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Interview: Auch ein Laie kann helfen

Interview

Auch ein Laie kann helfen

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    Julia Jerkic wurde im Audi-Dome erfolgreich reanimiert. Das lag auch daran, dass ein Defibrillator in der Halle war.
    Julia Jerkic wurde im Audi-Dome erfolgreich reanimiert. Das lag auch daran, dass ein Defibrillator in der Halle war. Foto: Imago

    Die Frau des Elchinger Basketballtrainers Dario Jerkic ist während eines Spiels in München mit einem Herzstillstand zusammengebrochen und auch mithilfe eines Defibrillators in der Halle erfolgreich reanimiert worden. Wie weitverbreitet sind diese Geräte, und wo stehen sie zur Verfügung, Professor Muth?

    Muth: Es gibt Defibrillatoren auf Flughäfen, auf größeren Bahnhöfen und in vielen öffentlichen Einrichtungen. Aber ganz genaue Informationen haben auch wir nicht. Es gibt keine Karte, auf der Defibrillatoren eingezeichnet sind. Ich gehe zwar mit offenen Augen durch die Stadt, aber die Hinweisschilder sind manchmal schwer zu sehen.

    Wären mehr dieser Geräte im öffentlichen Raum wünschenswert?

    Muth: Kammerflimmern und Herzinfarkte sind zwar die häufigste Todesursache bei erwachsenen Menschen in Deutschland, wir müssen bei der Versorgung mit Defibrillatoren aber sicher trotzdem nicht mit dem Salzstreuer vorgehen. In einem Kindergarten wird man selten einen brauchen. Um beim Beispiel Sport zu bleiben: Beim Training einer Altherren-Mannschaft oder in einer Halle, in der Koronarsport betrieben wird, macht so ein Gerät dagegen durchaus Sinn. Auch beim Einstein-Marathon wurde vor wenigen Wochen eine Wiederbelebung erfolgreich mithilfe eines Defibrillators durchgeführt. Es stellt sich immer die Frage nach der Klientel bei einer Sportveranstaltung.

    Wie qualifiziert muss ein Ersthelfer sein, um einen Defibrillator zu bedienen?

    Muth: Es gibt eigene Defibrillatoren für Laien, die haben genau zwei Knöpfe, und sie sind absolut narrensicher. Diese Geräte erkennen ein Kammerflimmern oder einen Herzstillstand. Die Dinger sagen dem Bediener, was er zu tun hat, ob er zum Beispiel mit der Herzdruckmassage kurz aufhören oder ob er weitermachen soll.

    Wie sollte denn ein Ersthelfer generell bei einem Herzstillstand vorgehen?

    Muth: Ganz wichtig ist es, so schnell wie möglich mit der Herzdruckmassage zu beginnen. 100-mal pressen pro Minute, fünf bis sechs Zentimeter tief. Eine gleichzeitige Beatmung ist dagegen entgegen landläufiger Meinungen während der ersten paar Minuten der Wiederbelebung noch gar nicht unbedingt notwendig. Außerdem sollte man natürlich die bekannte Notrufnummer 112 wählen, um professionelle Hilfe zu holen. Wenn ein Defibrillator zur Verfügung steht, dann sollte man den zusätzlich einsetzen.

    Angenommen, es steht nicht sofort ein Defibrillator zur Verfügung. In welchem Zeitraum nach dem Eintritt eines Herzstillstands macht ein Einsatz denn noch Sinn?

    Muth: Nach einer Faustregel sinken die Chancen bei einer Reanimation pro Minute um etwa zehn Prozent. Diese Regel gilt aber nur dann, wenn man den Patienten einfach liegen lässt und keinerlei zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Wird eine Herzdruckmassage durchgeführt, werden also Herz und Hirn mit Blut und Sauerstoff versorgt, dann sind die Chancen ungleich besser. Wir gehen davon aus, dass im innerstädtischen Bereich ein Rettungswagen nach vier bis acht Minuten vor Ort ist, und der hat natürlich einen Defibrillator an Bord. Der könnte dann noch mit guten Erfolgsaussichten eingesetzt werden.

    Mit welchen Kosten muss ein kleiner Verein rechnen, der den Kauf eines Defibrillators in Erwägung zieht?

    Muth: Es gibt bereits gute Geräte in der Preisklasse zwischen 1000 und 2000 Euro. Unsere professionellen Defibrillatoren an der Uniklinik kosten 15000 bis 20000 Euro, und so viel mehr an Elektronik haben die auch nicht. Interview:

    Professor Dr. Claus-Martin Muth ist Leiter der Sektion Notfallmedizin an der Ulmer Uni-Klinik.

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