Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm: 100 Jahre Sophie Scholl: Antworten auf Probleme von heute

Ulm

100 Jahre Sophie Scholl: Antworten auf Probleme von heute

    • |
    Sophie Scholl wäre am 9. Mai 2021 100 Jahre alt geworden.
    Sophie Scholl wäre am 9. Mai 2021 100 Jahre alt geworden. Foto: Alexander Kaya (Archivfoto)

    Feministische Ikone, christliche Märtyrerin, Idol der Querdenker-Bewegung, Symbolfigur für Widerstand aller Art, Comic-Heldin: Das alles ist Sophie Scholl heute. Am 9. Mai 2021 wäre sie 100 Hundert Jahre alt geworden. Zahlreiche Ulmer Institutionen nehmen dies bereits ab Mitte April zum Anlass, sich mit der Widerstandskämpferin gegen die Nationalsozialisten auseinanderzusetzen - und mit der Frage, welche Antworten Sophie Scholl und ihr Leben auf Probleme der Gegenwart geben können.

    Der Geburtstag soll keine Festakte und Feierlichkeiten mit sich bringen. Man wolle "den Staub der Heiligenverehrung wegblasen", sagt Christoph Hantel, der Leiter der Ulmer Volkshochschule (Vh). Feministische Ikone, christliche Märtyrerin, Idol der Querdenker-Bewegung, Symbolfigur für Widerstand aller Art: Diese und andere Versuche, Sophie Scholl für eine bestimmte Sache oder Weltanschauung zu vereinnahmen, sollen keine Rolle spielen. Mehr noch: "Ich glaube, dass wir damit ein deutliches Zeichen setzen gegen Vereinnahmungsversuche, die es von links und von rechts und von allen Seiten gibt", sagt Andrea Luiking. Die Pfarrerin ist Chefin des Hauses der Begegnung.

    Veranstaltungen zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl

    Für Luiking steht Sophie Scholl vor allem für einen außergewöhnlichen persönlichen Prozess: "Trotz der kritischen Familienprägung war sie eine glühende Anhängerin. Es war eine innere Entwicklung", sagt die Pfarrerin. Das Elternhaus war tief christlich verwurzelt und stand dem Nazi-Regime kritisch gegenüber, Vater Robert Scholl bekam ein Berufsverbot auferlegt, Monate nach der Hinrichtung seiner Kinder Hans und Sophie kam er in Haft. Sophie aber gehörte als Schülerin dem Bund Deutscher Mädel an, erst später entfernten sie und ihr Bruder Hans sich vom NS-Gedankengut. Dem Wertewandel, der nicht nur aus Andrea Luikings Sicht zentral ist für die Lebengeschichte Sophie Scholls, widmen sich ein Vortrag von Barbara Beuys und eine Podiumsdiskussion an Sophie Scholls Geburtstag. Der Tag beginnt mit einem Festgottesdienst um 10 Uhr in der Martin-Luther-Kirche und endet mit einem weiteren um 18 Uhr im Münster.

    Barbara Beuys hat eine viel beachtete Biografie über Sophie Scholl geschrieben und will deren langen und widersprüchlichen Weg beleuchten. Die Erkenntnisse, die die Historikerin und Schriftstellerin zu Tage zusammengeführt hat, bezeichnet ihre Historiker-Kollegin Nicola Wenge, Leiterin des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg (DZOK) in Ulm als "beeindruckend". Auf den Beuys-Vortrag folgt eine im Internet live übertragene Diskussionsrunde zu Sophie Scholls Prinzipien, die auch heute als gesellschaftliche Leitlinien gelten können. Mit dabei sind neben Biografin Beuys Ulms Kulturbürgermeisterin Iris Mann, Nicola Wenge, Oliver Schütz von der Katholischen Erwachsenenbildung Ulm/Alb-Donau, Christoph Hantel - und Kaija Reiff, Schülerin am Hans-und-Sophie-Scholl-Gymnasium. Diese Vielfalt der Zugänge und Perspektiven soll eine mögliche ideologische Vereinnahmung Sophie Scholls verhindern. Vh-Chef Hantel formuliert schon einmal, was ihn am meisten fasziniert: "Da ist ein junger Mensch, der in einem wichtigen Moment der Geschichte das richtige tut und dafür mit dem Leben bezahlt." Und er sagt, was die Veranstaltungsreihe erreichen will: "Unser Ziel ist es vor allem, das den jungen Menschen näher zu bringen."

    Weiße-Rose-Wanderausstellung kommt nach Ulm

    Es gehe nicht um die Frage "Was würde Sophie Scholl heute tun?", sondern um die Frage "Was kann ich tun". Die AfD, die Querdenker-Bewegung, die beginnende Rezession, Deutschlands Rolle in Europa: Hantel zählt eine Reihe politischer Entwicklungen und Probleme auf, die Antworten erfordern. Antworten, die ganz unterschiedlich intensiv ausfallen können. So wie es auch bei der "Weißen Rose" gewesen sei: "Es gibt viele Leute, die Widerstand geleistet haben. Im Großen und im Kleinen. Auch die spielen eine Rolle", betont Hantel.

    Eine Wanderausstellung über die "Weiße Rose" wird am 5. Mai im Beisein von Hildegard Kronawitter in der Vh eröffnet. Die Witwe des Münchner Altoberbürgermeisters Georg Kronawitter ist Vorsitzende der Weiße Rose Stiftung. Wegen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Einschränkungen sind Veränderungen im Programm möglich. Alle Informationen und Hintergründe zu den Feierlichkeiten können auf www.sophie100.ulm.de nachgelesen werden.

    Lesen Sie auch:

    75 Jahre Demokratie in Ulm: So plant die Stadt für das große Themenjahr

    Programm: Kriselnde Volkshochschule Ulm blickt auf kriselnde Demokratie

    Schüler können Ulmer KZ-Dokumentationszentrum bald digital besuchen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden