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SSV Ulm 1846 Fußball: Die Ulmer Spatzen jonglieren derzeit Tüten statt Bälle

SSV Ulm 1846 Fußball

Die Ulmer Spatzen jonglieren derzeit Tüten statt Bälle

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    Die Ulmer Spatzen helfen mit Fahrten und Einkäufen dem Sozialpsychiatrischen Wohnverbund SPW in Ulm. Hier bekommen die Mitarbeiterinnen Nicole Konold-Pfister und Teresa Pillmayer (von links) die Einkäufe von den Spielern Johannes Reichert, Christian Ortag und Steffen Kienle überreicht.
    Die Ulmer Spatzen helfen mit Fahrten und Einkäufen dem Sozialpsychiatrischen Wohnverbund SPW in Ulm. Hier bekommen die Mitarbeiterinnen Nicole Konold-Pfister und Teresa Pillmayer (von links) die Einkäufe von den Spielern Johannes Reichert, Christian Ortag und Steffen Kienle überreicht. Foto: Alexander Kaya

    Für Johannes Reichert ist die aktuelle Situation „sehr unbefriedigend“. Allein dürfte der Fußballer des SSV Ulm 1846 Fußball mit der Meinung nicht dastehen. Weder in der Gesellschaft, noch in der Fußballbranche. Der Ball ruht bei den Spatzen, es wird nicht trainiert und wann es in der Regionalliga Südwest wieder weitergeht, steht auch noch in den Sternen. Also bleibt dem 28-Jährigen zu Hause nicht viel anderes übrig, als sich seine Zeit mit individuellem Training zu vertreiben - und einer besonderen Aktion.

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    „Wir haben genaue Trainingspläne bekommen mit Kraft- und Stabilisationsübungen. Am liebsten würde ich aber wieder auf dem Platz trainieren.“ Schwierig sei die derzeitige Lage. „Wir hoffen alle, dass es so schnell wie möglich vorbeigeht.“ Noch ist ein Ende aber nicht in Sicht und so haben Reichert und seine Spielerkollegen Zeit, sich um wichtige Dinge abseits des Fußballplatzes zu kümmern: „Die Krise betrifft alle. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen, zu helfen.“

    SSV Ulm 1846 Fußball: Spieler kaufen für Bedürftige ein

    Deshalb helfen einige Ulmer Fußballer beim Verein „Engagiert in Ulm“ aus, der Helfer an Menschen vermittelt, die Unterstützung brauchen. Hauptsächlich geht es dabei um Botengänge, also Einkäufe, Essen ausfahren oder für die Menschen zur Apotheke zu gehen. Johannes Reichert hat die Organisation unter den Spielern übernommen. Aktuell engagieren sich neben ihm noch Steffen Kienle, Vinko Sapina, Ardian Morina, Christian Ortag und Marcel Schmidts. Andere Spieler wohnen teilweise weiter entfernt und können deshalb nicht mitmachen. „Die Sache liegt mir am Herzen“, sagt Reichert. „Ich stehe voll im Leben und habe Kraft, Ältere und sozial Schwache sind dagegen stärker betroffen. Jetzt ist es die Aufgabe der Jüngeren, zu helfen.“

    Die Idee zur Mithilfe kam von der Geschäftsstelle des SSV Ulm 1846 Fußball. „Für mich war gleich klar, dass ich da mitmachen werde“, erklärt Reichert. Nachdem anfangs die Nachfrage noch nicht so groß war, sind die Spatzen mittlerweile täglich im Einsatz und kaufen für die Bewohner des Sozialpsychiatrischen Wohnverbunds Ulm ein oder bringen ihnen das Essen. „Normalerweise hat die Einrichtung einige ehrenamtliche Helfer, aber viele von ihnen fallen derzeit aus“, sagt Reichert. Er ist froh, dass er seine Zeit sinnvoll nutzen kann: „Wir machen es echt gerne.“ Um sich bei den Botengängen richtig zu verhalten, haben die Spieler einen Hygiene-Leitfaden an die Hand bekommen, damit sie andere nicht gefährden, aber auch selbst nicht gefährdet werden. Denn auch wenn der Fußball gerade notgedrungen pausiert, würde eine Erkrankung bedeuten, dass selbst das überschaubare Heimtraining wegfällt und die Saison dann droht vorbei zu sein, selbst wenn sie doch noch fortgesetzt würde. Doch ob es so weit überhaupt kommen wird, ist noch äußerst ungewiss. Anders als der Bayerische Fußballverband zieren sich die sieben Landesverbände, die die Regionalliga Südwest organisieren, noch mit einer Entscheidung. Eine Videokonferenz am vergangenen Freitag blieb ohne Ergebnis.

    Ulmer Spatzen engagieren sich in Corona-Zeiten sozial

    Deshalb bleibt den Spielern gerade nicht viel anderes übrig, als zu hoffen. „Am liebsten wäre es mir, wenn die Liga weitergehen würde“, sagt Johannes Reichert. Vor allem der WFV-Pokal ist wichtig für den Verein. In dem stehen die Spatzen derzeit im Viertelfinale, die dritte Titelverteidigung in Folge würde wieder die Qualifikation für den DFB-Pokal bedeuten und damit wichtige Einnahmen.

    Die fehlen dem SSV derzeit ohnehin, weshalb er wie berichtet die Initiative „Ulms virtuelle Heimkurve“ ins Leben gerufen hat, damit Fans die Nachwuchsarbeit des Klubs, die auch durch Zuschauereinnahmen aus der Regionalliga finanziert wird, und Tafelläden in der Region finanziell unterstützen können. Über 11000 Plätze sind schon verkauft worden, gleich 2000 davon hat sich der SSV-Fanklub „Die Avantgarden“ gesichert. 345 belegt die Gruppierung "Nebulosa Impero". Als weiteres Projekt veranstalten die Spatzen im Zeitraum vom 15. bis 30. April ein Turnier im Videospiel Fifa 20, an dem bis zu 64 Spieler teilnehmen. Zu gewinnen gibt es eine Dauerkarte für die Saison 2020/21. Gratis ist die Teilnahme allerdings nicht: Teilnehmer mussten sich mindestens zehn Plätze in der virtuellen Heimkurve sichern, um mitmachen zu können.

    Info: Vertreter der Regionalliga Südwest und deren Klubs werden am kommenden Donnerstag, 30. April, die nächste Videokonferenz abhalten.

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