Gescheitert sind sie schon einmal, jetzt wollen sie Erfolg sehen: Christof Biermann, Helmut Pusch, Hermann Skibbe und Albert Hefele treibt die Idee zu einem Musical zu Albrecht Ludwig Berblinger seit zehn Jahren um. Im Jahr 2011 fielen ihre Hoffnungen auf das 200-jährige Jubiläum des Flugversuches des Schneiders von Ulm ins Wasser, damals wurde von der Stadt Ulm ein Flugwettbewerb ausgelobt, der dann in Friedrichshafen stattfand. Das geplante Musical der Kultur-Akteure verschwand in der Schublade. Nun aber soll sich „Ich bin ein Berblinger“ (mit einem Libretto von Albert Hefele und mit 18 Songs von Biermann, Pusch und Skibbe) zum 250. Geburtstag des Flugpioniers Albrecht Ludwig Berblinger in die Lüfte schwingen. Der eigens zu diesem Zweck gegründete Verein „Patchwork Kultur“, das Roxy und die Stadt Ulm, die das Projekt mit insgesamt 90000 Euro unterstützt, ziehen an einem Strang. Die Proben beginnen bald, Premiere des Musicals soll am 26. Juni im Roxy sein. Der Ticket-Vorverkauf für die geplanten sieben Aufführungen hat schon begonnen. Die Botschaft: Scheitern ist eine Chance, ist Triebfeder von Kreativität und Entwicklung.
Der Berblinger kommt in seinem Musical gleich zweimal vor
Der Witz des Musicals: Es dreht sich gleich doppelt um Berblinger, um die historische Figur und um einen heutigen Namensvetter. Wenn man als Schüler in Ulm im ausgehenden 20. Jahrhundert den Namen Albrecht Ludwig Berblinger trägt, kann man wahrscheinlich so viele sympathische Eigenschaften haben wie kaum jemand – allein der Name dürfte den Schüler dennoch zum Mobbingopfer machen. Denn sein gleichnamiger Vorfahr muste damals, im frühen 18. Jahrhundert, bekanntermaßen seine hochfliegenden Pläne in den Fluten der Donau beerdigen. Es dauerte – nicht nur in Ulm, sondern in der Geschichte der Luftfahrt insgesamt – lange, bis Berblingers Leistung des Baues eines flugfähigen Hängegleiters anerkannt wurde. Und zunächst geht auch der moderne Albrecht Ludwig Berblinger im Musical baden – wenn auch nicht vor dem Bruder eines württembergischen Königs, sondern im Burn-out, beim Versuch, den guten Namen seines Vorfahren zu rehabilitieren durch einen gelungenen Flug. Denn Druck lastet aufgrund des Namens schon lange auf ihm. Der zeitgenössische Berblinger schafft es nicht bis zum Abflug von der Adlerbastei, sein Bestreben führt ihn geradewegs in die Psychiatrie nach Günzburg. Dort lernt er einen ziemlich rücksichtlosen Banker kennen, der sich als Schutz vor einer Haftstrafe lieber in die Psychiatrie bringen ließ, und auch eine Sekretärin mit einem großen Herzen. Letztlich geht alles gut aus, wie es sich für ein Musical gehört. Nur – wie es genau gut ausgeht, verraten die Macher des Musicals noch nicht.
"Ich bin ein Berblinger" sollte ein Ulmer Projekt werden
Anfangs war geplant, „Ich bin ein Berblinger“ (unter der Regie von Thomas Dietrich) mit Akteuren aus Ulm für das Publikum in der Region auf die Bühne zu bringen, doch bald zeigte sich: Der Probenaufwand wird enorm, das Musical lässt sich, zumindest in den Hauptrollen, nur mit Profis stemmen. Der zeitgenössische Berblinger wird von Sascha Lien gesungen und dargestellt, einem Schauspieler und Vollblutmusiker aus Baden, der am Theater Ulm 2018 im Musical „Rock of Ages“ zu erleben war. Brix Schaumburg, Schauspieler aus Hamburg, mimt den undurchsichtigen und korrupten Psychiater aus Günzburg, Sebastian „Gniechel“ Christ den Banker-Patienten. Die Jüngste unter den Hauptdarstellern ist die in Blaustein geborene Sofie Denner, die ihre musikalische Karriere bei den Ulmer Spatzen begann, die früher in Neu-Ulm am Wettbewerb „Jugend musiziert“ teilnahm und die ihre Musical-Ausbildung in Wien abgeschlossen hat. Sie kannte die tatsächliche Geschichte Berblingers, die im Musical in Rückblenden erzählt wird. Die anderen Hauptdarsteller, die sich in der Vergangenheit nicht mit dem Flugpionier beschäftigt hatten, sind begeistert von Berblingers Mut und seiner Kreativität, die universelle Eigenschaften darstellen. Und Songs wie „Höhenflug“, von Sascha Lien werden auf jeden Fall Ohrwurmcharakter haben. „Das ist Neu-Rock mit Geschichte dahinter“, schwärmt Brix Schaumburg. Auch wenn Christof Biermann, Helmut Pusch und Hermann Skibbe seit 20 Jahren Musik machen: „So ein Musical auf die Bühne zu bringen, ist allerdings eine größere Herausforderung“, sagt Biermann.
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