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Rudolf Dentler: Eine Ausstellung zum 100. Geburtstag

Ulm

König, Philosoph, Goldschmied: Ausstellung ehrt Rudolf Dentler

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    Rudolf Dentler, König von Ulm, war gern mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs.
    Rudolf Dentler, König von Ulm, war gern mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs. Foto: Dagmar Hub

    Viele, die länger als 20 Jahre in Ulm leben, dürften sich erinnern an jenen kleinen Mann, der regelmäßig mit Krone und Fahrrad in der Stadt unterwegs war. Respekteinflößend wirkte Rudolf Dentler, der „König von Ulm“. Doch war er ein bescheidener König, ein sozialer Mensch – und ein Goldschmied, der sich durchaus auch zu sagen traute, dass er seinen Schmuck nicht an einen Kunden oder eine Kundin verkaufe, weil er nicht zu ihm oder ihr passe. Zum 100. Geburtstag ehrt eine Stadthaus-Ausstellung Rudolf Dentler..

    Am 18. Dezember wäre Rudolf Dentler 100 Jahre alt geworden

    „Diogenes mit der Lötlampe“ ist die Ausstellung betitelt – so wie ein Dokumentarfilm über Dentler aus dem Jahr 1976, der innerhalb der Schau zu sehen ist. Der Titel ist auf doppelte Weise passend. Rudolf Dentler, der am 18. Dezember 100 Jahre alt geworden wäre, arbeitete durchs Schaufenster öffentlich sichtbar in seiner Goldschmiede in der Gerbergasse mit der Lötlampe – und war ein Leben lang bescheiden wie Diogenes. Das war der griechische Philosoph, der einem Herrscher sagte, er solle ihm aus der Sonne gehen – stets auf der Suche nach einer Weisheit, Humanismus und Tugendhaftigkeit. Von der Meinung anderer war er nie abhängig. Manch einer dürfte den 1969 in die Stadt gekommenen Wahl-Ulmer, der zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten der Stadt wurde, der weltweit Erfolg hatte, und der mit Künstlern wie Max Bill und Pablo Picasso ausstellte, als skurril empfunden haben. Oder er hatte gar Furcht vor ihm, wie Stadthaus-Chefin Karla Nieraad, die Dentler sah, wenn er zum Balletttraining ins Theater Ulm ging. Dentler liebte die Leichtigkeit des Balletts; in der Ausstellung sind auch seine durchgetanzten Ballettschläppchen zu sehen, ebenso wie sein alter Arbeitstisch, an dem er jahrzehntelang saß und seine Schmuckkunstwerke schuf.

    Es ist eine Ausstellung ohne greifbaren Schmuck – der wäre wahrscheinlich im Stadthaus zu gefährdet gewesen. Stattdessen zeigen großformatige Bilder von Nik Schölzel Details von Unikaten, die der in Pforzheim in einer Musikerfamilie mit zehn Kindern geborene Rudolf Dentler geschaffen hat. Denn Dentler, der Schmuckprediger (als solcher nahm er sich wahr und wurde er wahrgenommen, weil er seine friedliche Philosophie in Silberschmuck goss), schuf sogenannten „Autorenschmuck“ – Schmuck, der keinesfalls Statussymbol sein sollte, sondern der sich mit Themen und gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzte. Viele seiner Schmuckstücke haben Bezug zum Ulmer Münster und zu Religion überhaupt: Dentler war überzeugt, dass von der Stadt mit dem höchsten Kirchturm der Welt Signale für einen Frieden unter den Religionen ausgehen müsse. Auch Dentlers Meisterstück ist als großformatige Fotografie zu sehen – ein goldener Anhänger in Kreuzform. Dabei bekam Dentler in seinen ersten Jahren in Blaubeuren auch mächtig Ärger mit dem Thema Religion, weil er Kruzifixe mit der Gaspistole bearbeitete und veränderte zu ausdrucksstarken, expressionistisch wirkenden Kunstwerken. 

    New York, Paris, Tokyo: Dentlers Werke würden überall gezeigt

    Initiiert wurde die aktuelle Ausstellung von Stadtrat Hans-Walter Roth, der einer der Träger des früher jedes Jahr am Schwörmontag verliehenen Dentler-Ringes ist. Organisiert wurde sei von Dentlers Witwe Gisela und seinen Kindern, dem Bühnenbildner und Ausstellungsgestalter Timo Dentler und der Goldschmiedin Ira Dentler. Dass das Stadthaus Dentler zum 100. Geburtstag den roten Teppich ausrollt, ist berechtigt: 1961 lud ihn die britische Königinmutter in die Goldsmith Hall nach London, 1967 stellte er im New Yorker Museum of Contemporary Art aus. Tokyo, Paris, das Moskauer Bolschoi-Theater, die Experimenta-Ausstellung „Objects d‘Art“, dann 1985 die Weltausstellung für Goldschmiedekunst in Ulm, von Dentler organisiert – die Liste dessen, was er aus eigener Schöpferkraft heraus erreichte, ist lang. Und dass jeder, der im Leben etwas leistet, sein eigener König ist – das hatte der Schmuckphilosoph mit seinem Habitus sagen wollen. 

    Rudolf Dentlers 20. alternative Schwörrede auf seinem Thron an der Hauswand in der Gerbergasse im Jahr 2006 war seine letzte – er starb am 2. September 2006 an einer vermutlich durch einen Zeckenbiss ausgelösten Gehirnhautentzündung. Dass ihn eines Tages Balletttänzerinnen in den Himmel geleiten, wenn er sterben müsse, hatte er sich im Leben lächelnd gewünscht. Rudolf Dentlers verschmitztes Lächeln ist nun in der Ausstellung wieder präsent.

    Info: Die Ausstellung „Diogenes mit der Lötlampe“ ist bis zum 12. Januar im Stadthaus zu sehen. Eintritt wie immer im Stadthaus frei.

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