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Schwaighofen: Neu-Ulms Traum vom Großflughafen in Schwaighofen

Schwaighofen

Neu-Ulms Traum vom Großflughafen in Schwaighofen

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    Der ehemalige Flugplatz in Schwaighofen. Dass er zu einem internationalen Großflughafen wurde, blieb ein Wunschtraum.
    Der ehemalige Flugplatz in Schwaighofen. Dass er zu einem internationalen Großflughafen wurde, blieb ein Wunschtraum. Foto: Gerrit-R. Ranft

    Zwischen April und September 2019 feiert Neu-Ulm sein Jubiläum „150 Jahre Stadterhebung“. Die Neu-Ulmer Zeitung, die heuer 70 wird, tut in diesen Monaten ein paar Blicke in die Vergangenheit der Kommune, in ihre Gegenwart und – so weit möglich – in die Zukunft. Heute: Schwaighofen.

    Der Stadtteil Schwaighofen liegt gut 2000 Meter südöstlich des Neu-Ulmer Rathauses und grenzt unmittelbar an die Innenstadt. Die Reuttier Straße trennt den bewohnten Teil Schwaighofens in zwei fast gleich große Teile, denen sich auf beiden Seiten weitläufige, unbewohnte Gewerbegebiete anschließen. Der Stadtteil zählte zum Jahreswechsel 566 Einwohner, gut hundert mehr als zwanzig Jahre zuvor. Er erreicht damit Platz elf unter den vierzehn Neu-Ulmer Stadtteilen. Die Grundfläche von 4,3 Quadratkilometern schiebt ihn allerdings auf den vorletzten Platz vor Jedelhausen, das Platz 14 belegt.

    Den Namen Schwaighofen erhielt der Stadtteil erst am 30. November 1894. Bis dahin wurde die Gegend am südöstlichen Stadtrand lediglich unter der Bezeichnung „Riedhöfe“ geführt. So hält es jedenfalls Georg Buck in seiner 1911 erschienenen Chronik der Stadt Neu-Ulm fest. Auf diese Ursprünge verweist bis heute auch der Name des im vorigen Jahr geschlossenen „Riedwirtshauses“ an der Kreuzung der Staatsstraße 2029 (Reuttier Straße) mit der Römerstraße, auch Eulesweg genannt. Nur 87 Seiten vor seinem Hinweis auf den „Geburtstag“ Schwaighofens vermerkt Stadtchronist Buck jedoch, „Swaykhoven dürfte sein Gebiet hauptsächlich in der heutigen Friedrichs- und Augsburgerstraße gehabt haben“.

    Neu-Ulms heutiger Stadtteil Schwaighofen ist ein uraltes Siedlungsgebiet

    Wirft der heutige Leser dann aber einen Blick ins Internet, findet er unter Google Earth Pro noch einen dritten Vorschlag für den Standort Schwaighofens: Demnach liegt sein Mittelpunkt in Wiley-Süd direkt auf der Kreuzung der John-F.-Kennedy-Straße mit dem Louis-Armstrong-Weg am Südrand des Hochschulgeländes. Googles Idee darf ruhigen Gewissens als abenteuerlich verworfen werden. Bucks innenstädtischem Schwaighofen dagegen sollte wohl nachgegangen werden. Immerhin nennt auch schon der Neu-Ulmer Anzeiger vom Juli 1911 in seiner Beilage „Aus dem Ulmer Winkel“ Schwaighofen „das Neu-Ulm des Mittelalters“.

    Dieses frühe Neu-Ulm unter dem Namen Schwaighofen wird mit Datum 21. August 1255 erstmals urkundlich genannt. Seine Wohnstätten und Gehöfte lagen – grob umrissen – im heutigen Innenstadtgebiet zwischen Maximilianstraße, Augsburger Straße, Hermann-Köhl-Straße und Bahnhofstraße. Die zugehörigen Felder, Äcker und Wiesen erstreckten sich nach Osten bis ins heutige Pfuhler Ried, südlich zu den Riedhöfen hin. Die Schreibweise des Namens wechselt in der Folgezeit zwischen Schwaighofen, Schweighofen, Schwaikhofen, Schwaigkofen, Schwaykoven und Swaykofen.

    „Schweighofen“, schreibt Namensforscher Professor Georg Veesenmeyer in der Oberamtsbeschreibung von Ulm im Jahr 1897, „hat seinen Namen von Schweig-Herde, Waideplatz, war ein ehemaliges Dorf und Vorstadt von Ulm“. Daran erinnern bis heute die Namen Herdbrücke und Herdbruckertor in Ulm wie auch Herbelwiese und Herbelholz in Neu-Ulm. Damit erweist sich das heutige Schwaighofen als uraltes Siedlungsgebiet, das schon in der Mitte des neunten Jahrhunderts bestanden haben dürfte.

