Wenn da bloß dieser eine letzte Torschuss des VfR Aalen nicht gewesen wäre. Sekunden vor dem Abpfiff trafen die Gäste im Donaustadion und beendeten damit die bemerkenswerte Serie der Hausherren. Sage und schreibe 804 Minuten war der SSV Ulm 1846 Fußball zuvor ohne Gegentreffer geblieben. Torhüter Christian Ortag war zunächst auch ein bisschen angefressen, meinte dann aber nach der Partie: "Es war schon eine besondere Serie. Aber wir haben drei Punkte geholt. Mit welchem Ergebnis, das ist unter dem Strich egal. Wichtig ist, dass wir hinten wieder sehr stabil gestanden sind." Und letztlich war dieser Ehrentreffer der Aalener beim 4:1-Sieg der Ulmer auch der einzige Makel an einem sonst perfekten Fußball-Nachmittag für die Spatzen.
Dabei war es lange Zeit mal wieder ein Geduldsspiel. Wie erwartet. Im Regionalliga-Derby stellte der VfR Aalen die Räume geschickt zu, dem SSV Ulm 1846 Fußball gelang es kaum, sich in aussichtsreiche Abschlusspositionen zu bringen. Nicht mit hohen Bällen, nicht mit schnellen Kombinationen. "Wir haben keine Lücken gefunden, weil wir einfach zu langsam gespielt haben", meinte SSV-Trainer Thomas Wörle. So dauerte es bis zur 24. Minute, ehe die Gastgeber ihren ersten richtigen Torschuss zu verzeichnen hatten, doch Phil Harres verzog. Und als wären es bis dato selbst dem Schiedsrichter zu wenig Aufreger in den Strafräumen gewesen, sorgte er kurz vor dem Seitenwechsel eben höchstpersönlich für Bluthochdruck bei den Ulmer Spielern, Trainern und Fans. Michael Heilig setzte im Strafraum nach, kam zu Fall - aber Lukas Heim aus Bruchsal pfiff nicht, zeigte Heilig obendrein zum großen Entsetzen im Spatzen-Lager sogar die Gelbe Karte und unterstellte ihm damit eine Unsportlichkeit. "Wir hätten diesen Elfer eigentlich bekommen müssen", fand Heiligs Mitspieler Harres und war mit dieser Meinung bei Weitem nicht allein. So blieb es zum Seitenwechsel beim 0:0.
Nach der Pause dreht der SSV Ulm 1846 Fußball auf
Nach der Pause zeigten die Ulmer ein ganz anderes Gesicht. Engagiert, schnell, aggressiv in den Zweikämpfen. Die Wörle-Elf spielte wie aus einem Guss, wie ein Spitzenteam. Auf der anderen Seite bemängelte Aalens Coach Christian Demirtas: "Im Großen und Ganzen haben wir alles vermissen lassen, was im Abstiegskampf nötig ist." Das nutzte der Tabellenzweite gnadenlos aus. Mit dem frenetischen Publikum im Rücken - 3672 Zuschauerinnen und Zuschauer waren ins Donaustadion gekommen - sorgten die Ulmer binnen vier Minuten für klare Verhältnisse. Erst traf Adrian Beck nach einem Freistoß aus kurzer Distanz zum 1:0 (49.), dann legte Harres in der 53. Minute nach, musste einen Querpass von Nicolas Jann nur noch über die Linie schieben. Der Rest des Spiels war quasi ein Selbstläufer. "Wir haben diesen einen Dosenöffner gebraucht. Dann haben wir uns in einen Rausch gespielt", sagte Coach Wörle.
Nicolas Jann bereitet alle vier Treffer der Ulmer Spatzen vor
Sein Team dominierte die Partie fast nach Belieben, kämpfte um jeden Ball. Die Gäste von der Ostalb kamen kaum mehr aus der Umklammerung. Das 3:0 leitete erneut der starke Jann ein, der auf Beck ablegte. Der Torjäger nahm Maß und polierte seine persönliche Bilanz mit einem satten Kracher in den rechten oberen Winkel auf mittlerweile elf Treffer auf (71.). Drei Minuten später schnürte auch Harres seinen Doppelpack gegen Aalen. Nach Flanke von Jann, der damit alle vier Ulmer Tore vorbereitet hatte, stand er goldrichtig und staubte zum 4:0 ab. Er meinte hinterher: "Der Gegner ist müde geworden und wir haben das gnadenlos ausgenutzt." Danach nahmen die Ulmer etwas Tempo heraus, waren aber weiterhin spielbestimmend. Umso ärgerlich war dann der einzige Treffer der Gäste in der Nachspielzeit durch Sergio Gucciardo. Es wäre allerdings Jammern auf sehr hohem Niveau.
SSV Ulm 1846 Fußball: Ortag – Allgeier, Reichert, Geyer, Heilig (63. Guarino) – Petrovic (46. Maier), Heußer (78. Kiefer) – Rochelt, Beck (83. Wähling), Jann – Harres (78. Klostermann).