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WM-Kampf: Ein Boxer, der nicht boxt

WM-Kampf

Ein Boxer, der nicht boxt

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    Wenn Arthur Abraham die Doppeldeckung mal runter nahm, dann musste er die Schläge des Mexikaners Gilberto Ramirez einstecken.
    Wenn Arthur Abraham die Doppeldeckung mal runter nahm, dann musste er die Schläge des Mexikaners Gilberto Ramirez einstecken. Foto: dpa/Mike Nelson

    Neu-Ulm Das Urteil von Tomy Wiedemann fällt vernichtend aus. Der Trainer und Inhaber des Neu-Ulmer Mekong-Gyms hat natürlich den WM-Kampf von Arthur Abraham gegen den Mexikaner Gilberto Ramirez in der MGM Grand Garden Arena von Las Vegas gesehen und er sagt: „Da stand ein total überforderter Abraham im Ring, der sich nur hinter seiner Doppeldeckung versteckt hat und komplett hinter seinen Möglichkeiten blieb.“ Die Punktrichter sahen das genauso und werteten in seltener Einmütigkeit den Kampf mit 120:108 gegen den 36-jährigen WBO-Champion im Super-Mittelgewicht. „Das Urteil geht absolut in Ordnung“, sagt Wiedemann.

    Dessen Meinung hat Gewicht. Er hat als Trainer im Mekong-Gym Rola El-Halabi und Nikki Adler zu mehrfachen Weltmeisterinnen geformt. Größen des internationalen Boxsports wie die ehemaligen Weltmeister Yoan Pablo Hernández und Robert Stieglitz oder der finnische Europameister Robert Helenius legten oder legen gerne in Neu-Ulm die eine oder andere Übungseinheit ein. Wiedemann ist ein Trainer, der auch in die Köpfe und Seelen der Boxer schauen kann und genau an dieser Stelle sieht er den großen Unterschied zwischen Ramirez und Abraham. Hier der zwölf Jahre jüngere Mexikaner, hungrig, ehrgeizig und gierig auf diese vielleicht einmalige WM-Chance. Dort Abraham, der einmal als der so ziemlich härteste Kerl der Szene galt, nachdem er trotz eines Kieferbruchs zwölf Runden gegen den Kolumbianer Edison Miranda durchgehalten und den Kampf sogar gewonnen hatte. Das ist aber zehn Jahre her und in Las Vegas stand ein anderer Arthur Abraham im Ring. Wiedemann sagt: „Alle Menschen werden älter und vorsichtiger.“ Zudem fehlt der wirtschaftliche Druck: „Abraham hat in seiner Karriere schon sehr viel Geld verdient. Er müsste nicht mehr boxen und er ist offensichtlich satt.“

    Wiedemann kann sich gut in die Haut des Kollegen Uli Wegner versetzen, mit dem er ohnehin befreundet ist. Der 74 Jahre alte Trainerguru schickt seine Boxer gerne ins Mekong-Gym und hat dort auch schon selber eine Übungseinheit geleitet. Nach dem Kampf in Las Vegas hatte Wegner seinen Schützling Arthur Abraham hart kritisiert und die weitere Zusammenarbeit in Frage gestellt. Abraham seinerseits hatte von einer falschen Taktik gesprochen. Ein nach Wiedemanns Einschätzung geradezu absurder Vorwurf: „Der Uli hat ihm mit Sicherheit nicht gesagt, dass er sich zwölf Runden lang hinter der Doppeldeckung verschanzen soll. Und es gibt sowieso keine passende Taktik für einen Boxer, der nicht boxt.“

    Das einstige Dream-Team Abraham/Wegner funktioniert jedenfalls nicht mehr. Wiedemann sagt: „Es sieht nicht so aus, als würde der Uli ihn noch erreichen. Ich halte eine Fortsetzung der Zusammenarbeit für schwierig.“

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