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Prozess in Ulm: Wollte er töten? Mann geht mit kaputter Weinflasche auf Jugendlichen los

Prozess in Ulm

Wollte er töten? Mann geht mit kaputter Weinflasche auf Jugendlichen los

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    Mit einer abgeschlagenen Weinflasche soll der 25-Jährige einen 16-Jährigen auf einem Spielplatz in Ulm attackiert haben.
    Mit einer abgeschlagenen Weinflasche soll der 25-Jährige einen 16-Jährigen auf einem Spielplatz in Ulm attackiert haben. Foto: Thomas Heckmann

    Vor dem Ulmer Landgericht hat am Mittwoch der Prozess gegen einen mittlerweile 25-Jährigen begonnen, der im vergangenen Sommer mit einer abgeschlagenen Weinflasche auf seinen 16-jährigen Mitbewerber um die Gunst einer 13-Jährigen losgegangen ist. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.

    Der schlanke junge Mann wird in den Gerichtssaal geführt und dann sitzt er nur so da. Starrer Blick an die gegenüberliegende Wand, die Arme vor der Brust verschränkt und kaum eine Regung im Körper oder im Gesicht. Auch als der Staatsanwalt die Anklageschrift vorliest, die ein Dolmetscher wortgenau für den Angeklagten übersetzt, regt sich nichts im Gesicht.

    Angeklagter gesteht die Tat, sagt er aber: „Ich wollte ihn aber nicht töten“

    Angaben zur Tat möchte er selbst nicht machen, doch seine Verteidigerin Christina Seng-Roth liest eine Erklärung des jungen Mannes vor. „Es ist alles so passiert, wie es in der Anklageschrift vorgelesen wurde“, beginnt diese Erklärung. Doch dann widerspricht Wajdi M. dem Tatvorwurf: „Ich wollte ihn aber nicht töten“. Rückblickend kann er sich auch nicht mehr erklären, warum er das getan hat.

    Der Vorsitzende Richter beschäftigt sich dann eingehend mit dem bisherigen Lebenslauf des Angeklagten. Geboren in Tunesien wurde Wajdi M. als Sechsjähriger zum Halbwaisen, wuchs dann bei seinem Onkel auf und nach drei Jahren Grundschule kam der Elfjährige alleinreisend über das Mittelmeer nach Italien, um in Europa eine Ausbildung zu machen. Ein anderer Onkel in Toulouse gab ihm Quartier, er machte dann eine Ausbildung zum Maler und Gipser, um anschließend bei seinem Onkel im Baugeschäft zu arbeiten. 

    Mutmaßlicher Täter wechselte vor zwei Jahren nach Deutschland

    Vor zwei Jahren wechselte er dann nach Deutschland, weil er sich dort Papiere und Zertifikate erhoffte, die ihm das Leben erleichtern. Dieser Plan misslang, im Kreis Biberach in einer Asylbewerberunterkunft wohnend wurde der Asylantrag abgelehnt. Es kam dann zu einer Konfrontation auf dem Landratsamt, dort bedrohte er eine Mitarbeiterin: „Soll ich ein Messer holen und Dich ins Krankenhaus bringen?“, soll er gesagt haben.

    Der junge Mann wechselte nach Offenburg, doch auch dort gab es Probleme, als er Alkohol in die Asylbewerberunterkunft schmuggeln wollte. Auch hier drohte er wieder, ein Messer zu verwenden. Eine Gesamtstrafe von 90 Tagen Ersatzhaft war die Folge für ihn. Auch der Drogenkonsum des jungen Mannes kam zur Sprache. Mit Freunden konsumierte er gelegentlich Ecstasy, Haschisch und Pregablin.

    Wie haben sich der Angeklagte das 13-jährige Mädchen kennengelernt?

    Keine Angaben machte er, wie er die 13-jährige Ukrainerin kennengelernt hat. Doch er beanspruchte sie für sich und machte das auch einem 16-jährigen Syrer klar, der wohl der aktuelle Freund war. Nach einem zufälligen Aufeinandertreffen in der Ulmer Innenstadt gingen die 13-Jährige und der 16-Jährige zum Spielplatz an der Wilhelmshöhe. Zeugen beobachteten, dass der Angeklagte mehrfach vor dem Spielplatz lief, dann hörten sie, wie eine Flasche kaputtgeschlagen wurde und Wajdi M. auf das junge Pärchen zulief. 

    Mit der aufgeschlagenen Flasche verletzte er den 16-Jährigen an Nase, Lippe und Ohr. Die Zeugen sahen das Opfer regungslos auf dem Boden liegen, wählten den Notruf und suchten in der Nachbarschaft nach Hilfe. Die fanden sie bei einem 47-Jährigen, der gerade gegenüber Gartenarbeiten verrichtete und spontan half. Der bullige Mann, der auch als Zeuge befragt wurde, griff den Täter an den Beinen, um selbst nicht von der Flasche gefährdet zu sein. Auf Frage des Staatsanwalts, wie viel Kraft er verwenden musste, um den Täter vom Opfer herunterzuziehen, antwortete er locker „ein Viertel“ und bat auch an, das einmal vorzuführen. 

    Während der Zeuge sich um die Wunden des Opfers kümmerte, floh der Angeklagte zu Fuß. Rund zwei Kilometer entfernt fand ihn eine Streife der Bundespolizei zwischen Bahnlinie und Donau auf Höhe der Illerspitze. Die blutverschmierte Jeans, eine blutige Jacke im Rucksack und eine Schnittwunde an der Hand ließen keine Zweifel aufkommen, dass er an der Tat beteiligt war. Seither sitzt der Mann in Untersuchungshaft.

    Es sind noch drei weitere Verhandlungstage angesetzt. Insgesamt neun Zeugen sollen dabei befragt werden. Ende März soll ein Urteil fallen.

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