeln in 20 Metern Höhe nähert, desto mehr dringt er in die potenzielle Gedanken- und Gefühlswelt Berblingers ein. Was mag er gedacht haben, als er dort oben stand und keinen tragenden Wind spürte? Was in der Nacht, was am folgenden Nachmittag beim zweiten Versuch, der ihn seine gesellschaftliche Position kostete? Der „dicke Fritz“, König Friedrich I. von Württemberg, habe sein Land modernisieren wollen und Berblinger unterstützt, weil ihm dessen Erfindergeist gefiel, erinnerte Schweikle, der nach Jahren in Hamburg nun in Tübingen lebt. Und kaum war das rot-weiße Flatterband am Turm von Gunter Czisch, Kulturbürgermeisterin Iris Mann und Baubürgermeister Tim von Winning durchschnitten, wehten auch dessen Enden schon im kühlen Wind.

    Zum Auftakt der Feierlichkeiten zu Albrecht Ludwig Berblingers 250. Geburtstag, die sich nun – entzerrt aufgrund der Corona-Epidemie – über ein Jahr lang hinziehen, spielte die Jazzmaschine aus Dresden, ein aus fünf Tonnen Altmetall zusammengeschraubtes, überdimensionales Multi-Instrument der Dresdner Stefan Albrecht und Micha Winkler. Sie hätte dem Tüftler und Mechanik-Fan Berblinger vermutlich sehr gefallen. Zu Ehren des Flugpioniers gab es die Uraufführung eines „Simple Blues“ mit einem neuen Schrottteil als zentralem Tonproduzenten, einem Druckausgleichsbehälter.

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