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Basketball: Ulmer Rollstuhl-Basketball-Projekt: Spielerischer Perspektivwechsel

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Ulmer Rollstuhl-Basketball-Projekt: Spielerischer Perspektivwechsel

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    Unter Anleitung lernen körperlich gesunde Schüler, wie es anfühlt, im Rollstuhl zu sitzen und nur so Sport ausüben zu können.
    Unter Anleitung lernen körperlich gesunde Schüler, wie es anfühlt, im Rollstuhl zu sitzen und nur so Sport ausüben zu können. Foto: Stefan Kümmritz

    Ulm Mit einigem Tempo krachen zwei Rollstuhlfahrer ineinander – so sehr, dass einer von ihnen fast aus seinem Gefährt stürzt. Ringsum Kreischen, mittendrin die beiden Fahrer, es geht zur Sache. Passiert ist aber nichts und die beiden Jungs in den Rollstühlen kämpfen weiter. Um einen Basketball in der Halle neun des Sportzentrums Kuhberg. Sie tun dies, wie ihre Mit- und Gegenspieler mit ungemeiner Freude. Etwa 30 Jugendliche um die 14 Jahre nehmen gerade an der von Trainer Werner Rieger geleiteten Übungseinheit teil. Die Schüler und Schülerinnen des stark auf Sport ausgerichteten Anna-Essinger-Gymnasiums sind in ein Projekt involviert, das es nach Aussage des Geschäftsführers vom organisierenden Ulmer Basketballklub BBU’01, Andreas Oettel, in Deutschland in ähnlicher Form nur noch einmal gibt: „Rollstuhlbasketball macht Schule“.

    Die Verantwortlichen der BBU’01 kümmern sich schon lange mit Aktion wie der Minioffensive um Kinder und Jugendliche. Seit 2014 läuft das Rollstuhl-Basketball-Projekt, zuerst mit zehn Schulklassen aus der Region, später mit 15 und jetzt schon mit 20. „Wir machen keine Werbung, die Schulen kommen auf uns zu, wir können gar nicht alle Bewerbungen positiv bescheiden“, berichtet Martin Fünkele, Pressesprecher der BBU. „Der Aufwand ist groß, aber er lohnt sich. Bisher haben wir knapp 1400 Schüler mit dem Projekt erreicht. Dieses wird vor allem über Spenden finanziert, wobei das Orange Dinner die Haupteinnahmequelle ist.“

    BBU besucht Schulen mit Rollstuhl-Basketball-Projekt

    Nach dem Trainingsspiel umringen Schülerinnen Werner Rieger, der mit 19 Jahren einen Motorradunfall hatte, seitdem im Rollstuhl sitzt, 1998 mit dem Basketballspielen begann und heute noch für den TSV Ellwangen auf Korbjagd geht. Die Mädchen sind begeistert und bedanken sich bei Rieger für das Training. Mit Jungs zusammen einen für sie außergewöhnlichen Sport mit viel Freude zu betreiben, ist für sie eine neue Erfahrung. Und eine wichtige für alle. Denn Ziel des Projekts ist es, die Inklusion zu fördern und jugendlichen Fußgängern den Perspektivwechsel zu ermöglichen.

    Andreas Oettel betont, dass „Integration und Inklusion gerade für Sportklubs Sinn“ ergebe. „Rollstuhlbasketball ist deutlich schwieriger als normales Basketball und wird nicht nur von Behinderten gespielt. Es ist eine von ganz wenigen Sportarten, in denen Behinderte und Nichtbehinderte zusammen spielen, wo also echte Chancengleichheit besteht.“ Oettel verspricht, die BBU werde das Projekt – ein anderes vom Verein initiiertes ist Basketball mit geistig Behinderten – insbesondere nach Fertigstellung des Orange Campus weiter ausbauen. Gewisse Grenzen gebe es aber, erklärt Oettel. Denn geeignete Hallen für das Projekt fehlen und die Sportrollstühle sind recht teuer. Wobei der Verein auch von Matthias Gerlach, Geschäftsführer einer Firma, die spezielle Geräte für den Behindertensport herstellt, unterstützt wird. Er ist in Sachen Behindertensport zum Experten geworden und betont: „Es ist ganz wichtig, mit dem Projekt in die Schulen zu gehen, damit die Kinder gar nicht erst die Barrieren aufbauen, die die Erwachsenen im Kopf haben.“

    Projekt der Ulmer Basketballer: „Rollstuhlbasketball macht Schule“

    Eine wichtige Rolle im Projekt spielt auch der Direktor des Anna-Essinger-Gymnasiums, Dietmar Greulich: „Rollstuhlbasketball ist eine neue Bewegungserfahrung. Die Jugendlichen lernen Handicaps kennen und wie man damit umgeht. Sie sollen auf Behinderte zugehen und fragen, ob sie ihnen helfen können und nicht wegschauen.“

    Werner Rieger, der an mehreren Inklusions-Projekten auch andernorts beteiligt ist, weiß, wie Kinder funktionieren: „Sie setzen sich in den Rollstuhl, ohne nachzudenken. Dann reflektieren sie genau, dass es im Alltag nicht schön ist, im Rollstuhl fahren zu müssen.“

    Und es kommt auch bei den Schülern prima an, wie der 14-jährige Gabriel Romes erklärt: „Ich spiele normalerweise Handball. Das hier ist etwas ganz anderes und macht riesig Spaß. Hier muss man nicht so aufpassen und kann ruhig etwas aggressiv fahren. Von meiner Klasse sind hier beim Basketball alle dabei.“

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