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Senden: 200 Briefe in Container entsorgt: Post-Mitarbeiter handelte aus "Überforderung"

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200 Briefe in Container entsorgt: Post-Mitarbeiter handelte aus "Überforderung"

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    Im Fall der 200 ungeöffneten Briefe, die in einem Container entdeckt wurden, wurde ein Verantwortlicher ermittelt.
    Im Fall der 200 ungeöffneten Briefe, die in einem Container entdeckt wurden, wurde ein Verantwortlicher ermittelt. Foto: Alexander Kaya (Archivbilder)

    Um die 200 ungeöffnete Briefe sind im vergangenen Jahr in einem Papiercontainer entdeckt worden. Wie sie dorthin kamen, war bislang unklar. Ermittelt wurde wegen des Verdachts der Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses. Wie die Staatsanwaltschaft Memmingen nun auf Nachfrage mitteilt, steht das Verfahren kurz vor dem Abschluss. Es sei ein Verantwortlicher ermittelt worden, der die Tat bereits eingeräumt habe, heißt es. Aber steckt hinter dem Vorfall gar ein größeres Problem?

    Darauf aufmerksam wurde die Polizei, weil ein Zeuge im September 2021 die Briefe in dem Container im Sendener Teilort Wullenstetten aufgefunden hatte. Sie seien alle für unterschiedliche Adressaten aus dem Landkreis Neu-Ulm bestimmt gewesen, hieß es damals. Allerdings kamen sie nicht an.

    Als Tatzeitraum gab die Polizei die Woche zwischen dem 8. und 15. September 2021 an. Nach Informationen unserer Redaktion waren die Briefe mit einem Stempel versehen. Es war schon damals davon auszugehen, dass die Briefe womöglich von einem Austräger oder einem anderen am Postweg Beteiligten in den Container geworfen wurden. Jedoch machten die Ermittlungsbehörden dazu noch keine Angaben.

    50-Jähriger soll Briefe in Senden im Container entsorgt haben

    Jetzt gibt die Staatsanwaltschaft bekannt: Es werde in der genannten Sache ein Verfahren gegen einen 50-Jährigen geführt, der zum Tatzeitpunkt Mitarbeiter eines Postdienstleisters war. Mit einem Ermittlungsabschluss ist bis Ende Januar 2022 zu rechnen. Der Beschuldigte sei geständig und gebe an, aus Überforderung gehandelt zu haben.

    Handelte der Mann also, weil es ihm zu viel Arbeit war? Dass die Zustellerbranche unter enormen Druck steht, ist kein wirklich neues Phänomen. Vor allem beim Paketdienst werden die Klagen von Jahr zu Jahr lauter. Kurz vor der heißen Phase des Weihnachtsgeschäfts hat darauf auch die Gewerkschaft Verdi wieder aufmerksam gemacht - zusammen mit den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der fünf Paketdienstleister Deutsche Post DHL, UPS, DPD, Hermes und Fedex.

    Durch Corona-Pandemie ist das Paket-Aufkommen deutlich gestiegen

    Durch die Corona-Pandemie sei das Aufkommen an Päckchen und Paketen deutlich stärker gestiegen, als die Unternehmen es erwartet haben. 3,5 bis 4 Tonnen, das Gewicht eines indischen Elefanten, bewege ein Zusteller im Schnitt pro Tag. "Man sollte sich auch mal bei denen bedanken, die das möglich machen", so Andreas Kassler, Gesamtbetriebsratsvorsitzender vom Paketdienstleiter UPS.

    Ein Dorn im Auge ist den Unternehmen wohl auch Amazon, das kürzlich auch ein Verteilzentrum in Neu-Ulm eröffnete. Der Online-Händler habe nicht nur wesentlich dazu beigetragen, dass das Paketaufkommen so stark gestiegen ist. Innerhalb von zwei Jahren habe das US-Unternehmen "Amazon Flex" aufgebaut, ein flächendeckendes Zustellnetzwerk, das laut Verdi ausschließlich mit Subunternehmen und Scheinfirmen arbeite. Da die Fahrer vermeintliche Soloselbstständige seien, greife die Nachunternehmerhaftung nicht. Der Mindestlohn werde so unterlaufen, fehlende Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub, Unfallschäden müssten die Verursachenden aus eigener Tasche bezahlen, heißt es. Auch in der Briefzustellerbranche ist von Niedriglöhnen und/oder schlechten Arbeitsbedingungen die Rede. Auf die steige dadurch der Kostendruck – und ausbaden müssten das die Beschäftigten.

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