Exakt drei Wochen vor dem Start in die neue Saison der Tischtennis-Bundesliga zeichnet sich ab: Die dritte Spielzeit wird für den TTC Neu-Ulm ganz anders als die beiden Runden zuvor – unabhängig von den ständig wechselnden coronabedingten Rahmenbedingungen.
„Wir setzen künftig auf die Jugend“, hatte Präsident Florian Ebner schon im Vorfeld das „veränderte Konzept“ beschrieben. Den Grund für den Sinneswandel nannte er jetzt auch. Er gehe davon aus, dass sich zunehmend mehr etablierte Spitzenleute der Liga auf lukrative Einzelturniere konzentrieren und sich dabei Richtung Asien orientieren werden, meint der TTC-Chef. Den Abschied des Brasilianers Hugo Calderano vom Konkurrenten TTF Ochsenhausen wertet Ebner als Signal für diese Annahme, wie er dieser Tage bei der traditionellen Mannschaftsvorstellung vor mehr als 100 geladenen Gästen durchblicken ließ.
Ein Neuzugang kommt aus Griechenland
Die Präsentation selbst allerdings geriet, nicht zuletzt der Pandemie geschuldet, eher zur Ein-Mann-Schau. Was freilich auch mit einem praktischen Vorteil verbunden war. Denn für mehr Akteure als den griechischen Neuzugang Ioannis Sgouropoulos (21) war unter Ebners Regenschirm ohnehin kein trockener Platz.
Und der Rest des fünfköpfigen Teams? Der ebenfalls neu verpflichtete Russe Lev Katsman (20) weilte nach einem positiven Corona-Test noch zu Hause in Moskau in Quarantäne, sein hier bereits heimischer Landsmann Vladimir Sidorenko war bis Freitag noch im kroatischen Varazdin, als Kontaktperson eines infizierten Mitspielers bei den U19-Europameisterschaften. Der dort im Einzel erfolgreiche Kay Stumper (18), einziger Deutscher im TTC-Kader, ist derzeit im verdienten Italien-Urlaub und Tiago Apolonia bei den Olympischen Spielen in Tokio, wo er am Montag mit Portugals Nationalteam auf die deutsche Auswahl treffen wird. „Natürlich ist Deutschland Favorit, aber wir werden unser Bestes geben und bei einem so großen Turnier ist jedes Ergebnis möglich“, erklärte der 35-jährige Routinier und Führungsspieler unserer Zeitung via E-Mail.
Zehnkampf-Europameister Arthur Abele macht die Mannschaft fit
Auf ihn und seine Punkte wird es auch beim TTC wieder ankommen. „Unsere jungen Spieler haben viel Biss und Selbstvertrauen“, weiß Trainer Dimitrij Mazunov, „aber ihr Entwicklungsprozess braucht Zeit.“ Dazu sollen jetzt auch beim Verein bislang ungenutzte Elemente beitragen, zumindest in der Saisonvorbereitung. Zehnkampf-Europameister Arthur Abele vom SSV Ulm 1846 etwa wird mit einem speziellen Trainingsprogramm die athletische Ausbildung ergänzen, für den mentalen Bereich hat Ebner den renommierten Sportpsychologen Walter Wölfle aus Ottobeuren engagiert.
„Die Arbeit mit einem Spitzensportler wie Arthur ist für uns eine super Erfahrung“, freut sich Mazunov. Er erwarte sich davon auch „wertvolle Impulse für die eigene Arbeit“. Nicht minder hilfreich dürften dem Coach zufolge Wölfles Beiträge sein, insbesondere für die vier Jungspunde. „Wie wichtig die Kopfsteuerung in manchen Situationen ist, kenne ich aus eigener Erfahrung“, erinnert sich der 50-Jährige.
Alle fünf Neu-Ulmer Akteure sind bereits Europameister
Dabei haben seine Schützlinge allesamt bereits sportlich kritische Momente erfolgreich bewältigt. Bei allen fünf Akteuren steht jeweils ein Europameister-Titel in der Biografie: Sidorenko, Sgouropoulos und nun auch Stumper gewannen sie im Nachwuchsbereich, Katsman sogar unlängst bei den Herren (Doppel) und Apolonia 2014 mit der portugiesischen Mannschaft.
Bei allem Stolz auf zurückliegende Meriten ist für Mazunov klar: „Jedes Spiel in der neuen Saison wird hart und wir sind ohne Lebesson nicht mehr so stark wie im Vorjahr.“ Die Play-off-Runde werde sein Team wohl auch diesmal nicht erreichen, „aber wir werden viel Spaß haben und wollen tolle Spiele liefern“.
Heimspiele weiterhin in Pfaffenhofen
Nicht nur der Russe hofft zudem auf den Heimvorteil, der auch im Tischtennis oft entscheidend sein kann. „Die Halle in Pfaffenhofen mit ihrem kompakten Umfeld ist prima. Wir haben uns dort stets gut gefühlt“, sagt Mazunov. Chef Ebner zufolge ist die Saison dort gesichert, das höchst attraktive Pokalspiel gegen Rekordmeister Düsseldorf Mitte September voraussichtlich inklusive. „Und hoffentlich mal wieder mit vollen Rängen“, wünscht sich der TTC-Präsident. Seine eigenen sportlichen Erwartungen formuliert Florian Ebner vorsichtig: „Wir haben das Potenzial für die Plätze fünf bis acht, mit deutlich mehr Luft nach unten als nach oben.“