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Rockerprozess: Urteil im Ulmer Rockerprozess: Jahrelange Haft für Mordversuch

Rockerprozess

Urteil im Ulmer Rockerprozess: Jahrelange Haft für Mordversuch

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    Wegen versuchten Mordes ist der 47-jährige Angeklagte am Landgericht Ulm verurteilt worden. Der Ulmer Rockerprozess ging damit nach acht Monaten zu Ende.
    Wegen versuchten Mordes ist der 47-jährige Angeklagte am Landgericht Ulm verurteilt worden. Der Ulmer Rockerprozess ging damit nach acht Monaten zu Ende. Foto: Alexander Kaya

    Nach 23 Verhandlungstagen und der Vernehmung von 44 Zeugen hat gestern die 7. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ulm im Rockerprozess das Urteil gesprochen. Demzufolge ist der 47-jährige Andreas B. aus dem Alb-Donau-Kreis, ehemals ranghohes Mitglied der Bandidos, wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt worden.

    Zum letzten Mal mussten gestern umfangreiche Sichermaßnahmen für diesen Mammutprozess unternommen werden, der im Juli vergangenen Jahres begonnen hatte. Der Besucherabschnitt im Schwurgerichtssaal war voll besetzt. Einige Größen der Rockerszene in der Region wurden gesichtet, so auch der Boss der Rock Maschine, dem im Mai 2011 ein Anschlag der Bandidos galt.

    Vor dem Haus des Rock-Maschine-Präsidenten wurde zunächst dessen Auto zertrümmert

    Bei dem Rollkommando zum Haus dieses Mannes im Wiblingen handelte es sich um eine Racheaktion für eine Schlägerei zwischen den beiden verfeindeten Rockergruppierungen in einer Tabledance-Bar in der Blaubeurer Straße ein paar Stunden zuvor, bei der sich Bandido-Mitglieder eine blutige Nase geholt hatten. Mit dabei war der 34-jährige Mahir H., der der Adjutant und Laufbursche von Andreas B. war, der als National Sergeant auch international bei den Bandidos eine gewichtige Rolle spielte.

    Der Angeklagte handelte nach dem verzweifelten Handyanruf des 34-Jährigen sofort, wie er letztlich aufgrund des Beweisdrucks zugab. Bevor Mahir H. seinen Chef und weitere unbekannte Personen im Morgengrauen nach Wiblingen fuhr, bewaffneten sie sich mit Pistolen und Baseballschlägern.

    Vor dem Haus des Rock-Maschine-Präsidenten wurde zunächst dessen Auto schrottreif zertrümmert. Dann fielen Schüsse, die wohl dem verhassten Bandenboss galten, aber nur seine Freundin sowie Nachbarn zu Tode erschreckten: Der, dem die Kugeln galten, die durch die gesamte Wohnung pfiffen, war unterwegs zum Tatort der Schlägerei im Tabledance-Klub.

    Rocker-Prozess: Entweder schwiegen oder logen Insider

    Von den meisten Zeugen aus der Rockerszene war in der akribischen Beweisaufnahme wenig Aussagekräftiges zu erhalten. Entweder schwiegen oder logen Insider und brüskierten zuweilen das Gericht mit ungebührlichem Verhalten, dem die Richter jedoch mit stoischer Ruhe und einem Ordnungsruf begegneten.

    Nachdem auch Mahir H. als Tatzeuge ausfiel, weil er lieber die sechs Monate lange Erzwingungshaft auf sich nahm, als auszusagen, musste auch bei der Bewertung des Geschehens auf die Kronzeugin der Staatsanwaltschaft bei der Beweisführung verzichtet werden. Die damalige Freundin des Rock-Maschine-Bosses befand sich als einzige in der Wohnung, als die Schüsse fielen, verstrickte sich jedoch im Zeugenstand in zahlreiche Widersprüche.

    So sah es ganz danach aus, dass die Verteidigung von Andreas B. punkten konnte. Nach Ansicht der Verteidiger nahm ihr Mandant zwar an dem Rollkommando teil und beschädigte mit einem Baseballschläger auch persönlich das Auto des Kontrahenten in der Rockerszene. Als die von ihm angeblich nicht angeordnete Schießerei begann, soll er aber bereits mit seinem Auto auf dem Heimweg gewesen sein.

    Rocker-Prozess: „Die Bandidos sind keine demokratische Vereinigung von Motorradfreunden"

    In seinem Schlusswort hatte der Angeklagte betont, dass ihm als National Sergeant daran gelegen gewesen sei, den Ball in der Auseinandersetzung zwischen Bandidos und Rock Maschine flach zu halten und keinen Bandenkrieg zu riskieren.

    Doch diese „Mediatorenrolle“ wollte die Schwurgerichtskammer dem Angeklagten ebenso wenig abnehmen wie die Annahme, dass bei den Bandidos ein untergeordnetes Mitglied gegen die Anweisungen eines höherrangigen Rockers handeln konnte. Vorsitzender Richter Wolfgang Tresenreiter berief sich bei dieser Auffassung auf einen Zeugen, der bei den Bandidos ausgestiegen war und von einer strengen Hierarchie sprach.

    Tresenreiter: „Die Bandidos sind keine demokratische Vereinigung von Motorradfreunden, dazu passt nicht, dass sie Waffen deponiert und schusssichere Westen getragen haben.“ Man wisse zwar nicht, wer genau die Schüsse in Wiblingen abgegeben haben, aber es lasse sich aufgrund der Beweise rekonstruieren, dass der Angeklagte das Rollkommando angeführt habe und die Schüsse aus mindestens zwei Pistolen ein gemeinschaftliches Werk gewesen seien.

    Angeklagter mehrmals vorbestraft

    So muss der Angeklagte nach jahrelanger Untersuchungshaft weiterhin ein Leben hinter Gittern verbringen. Der bewaffnete Überfall wird vom Gericht als heimtückischer versuchter Mord gewertet, weil durch die Schüsse in das Wohnhaus der Tod anderer Menschen in Kauf genommen worden sei.

    Die hohe Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten sei auch der Tatsache geschuldet, dass der Angeklagte mehrfach einschlägig vorbestraft sei. Unter anderem wegen versuchten Totschlags.

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