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Prozess zum Ece-Mord: Was passiert mit dem Angeklagten bei einer Verurteilung?

Illerkirchberg

Prozess zum Ece-Mord: Was passiert mit dem Angeklagten bei einer Verurteilung?

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    Nach der tödlichen Messerattacke ist der Prozess gegen den 27-jährigen Asylbewerber aus Eritrea am Landgericht Ulm gestartet. Vorgeworfen wird ihm Mord und versuchter Mord.
    Nach der tödlichen Messerattacke ist der Prozess gegen den 27-jährigen Asylbewerber aus Eritrea am Landgericht Ulm gestartet. Vorgeworfen wird ihm Mord und versuchter Mord. Foto: Thomas Heckmann

    Der 27-jährige Asylbewerber aus Eritrea, der am 5. Dezember 2022 bei der Messerattacke in Illerkirchberg die 14-jährige Ece getötet und ihre 13-jährige Freundin schwer verletzt haben soll, ist noch nicht verurteilt. Beim Prozessauftakt am Freitag wurde lediglich die Anklage verlesen. Doch Menschen, die sich über die fürchterliche Tat unterhalten, beschäftigen schon jetzt unter anderem diese Fragen: Was passiert mit dem Mann, sollte es zu einer Verurteilung kommen? Wird er abgeschoben? Kann er nach 15 Jahren freikommen? 

    Bis ins letzte Detail lässt sich das zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantworten. Vieles hängt von der Hauptverhandlung und dem Urteil ab, das voraussichtlich am 4. Juli vor dem Landgericht Ulm fallen soll.

    Tödliche Messerattacke in Illerkirchberg: Staatsanwaltschaft Ulm fordert lebenslange Haft

    Die Staatsanwaltschaft Ulm wertet die mutmaßliche Tat des 27-Jährigen als Mord und versuchten

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    Ein 27-jähriger Asylbewerber aus Eritrea steht ab heute wegen der tödlichen Messerattacke in Illerkirchberg vor dem Landgericht Ulm. Die Bilder vom Prozessauftakt.

    Bei guter Führung und günstiger Sozialprognose kann eine lebenslange Haftstrafe frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Möglich ist aber auch, dass das Gericht eine "besondere Schwere der Schuld" feststellt. Nämlich dann, wenn die Tat über die Maßen grausam oder die Folgen für die Geschädigten – nicht für die Bevölkerung – über die Maßen schlimm waren. Dann kommt ein Täter nur in Ausnahmefällen vorzeitig frei, zum Beispiel, weil er ein besonders hohes Alter erreicht hat oder schwer krank ist. Andernfalls kommen sie nicht frei. 

    Mord an Ece: Wird im Falle einer Verurteilung eine Sicherungsverwahrung angeordnet?

    Unter Umständen kann das Gericht zusätzlich zur lebenslangen Freiheitsstrafe eine Sicherungsverwahrung anordnen, um die Öffentlichkeit nach der verbüßten Haft vor einem Straftäter weiter zu schützen. Sicherungsverwahrte bekommen mehr Freiheiten als Gefangene. Sie dürfen zum Beispiel in entsprechenden Anstalten eigene Kleidung tragen, leben aber weitestgehend wie zu Zeiten der normalen Haft. 

    Bei Beziehungstaten gilt eine solche derartige Maßregel als eher unüblich. Die Staatsanwaltschaft geht bei den beiden Mädchen im Fall Illerkirchberg derzeit von "Zufallsopfern" aus. Vieles wird davon abhängen, zu welchem Ergebnis das Gutachten des forensischen Psychiaters Peter Winckler aus Tübingen kommt. Derzeit wird von einer Schuldfähigkeit ausgegangen.

    Haftstrafe oder Abschiebung? So ist die Lage aktuell für Eritrea

    Und wie steht es um eine Abschiebung? Der Angeklagte, der im März 2015 nach Deutschland eingereist war, hat vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) subsidiären Schutz zuerkannt bekommen. Das heißt, es wurde ihm bislang weder Flüchtlingsschutz noch Asylberechtigung gewährt, jedoch droht ihm in seinem Herkunftsland "ernsthafter Schaden". 2016 wurde dem heute 27-Jährigen aus Eritrea nach Behördenangaben eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt. Warum genau ist unklar, wird aber womöglich im Laufe des Prozesses noch zur Sprache kommen. Geboren ist der Mann in Enda Gergis, einem Ort nahe der Grenze von Eritrea zu Äthiopien. Er spricht Tigrinisch. In jener Gegend herrschte einer der brutalsten Kriege der vergangenen Jahrzehnte. Seine Aufenthaltserlaubnis wurde in der Folge zweimal verlängert und ist aktuell noch bis September 2023 befristet. Wer eine schwere Straftat begeht, bekommt keinen subsidiären Schutz. 

    Äthiopische Regierungssoldaten fahren in der Region Tigray.
    Äthiopische Regierungssoldaten fahren in der Region Tigray. Foto: Ben Curtis/AP, dpa (Archivbild)

    Der Sonderstab Gefährliche Ausländer in Baden-Württemberg, der sich mit Aufenthaltsbeendigungen beschäftigt, hat den Fall bereits kurz nach der Tat übernommen. "Die Verbüßung der Freiheitsstrafe hat grundsätzlich Vorrang vor einer Abschiebung", teilt eine Sprecherin des zuständigen Justiz- und Migrationsministeriums auf Anfrage unserer Redaktion mit. Allerdings könnten auch zu lebenslang verurteilte Straftäter abgeschoben werden. Entweder, wenn sichergestellt werden kann, dass die Strafe auch im Heimatland abgesessen wird. Oder zum Zwecke der Abschiebung nach Verbüßung eines Teils der Strafe. Bei Letzterem aber hat die Staatsanwaltschaft eine Art Veto-Recht. "Wir sind die, die sagen, jetzt ist genug", erklärt eine Sprecherin. Bei Mord und Lebenslang wären das aus ihrer Sicht "15 Jahre Minimum". Erst dann sei eine "Sühnestrafe" erreicht. 

    Dass Abschiebungen nicht immer erfolgen, auch wenn sie rechtlich wirksam sind, haben Menschen aus Illerkirchberg im Fall eines Afghanen nach der Halloween-Vergewaltigung von 2019 bereits erfahren. Nach Eritrea sind Rückführungen nach Angaben des Bundesinnenministeriums seit April 2023 wieder möglich. Acht eritreische Staatsangehörige seien im Zeitraum von Januar bis Ende April dieses Jahres bereits abgeschoben worden. Sollte ein Verurteilter trotz noch ausstehender Strafe nach Deutschland zurückkehren, kann die nachgeholt werden. Dazu kann die Person nach der Abschiebung zugleich mit einem Haftbefehl ausgeschrieben werden.

    Alle Artikel zum tödlichen Angriff in Illerkirchberg finden Sie hier.

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