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Tennis: So war das beim … Müller-Cup

Tennis

So war das beim … Müller-Cup

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    Der größte Moment in der Karriere von Charly Steeb (ganz rechts): Sieg im Davis-Cup unter anderem mit Boris Becker (links), später gewann Steeb auch den Müller-Cup.
    Der größte Moment in der Karriere von Charly Steeb (ganz rechts): Sieg im Davis-Cup unter anderem mit Boris Becker (links), später gewann Steeb auch den Müller-Cup. Foto: imago/Sven Simon

    Wer zwischen den Jahren 1998 und 2002 alle oder jedenfalls die meisten dieser Turniere auf den Holztribünen rund um die Plätze abgesessen hat, der hat viele der ganz Großen des Tennissports gesehen. Nicht auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft natürlich, dazu war der zunächst in Neu-Ulm und später in Ulm ausgetragene Müller-Cup zu unbedeutend. Aber davor oder danach. Ein paar Namen: der Chilene Marcelo Rios, im März 1998 die Nummer eins der Weltrangliste. Michael Stich, Wimbledon-Sieger 1991 und Weltmeister 1993. Carl-Uwe „Charly“ Steeb, mit Boris Becker und Eric Jelen Sieger im Davis-Cup. Die regelmäßigen Besucher, die Journalistinnen und Journalisten natürlich sowieso, sie hatten unmittelbaren Zugang zu all diesen Stars – es war eben noch eine andere Zeit damals.

    Eine Zeit, in der die Spieler noch nicht von grimmig dreinschauenden Security-Kräften von der Öffentlichkeit abgeschirmt wurden. Stattdessen erholten sie sich auf der Terrasse des Tennisheims von den Hitzeschlachten des Hochsommers, in der Regel ansprechbar für die Besucherinnen und Besucher. Oder sie warteten im Innenbereich das Ende der oft stundenlangen Regenpausen ab. Computer und Handys waren zumindest in den ersten Jahren noch unbekannt, stattdessen klopften die Profis schon mal einen Skat. Oder es wurden in Vergessenheit geratene Spiele gespielt. Zum Beispiel: Fünf berühmte Belgier. Auf Eddy Merckx kam fast jeder, dann wurde es schwierig. Manchmal wurde noch Plastic Bertrand genannt, den kennt halt heute so gut wie niemand mehr. Und Google gab es damals auch noch nicht.

    Man konnte die Spieler jedenfalls auch als Menschen mit der Zeit ganz gut einschätzen. Charly Steeb war tatsächlich der freundliche und immer ein bisschen distanzierte Tennis-Gentleman, als der er auch im Fernsehen rüber kam. Nicolas Kiefer? Optisch pflegte er mit Hingabe das Image eines deutschen Andre Agassi, ansonsten war er sehr... nennen wir es selbstbewusst. Bis auf Platz vier der Weltrangliste hat er es immerhin so geschafft, bei den Olympischen Spielen in Athen gewann Kiefer an der Seite von Rainer Schüttler Silber im Doppel.

    Den Müller-Cup hat Kiefer im Gegensatz zu Charly Steeb nie gewonnen. Auch Karim Alami hat das nicht geschafft, obwohl es dem stets fröhlichen, extrovertierten und offenen Marokkaner alle so gegönnt hätten. Zweimal erreichte Alami das Finale, 1995 verlor er in drei Sätzen gegen Steeb und ein Jahr danach in zwei Sätzen gegen den Belgier Kris Goossens. Der war seinerseits für das Spiel mit den berühmten Belgiern nicht berühmt genug. Alamis Landsmann Younes El Aynaoui sprang mit zwei Müller-Cup-Siegen in den späten Turnierjahren 1998 und 1999 ein und darf sich damit Rekordgewinner nennen.

    Der Müller-Cup wurde alljährlich im Hochsommer gespielt. In einer Zeit also, in der zumindest damals noch ansonsten wenig los war im Sport. Gut daran: Der Journalist hatte Zeit, sich stundenlang auf dem Turniergelände aufzuhalten. Der Haken: Er musste eben auch an verregneten Tagen, an denen so gut wie gar nicht Tennis gespielt wurde, Geschichten liefern. Weiße Flecke in der Zeitung waren noch nie eine Option. So entstand also die Idee einer Fußball-Tennis-Reportage – es muss wohl während der WM 1990 oder der EM 1992 gewesen sein. Der Tennisprofi Diego Nargiso sollte sich bei einem Public Viewing, das damals noch als gemeinsames Gucken bezeichnet wurde, ein Spiel seiner italienischen Nationalmannschaft anschauen. Über seine Emotionen und Reaktionen sollte eine Mitarbeiterin unserer Redaktion berichten. Eine blonde Mitarbeiterin. Die holte Nargiso mit dem Auto ab und sie brachte ihn nach dem Fußball zurück. Spät am Abend dann der Anruf aus dem Turnierbüro des Müller-Cups: Diego Nargiso habe seine Jacke im Auto liegen lassen und müsse nun zum Zwecke der Wiederbeschaffung unbedingt die blonde Mitarbeiterin kontaktieren. Ganz ehrlich: Von einem Italiener darf man im Balzkampf ein bisschen mehr Raffinesse erwarten. Im Tennis auch. Nargiso war zwar mal die Nummer 67 der Welt und im Doppel sogar die Nummer 25. In Neu-Ulm oder Ulm hat er es aber nie ins Finale geschafft und nicht einmal der Trick mit der Jacke hat letztlich funktioniert.

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