Wenn der SSV Ulm 1846 Fußball in der Einladung zu einer Pressekonferenz auch das Wörtchen „außerordentlich“ verwendet, zudem vorne auf dem Podium neben den beiden Vereinsvorsitzenden auch noch der Vorstandschef und der Prokurist eines börsennotierten Unternehmens sitzen, muss es wahrlich Großes zu verkünden geben. Zumindest etwas, was für den Klub selbst wegweisend ist. Und diese Dimension habe es durchaus, meinte SSV-Vorstand Anton Gugelfuß, als er verkündete, dass der Verein seit Kurzem offizielles als Nachwuchsleistungszentrum des Deutschen Fußballbunds (DFB) geführt werde, als insgesamt 57. seiner Art im Land. „Die intensive Arbeit hat sich gelohnt“, meinte Gugelfuß.
Angestoßen worden sei der Prozess schon vor vielen Jahren. Eigentlich schon 2014, als Gugelfuß zusammen mit Thomas Oelmayer den Vorsitz übernommen hatte. Mit dem Bau des Funktionsgebäudes am Vereinsgelände an der Gänswies wurden die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen, die zum ausführlichen Maßnahmenkatalog des DFB gehören. Die Anforderungen an die Vereine sind hoch. „Und sie sind in den vergangenen Jahren noch einmal verschärft worden. Das hat es nicht leichter gemacht“, erklärte Dieter Märkle, der zum Leiter des Nachwuchsleistungszentrums befördert wurde. Der 59-Jährige war in selber Funktion auch schon beim TSV 1860 München tätig, kümmerte sich danach unter anderem beim FC Augsburg um die Ausbildung und kehrte vor knapp drei Jahren nach Ulm zurück.
45 Frauen und Männer kümmern sich um die knapp 170 Jugendspieler
Erwartet werden von den Vereinen eine stimmige Gesamtstrategie sowie Konzepte in vielen Teilbereichen wie zum Beispiel Sport, Medizin, Athletik, Pädagogik und Psychologie. Inzwischen arbeiten bei den Spatzen im Jugendbereich vier hauptamtliche Mitarbeiter, außerdem wurde ein Psychologe angestellt. Insgesamt kümmern sich 45 Frauen und Männer um die knapp 170 Spieler in den Juniorenteams. Der DFB-Jugendausschuss sprach sich im Dezember dafür aus, dem SSV Ulm 1846 Fußball das Zertifikat zu verleihen. Vorstand Oelmayer berichtete zudem von einem einstimmen Votum im Aufsichtsrat des Vereins. Märkle sagte: „Wir werden uns jetzt nicht ausruhen.“ Oberstes Ziel sei es, Spieler für die erste Mannschaft auszubilden. Es soll verhindert werden, „dass jedes Jahr die besten Spieler den Verein verlassen, ohne dass eine Ausbildungsentschädigung fließt“, meinte der neue NLZ-Leiter. Dazu wolle man künftig die Möglichkeit nutzen, Spieler mit Förderverträgen auszustatten.
Verein hinterfragt auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen
Für alle Profivereine der 1. und 2. Bundesliga sind solche Nachwuchsleistungszentren verpflichtend, für Vereine ab der 3. Liga freiwillig. Die Spatzen erhalten den Status als zehnter Regionalligist in Deutschland. Man habe aber durchaus auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen hinterfragt, erklärte Gugelfuß. Er meinte: „In diesen schwierigen Corona-Zeiten müssen auch wir jeden Cent umdrehen. Daher war es völlig legitim, zu fragen, ob sich der Verein ein solches Nachwuchsleistungszentrum überhaupt leisten kann.“ Ende des vergangenen Jahres hatte es kurzzeitig Aufregung um eine Aussage von SSV-Geschäftsführer Markus Thiele gegeben, der im Zusammenhang mit dem NLZ von einem „Zuschussbetrieb“ sprach.
Das Unternehmen Datagroup sichert sich die Namensrechte am NLZ
Doch der SSV Ulm 1846 Fußball fand finanzielle Unterstützung und hat mit dem börsennotierten IT-Unternehmen Datagroup einen Namensgeber vorgestellt. „Wir sehen uns als Partner der Regionen, in denen wir tätig sind, und bringen uns in Ulm sehr gern ein“, erklärte Andreas Baresel, Vorstand des Unternehmens mit Stammsitz in Pliezhausen. Datagroup hat bundesweit etwa 3500 Beschäftigte und weist einen jährlichen Umsatz von über 440 Millionen Euro aus. Wie viel Geld für die dreijährige Zusammenarbeit floss, darüber schweigen beide Seiten. Baresel sprach von einer „Herzensangelegenheit“ und meinte: „Es war ein wesentlicher Betrag, um das Ganze zum Laufen zu bringen.“ Dem Vernehmen nach soll es eine sechsstellige Summe sein.