Trainer Thomas Wörle war nach dem Abpfiff des württembergischen Pokalfinales merklich angefressen. Der SSV Ulm 1846 Fußball verlor gegen die Stuttgarter Kickers im Elfmeterschießen (4:5), seine Spieler bekamen dabei aber ordentlich auf die Knochen. Für Kapitän Johannes Reichert war das Endspiel nach einem rüden Foul bereits nach etwas mehr als 20 Minuten vorbei, er kam mit Verdacht auf Unterschenkelbruch ins Krankenhaus. Der angeschlagene Nicolas Jann musste mehrmals nach Tritten behandelten werden. Wörle sagte emotional: „Die Partie wurde sehr hart geführt. Unsere Spieler sind vom Schiedsrichter nicht genügend geschützt worden.“ Freilich gratulierte er am Ende dem Oberliga-Zweiten auch sportlich fair zum Sieg, meinte aber: „Mit Fußball hat das nicht viel zu tun gehabt.“
Von Anfang an versuchten die Kickers, den klassenhöheren Ulmern mit einer aggressiven und robusten Spielweise die Schneid abzukaufen. Es war wahrlich kein Pokal-Leckerbissen, sondern Fußball-Rohkost. Wenig Torchancen, viele blaue Flecken. Vor 7.300 Zuschauerinnen und Zuschauern, neuer Rekordkulisse in einem WFV-Pokalfinale, gab es in den ersten 45 Minuten vor den beiden Toren keine großen Aufreger. Dafür ging es nach Wiederanpfiff umso turbulenter weiter. Es waren noch keine zehn Minuten gespielt, da stand die Partie schon kurz vor dem Abbruch. Aus dem Fanblock der Gastgeber zogen dicke, blaue Rauchschwaden. Schiedsrichter Timo Lämmle unterbrach das Spiel, schickte die beiden Mannschaften für mehr als fünf Minuten zurück in die Kabinen – und bremste damit die Ulmer in ihrer Dynamik aus.
Keine Treffer in 90 Minuten
Denn nach dem Wechsel waren die Spatzen deutlich besser, dominierten das Duell zwischenzeitlich. Und sie spielten sich auch erste Chancen heraus. Nicolas Jann (48.) und Lukas Kiefer (49.) vergaben aus der Distanz, Adrian Beck köpfte über das Tor (56.). Auch in der Nachspielzeit hatte die Wörle-Elf noch den entscheidenden Treffer auf dem Fuß. Doch es blieb beim 0:0 nach 90 Minuten. In der Zusatzschicht waren beiden Kontrahenten die Strapazen anzumerken. Vielversprechende Möglichkeiten gab es keine mehr. Nicht für Ulm und auch nicht für die Kickers. So ging es in die härteste aller Entscheidungen: das Elfmeterschießen. Wörle meinte später: „Wir waren nicht torgefährlich genug, auch wenn wir phasenweise mehr vom Spiel hatten. Aber wenn du kein Tor machst, dann kannst du nicht gewinnen.“
SSV-Routinier Thomas Geyer: "Wir waren leer im Kopf"
In der Fußball-Talkshow hätte er dafür fünf Euro ins Phrasenschwein werfen müssen, treffend war seine Analyse trotzdem. Oder um es mit den Worten des Ex-Bundesliga-Profis Jürgen Wegmann zu sagen: Erst hatten sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu. Pech vor allem für Adrian Beck. Denn ausgerechnet der erfolgreichste Torschütze der abgelaufenen Regionalliga-Saison verschoss den entscheidenden Elfmeter. In seinem letzten Spiel für die Ulmer, bevor er im Sommer zum Zweitligisten 1. FC Heidenheim wechselt. Entsprechend niedergeschlagen war er nach dem Fauxpas vom Punkt, sank auf den Boden und weinte bittere Tränen. Sein Mannschaftskamerad Thomas Geyer sagte: „Wir waren leer im Kopf.“ Matthias Schöck, Präsident des württembergischen Fußballverbands hatte Mitleid mit dem geschlagenen Titelverteidiger, sprach von einem „nervenaufreibenden Finale“ und einer „unglaublichen Kulisse“. Er meint: „Im Elfmeterschießen ist auch immer ein Stück weit Glück im Spiel.“
SSV Ulm 1846 FußballHeimann – Heilig, Geyer, Reichert (26. Guarino), Allgeier – Maier, Kiefer (110. Klostermann), Beck, Jann, Rochelt (85. Benko) – Harres (85. Wähling).