    Endgültig Schluss mit "Schweighofen", wie es damals hieß, war 1632

    Dort wohnten die Wirtschaftsleute, die für den Unterhalt der Königspfalz am heutigen Weinhof in Ulm verantwortlich waren. Die mittelalterlichen Herrscher, allen voran die Karolinger, verfügten nicht über einen festen Wohn- oder Herrschaftssitz. Vielmehr regierten sie ihr Reich im Umherziehen von Pfalz zu Pfalz. Der gesamte Tross, der den Herrscher begleitete, musste irgendwo untergebracht, vor allem ernährt werden. Dies für die Ulmer Pfalz sicherzustellen, war Aufgabe der Bewohner des Vororts Schweighofen im Mittelalter. Die Ulmer Königspfalz verlor unter den sächsischen und fränkischen Kaisern ihre Bedeutung, weshalb auch Schweighofen weniger wichtig wurde. „Der königliche Besitz um Schweighofen“, heißt es 1911 im Neu-Ulmer Anzeiger, „scheint sich bereits im zwölften Jahrhundert ziemlich zersplittert zu haben“.

    Dazu hat sicher nicht zuletzt Bayernherzog Heinrich der Stolze beigetragen, der laut Georg Buck „auf seinem Zuge nach Speyer im Jahre 1129 den Ort samt seiner Kirche verheerte“. Fünf Jahre darauf zerstörte er auch Ulm. Beide Orte wurden wiederaufgebaut. Ulm erhielt nun einen festen Schutz aus Mauern und Gräben. Schweighofen bekam 1395 eine neue Kirche. Im Fürstenkrieg 1552 ließ Ulm den gesamten Ort niederbrennen, ein Vierteljahrhundert darauf aber wiederaufbauen. Endgültig Schluss war mit Schweighofen 1632 mitten im Dreißigjährigen Krieg. Was noch stand, wurde geschleift, Grund und Boden zu Ackerland und Gärten gemacht. Die dem Täufer Johannes gewidmete Kirche war schon 1532 im Zuge der ein Jahr zuvor in Ulm eingeführten Reformation abgetragen worden. Beim Bau des Neu-Ulmer Postamts im Jahr 1957 kamen die Fundamente der Kirche zum Vorschein. Als das Nachkriegsrathaus an der Ecke Ludwig-/Augsburger Straße gebaut wurde, fanden sich Tonscherben aus dem 13. und 14. Jahrhundert.

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    Dann war da noch der Traum vom Großflughafen, der zwischen den Weltkriegen die Neu-Ulmer Gemüter bewegte. Tatsächlich erinnert heute der Straßenname „Am Alten Flugplatz“ daran, dass Schwaighofen einst eine solche Anlage besaß. Zwischen 1929 und 1932 landeten dort gelegentlich Werbeflieger einer Dresdner Zigarettenfabrik, hin und wieder auch Kuriermaschinen, im Krieg schon mal Militärflugzeuge. Die amerikanischen Besatzungstruppen nutzten ihn als Hubschrauberlandeplatz. Das war’s. Aus dem internationalen Großflughafen als Zwischenstopp einer Fluglinie Berlin – Nürnberg – Neu-Ulm – Oberstdort – Zürich, dessen Aufbau vor allem der Neu-Ulmer Anzeiger immer wieder gefordert hatte, ist nichts geworden.

    In Schwaighofen gibt es einen privaten Schildkröten- und Reptilienzoo

    Im äußersten südwestlichen Zipfel des Stadtteils unterhält Karl-Heinz Wogrin am Brunnenweg seit vierzehn Jahren seinen privaten Schildkröten- und Reptilienzoo. Von 376 bekannten Schildkrötenarten, sagt er, leben 80 in seiner Anlage. Hinzu kommen 22 Schlangenarten und rund 30 Echsen. „Ich habe schon als Kind Tiere geliebt“, bekennt Wogrin, „und das hier jetzt ist mein Leben“.

    An 365 Tagen des Jahres ist der Zoo für Besucher geöffnet. Vor allem Familien sehen sich dort um. Aber auch Schulklassen und Kindergärten kommen. Im Vorjahr hat er 183 Kindergeburtstage arrangiert. Auch Firmenfeiern organisiert er. Ganz allein, gelegentlich von ein paar Helfern unterstützt, pflegt er seine Exoten, und die scheinen sich in seinen Aquarien und Terrarien wohlzufühlen.

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