Patrick Miller wurde in dieser Saison oft und heftig gescholten – auch vom Schreiber dieser Zeilen. Die Vorwürfe lauteten: Er kann nicht von draußen werfen, er hat keinen Blick für die Mitspieler. Es ist an der Zeit, Abbitte zu leisten. Beim 93:84-Sieg von Ratiopharm Ulm gegen die Braunschweiger Löwen hat Miller bewiesen, dass er alles kann. Nicht in jedem Spiel und nicht an jedem Tag. Aber an diesem Abend hat der bullige Amerikaner eindrucksvoll geliefert. Auf Millers Konto gingen gegen Braunschweig zwei von insgesamt nur vier Ulmer Dreiern, insgesamt machte er 23 Punkte bei einer Trefferquote aus dem Feld von 75 Prozent. Vor allem aber glänzte er mit den Kernkompetenzen eines Spielmachers: zwölf direkte Korbvorlagen und nicht ein einziger Ballverlust. Das ergibt einen Effektivitätswert von 38, mit dem sich Miller direkt unter die Top sechs der Basketball-Bundesliga katapultierte. Drei der fünf Plätze vor ihm belegt der Ex-Ulmer John Bryant und einen der aktuelle Ulmer Dwayne Evans. Mit dieser Vorstellung am Samstag hatte sich Miller ein Extralob seines Trainers und künftigen Sportdirektors Thorsten Leibenath verdient: „Er hat das Team auf seine Schultern gepackt und sein bisher bestes Spiel im orangenen Trikot gemacht.“ Mit Leibenath wird Miller irgendwann demnächst über eine Verlängerung seines Vertrags reden müssen, nach dem Braunschweig-Spiel hat er gute Argumente. Der Amerikaner selbst blieb am Samstag bescheiden. „Ich bin früh in meinen Rhythmus reingekommen und meine Mitspieler haben mir sehr geholfen“, sagte er im Interview mit Magenta-Sport.
Miller hatte also großen Anteil daran, dass die Ulmer ein nicht nur gutes, sondern ein sogar perfektes Ergebnis feiern durften. Das Hinspiel in Niedersachsen hatten sie mit fünf Punkten verloren, jetzt gehört ihnen der direkte Vergleich und der könnte im engen Play-off-Rennen noch ungeheuer wichtig werden.
Dabei konnten sich die Zuschauer lange Zeit gar nicht sicher sein, ob ihre Mannschaft dieses Spiel überhaupt gewinnen würde. Die Ulmer hatten vor allem im ersten Viertel große Probleme mit dem Braunschweiger Center Scott Eatherton und die gesamte erste Halbzeit mit dem eigenen Dreier. Braunschweig führte deswegen zwischenzeitlich mit neun Punkten (30:21) und zur Halbzeit hieß es 44:44. Aber im dritten Spielabschnitt nutzten die Ulmer ihre längere Bank und machten mit einem 13:2-Lauf zum 68:56 den Sack zu. Braunschweig kam zwar im letzten Viertel noch einmal auf fünf Punkte heran (84:79), aber in den letzten zwei Minuten machten Miller und Ryan Thompson von der Freiwurflinie den Sieg und den direkten Vergleich klar.