Irgendetwas hat „Jenax“ gemacht, das gut war. Finden zumindest die Zuschauer in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena. Sie hauen in ihre Klatschpappen als würden gerade die Basketballer gegen Bayern München in Führung gehen. Das, was die Zuschauer bestaunen, ist auf den ersten Blick aber weit weniger spektakulär als die Körbejagd der Donaustädter. Eigentlich sitzen nur zwei junge Männer vor ihren PC-Monitoren und spielen ein Computerspiel. Eigentlich. Denn natürlich geht es um viel mehr.
Auch interessant: Projektmanager von Ratiopharm Ulm zum E-Sports: "Das ist für mich eine Sportart"
Die Neu-Ulmer Arena war am Wochenende Schauplatz eines Wettkampfes, den nur Eingeweihte verstehen und der auf alle anderen befremdlich wirken kann. „League of Legends“ war mit der „Premier Tour“ zu Gast. Und da fängt die Verwirrung wahrscheinlich schon an. Eine schnelle Erklärung: „League of Legends“ (LOL) ist ein Computerspiel, das enorm populär ist. Es gehört zum Genre der MOBAs, vereinfacht gesagt einer Art Strategiespiel, in dem es darum geht, die Basis seines Gegners mithilfe von spielbaren Charakteren, den „Helden“, zu zerstören. Wettkämpfe von LOL füllen ganze Arenen und finden im Internet den Weg zu vielen Tausenden Zuschauern. Die „Premier Tour“ wiederum ist eines dieser Turniere. Eine Serie einzelner Wettkämpfe für Deutschland, Österreich und die Schweiz, die am Samstag in Neu-Ulm mit dem Finale des „Winter Cups“ ihr Ende fand. Gespielt wurde im Eins-gegen-Eins und Fünf-gegen-Fünf. In letzterem ging es um 20000 Euro Preisgeld für das Gewinner-Team.
So lief die "Premier Tour" in Neu-Ulm
„Jenax“, der mit bürgerlichem Namen Janik Bartels heißt, aus Deutschland kommt und 19 Jahre alt ist, gehört zu den Profis der Szene. Sein Team SK Gaming ist ein reiner E-Sports-Klub, anders als beispielsweise der FC Schalke 04 oder der VfB Stuttgart, die neben dem Fußball auch mit dem virtuellen Sport ihr Image und ihre Bücher aufhübschen. Laut Internetseite von SK Gaming hat Bartels in diesem Jahr schon 47500 Dollar Preisgeld gewonnen – dazu kommt ein monatliches Salär von unbekannter Höhe. Gut leben können die Profis allemal; Preisgelder gehen bei manchen Turnieren in die Millionen. Zu diesen Wettkämpfen gehört die „Premier Tour“ nicht, begeistert sind die 1300 Zuschauer in Neu-Ulm aber trotzdem. Zwar hat der Veranstalter, die E-Sports-Agentur „Freaks 4U“ aus Berlin, im Voraus mit 2500 Zuschauern gerechnet, doch die 1300, die letztlich gekommen sind, machen auch gut Lärm. Ohnehin geht es beim E-Sports viel um Emotionen, erklärt Franz Streckhardt von „Freaks 4U“: „Die Emotionen sind genau wie beim Fußball. Die Energie spürt man als Spieler, auch wenn man Kopfhörer auf hat.“
Lesen Sie auch: Expertenrunde in Neu-Ulm: Ist E-Sport wirklich kein Sport?
Wenn es dann mal losgeht, läuft ein E-Sports-Wettkampf so ab: Die Spieler sitzen auf einer Bühne nach Team geordnet an einem Tisch, jeder hat einen Monitor mit Maus und Tastatur vor sich und trägt ein Headset, über das er sich mit den Teamkollegen unterhält. Hinter den Spielern steht ebenfalls mit einem Headset ausgerüstet der Trainer der Mannschaft. Er hat alle fünf Bildschirme im Blick und koordiniert sein Team. In der Halle wird das, was im Spiel passiert, auf einer Leinwand gezeigt. Die Zuschauer müssen die schnellen Bewegungen aber nicht selbst interpretieren und einordnen. Das machen Kommentatoren, die sogenannten „Caster“, die teilweise selbst Star-Status genießen und in der Halle von Selfie-Jägern umringt sind. Hört man den Castern als Laie zu, stellt man sich schnell die Frage, ob die Sprache, in der sie das Spiel analysieren, wirklich Deutsch ist. Von „Lanes“, „Pentakills“ oder „Jungle Champs“ ist dann die Rede. Ein Übersetzer wird nicht bereitgestellt. Den brauchen die meisten Zuschauer eh nicht. Auch wenn ein paar Eltern, die ihre Sprösslinge begleitet haben, sicherlich eine Verwendung dafür gehabt hätten.
„Jenax“ holt sich letztlich den viel umjubelten Sieg im Eins-gegen-Eins. Er findet offenbar auch, dass er etwas gut gemacht hat: „Ich wollte ja eigentlich Caitlyn spielen, als wir ge-try-harded haben...“ Für den Rest seiner Analyse hätte es einen Übersetzer gebraucht.