Seit eineinhalb Jahren werben Ulmer Stadträtinnen für ein großes Ziel: „Mehr Frauen in den Gemeinderat“ heißt das Projekt, das die örtlichen Politikerinnen und das Ulmer Frauenbüro zum dritten Mal angestoßen haben. Die Hürde ist hoch, denn schon jetzt ist die Quote der Frauen im Gremium höher als in jedem anderen Kommunalparlament der Bundesrepublik. 18 von 40 Räten sind weiblich. Und ganz einfach dürfte es nicht werden, das Ziel zu erreichen. Denn auf den Liste der Parteien sind die Frauen deutlich unterrepräsentiert. 154 der 457 Bewerber sind Frauen, ziemlich genau ein Drittel. Nur zwei der 13 Listen sind je zur Hälfte männlich und weiblich besetzt: die der SPD und die der Grüne. Und lediglich eine setzt mehrheitlich auf Frauen. Für die neue Liste „Ulm für alle“ (UfA) treten 23 Kandidatinnen an, an der Spitze die Ärztin Karin Hartmann.
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Für UfA bewerben sich unter anderem auch Neu-Ulms Citymanager Florian Fuchs und Martin Denoix, der Ulmer Kreisvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Auf ihren Plakaten wirbt die neue Liste für Veränderungen. „Zwei Amtszeiten sind genug“, heißt es dort unter anderem – eine Anspielung auf den seitdem nahezu unveränderten Gemeinderat. Damit bildet UfA eine Ausnahme. Denn die meisten Plakate zeigen die Köpfe der Kandidaten und griffige, aber wenig konkrete Wahlsprüche.
Ulm: Fast 500 Kandidaten wollen in den Gemeinderat
Die meisten Parteien setzen auf Konstanz. Nur wenige Räte treten nicht mehr an: Sabine Schuler von der CDU, Katja Adler von der SPD, Hanni Zehender, Erwin Böck und Rüdiger Reck aus der Fraktion der Freien Wähler, Rose Goller-Nieberle von der FDP und Uwe Peiker von den Linken. Dazu kommen einige Wechsel: Birgit Schäfer-Oelmayer (früher Grüne) tritt für die CDU an, in deren Fraktion sie im Vorjahr übertrat. Ralf Milde, der kurz nach der vergangenen Wahl von den Freien Wählern in die FDP-Fraktion gewechselt war, tritt nun direkt für die Liberalen an. Doris Schiele ist wieder Kandidatin der Linken. Weil ihre Partei zuletzt zu wenig Sitze für eine eigene Fraktion hatte, hatte sie sich den Grünen im Gemeinderat angeschlossen. Für die Freie Wählergemeinschaft Ulm tritt der Kriminalhauptkommissar Jürgen Kriechbaum an, der früher für die SPD im Gemeinderat saß.
Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) ist eine von vier Listen, die sich traditionell zu einer Fraktion zusammenschließen: zu der der Freien Wähler. In der Kernstadt, in Söflingen, Wiblingen und im Ulmer Norden gehen jeweils eigene Listen mit eigenen Kandidaten ins Rennen. Diesen Weg scheinen diesmal auch die Grünen auszuprobieren. Denise Niggemeier, 2014 noch Kandidatin der Piratenpartei und nach der Wahl Stadträtin in der Grünen-Fraktion, steht an der Spitze des Bündnisses für Lebenswerte Ortschaften (BLO), für das fast ausschließlich Bürger aus den Ulmer Ortschaften ins Rennen gehen.
Gemeindratswahl in Ulm am 26. Mai
Auf den vorderen Plätzen fast aller etablierter Listen sind auch etablierte Kandidaten. Nur wenige Neue haben es auf aussichtsreiche Positionen geschafft. Bei der Linken ist das die Kreisvorsitzende Eva-Maria Glathe-Braun (Platz 1), bei der FWG der Mechanikermeister Klaus Kopp (Platz 2) und bei den Grünen die Studentin Julia Mies (Platz 3). Bei der FDP steht Stadtrat Ralf Milde nur auf Platz fünf hinter Fraktionschef Erik Wischmann und drei beim letzten Mal schlechter positionierten Kandidaten. Knapp könnte es für die CDU-Räte Birgit Schäfer-Oelmayer und Siegfried Keppler werden, die auf den Plätzen 10 und 11 antreten. Derzeit hat ihre Fraktion zehn Sitze. Allerdings müssen sich die Wähler nicht an die vorgeschlagene Reihenfolge der Listen halten. Sie können ihre Stimme nach Belieben auf die Kandidaten verteilen – ein Bewerber kann bis zu drei Stimmen erhalten.
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Neu sind nicht nur einige Kandidaten, sondern auch drei Listen. Neben den bereits erwähnten UfA und BLO versucht erstmals auch die AfD, in den Gemeinderat einzuziehen. Für die Rechtspopulisten treten gerade einmal vier Kandidaten an. Denn nach einem Streit um Spitzenmann Markus Mössle hatten sich acht weitere Bewerber zurückgezogen.
Hier lesen Sie mehr über den Streit.
Mössle hat sich früher für rechtsextreme Parteien engagiert und saß wegen bewaffneter Raubüberfälle auf drei Banken und einen Sex-Shop mehrere Jahre im Gefängnis. AfD-Kreischef Eugen Ciresa sagte unserer Redaktion nach dem Rückzug von acht Kandidaten: „Die AfD zerlegt sich selbst.“