Nein, ein verfrühter Aprilscherz ist es nicht, wie zunächst in der Szene um den kleinen weißen Ball vermutet wurde. Fakt ist vielmehr: Die Tischtennis-Bundesliga, die derzeit einem überaus spannenden Saisonfinale entgegenfiebert, will die kommende Runde wieder mit ihrer Sollstärke von zwölf Mannschaften angehen und das Dutzend voll machen soll der TTC Ebner Ulm.
Der Verein ist zwar erst kürzlich gegründet worden, aber er hat einen Plan und eine bislang noch vorläufige Lizenz. Die hat ihm der Aufsichtsrat der Liga dieser Tage erteilt. Womit dem Team die gemeinhin übliche Ochsentour von der Kreisklasse in die sportliche Top-Etage erspart bleibt. „Mehr Chancen als Risiken“ sieht für das Projekt der Liga-Vorsitzende Andreas Preuß, Manager des deutschen Rekordmeisters Borussia Düsseldorf.
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Nun wissen auch die Liga-Verantwortlichen: Papier ist geduldig. Noch mehr als das Ulmer Konzept selbst hat sie offenbar der Mann überzeugt, der hinter dem ambitionierten Vorhaben steht: Florian Ebner, 61, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Media Group mit sieben Standorten in Deutschland und deutlich mehr noch weltweit. Mit viel Erfahrung im Sportmanagement dazu, unter anderem als früherer Präsident des damaligen Fußball-Erstligisten SSV Ulm und als Veranstalter von Großereignissen im Tennis und Golf. „Er hat uns deutlich gemacht, dass sein Verein die Tischtennis-Bundesliga in vielerlei Hinsicht bereichern kann“, ist Liga-Geschäftsführer Nico Stehle von Ebners breit gefächerten Kompetenzen überzeugt.
Dank Florian Ebner und Wildcard: Ulm bekommt einen Tischtennis-Bundesligisten
Stehle war es wohl auch, der dem Ulmer Gast bei der Pokalendrunde Anfang Januar in der Ratiopharm-Arena „Appetit auf mehr“ gemacht hat, neben dem hochklassigen Sport versteht sich und der brodelnden Atmosphäre. Ferner mit einem speziellen Angebot, nicht zuletzt aus eigenem Interesse: Eine Sonder-Startberechtigung für die nächste Saison, eine so genannte Wildcard, dem Statut der Liga zufolge nur möglich, weil aus der zweiten Bundesliga kein Verein Interesse an einem Aufstieg bekundet hat.
„Das wird sich ab 2021 wieder ändern“, meint Kristijan Pejinovic, Präsident des Bundesligisten TTF Liebherr Ochsenhausen und Mitglied des Liga-Aufsichtsrats. Er freue sich deshalb, „dass die Ulmer dieses vermutlich einmalige Zeitfenster nutzen wollen“. Mehr noch: Der oberschwäbische Klub, jetzt erstmals deutscher Pokalsieger und aktueller Spitzenreiter der Bundesliga, hat Ebner größtmögliche Unterstützung bei seinem Unterfangen angeboten.
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„Ja, natürlich brauchen wir noch Fachkompetenz“, räumt der Ulmer Initiator ein. Was die Nachwuchsarbeit betreffe, setzte er auf eine Kooperation vor Ort, mit dem SSV nämlich. „Für den Spitzensportbereich aber benötigen wir noch Expertise“ – beim Aufbau einer komplett neuen Mannschaft aus dem Nichts samt Trainer und einem Team im Umfeld. „Vor allem die Verpflichtung geeigneter Spieler dürfte schwierig werden“, befürchtet TTF-Chef Pejinovic, „die guten Leute in der Liga sind längst versorgt und der Markt praktisch abgegrast“.
Tischtennisbezirk Ulm ist überrascht über Vorstoß von TTC Ebner Ulm
Florian Ebner ist gleichwohl zuversichtlich und will indes „die sportlichen Erwartungen nicht zu hoch ansetzen“. Adäquate Trainingsmöglichkeiten für das künftige Team zu finden ist nicht seine größte Sorge: Mit seinem „Masters College“ verfügt Ochsenhausen über ein international anerkanntes Leistungszentrum. Ein Domizil für die Heimspiele ist laut Ebner aber noch nicht in Sicht. „Die Ratiopharm-Arena ist sicher zu groß“, sagt er und wünscht sich „das Publikum möglichst nahe am Tisch“. Sein Traum: „Eine Art ‚gelbe Wand’ wie beim Fußball in Dortmund.“
Ich bin gespannt darauf, wie der TTC künftig Tischtennis präsentieren will. Gute Ideen dazu hat Florian Ebner sicher“, ist Michael Geiger, Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), überzeugt. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung: „Wir kommen damit dem Ziel einer vollen Liga mit einem geregelten Auf- und Abstieg wieder näher.“ Die momentane Situation sei „nicht befriedigend“.
Während die DTTB-Führung in die Gespräche mit Ebner eingebunden war, sind Landesverband und Basis vom Ergebnis völlig überrascht worden. „Von der Ulmer Vereinsgründung war uns bisher nichts bekannt“, versichern unisono Thomas Walter und Wolfgang Laur von der Stuttgarter Geschäftsstelle. „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, gesteht der Ulmer Bezirksvorsitzende Otto Simon (Senden). Gleichwohl hoffen alle auf einen positiven Ausgang des Projekts. Simon: „Das könnte eine interessante Belebung werden. Vielleicht gibt es auch einen Auftrieb bei der Nachwuchsarbeit.“