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Pfaffenhofen: Impfen sei das "Werk Satans": Hassmails gegen Impfangebot in Marienfried

Pfaffenhofen

Impfen sei das "Werk Satans": Hassmails gegen Impfangebot in Marienfried

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    Einer von vielen, die das Angebot nutzten: Markus Wieland ließ sich von Mario Jaron in der Gebetsstätte von Marienfried impfen.
    Einer von vielen, die das Angebot nutzten: Markus Wieland ließ sich von Mario Jaron in der Gebetsstätte von Marienfried impfen. Foto: Andreas Brücken

    Die Gebetsstätte Marienfried ist seit Jahrzehnten Ziel zahlreicher Pilger und Pilgerinnen. Vielfältige Angebote zur Einkehr, Beichte und zum Gebet finden die Gläubigen hier im idyllischen Ort nahe Pfaffenhofen. Am vergangenen Wochenende öffnete der Wallfahrtsort zudem seine Pforten als Impfzentrum. Der Landkreis hat sich dafür in den Räumen der

    Gebetsstätte Marienfried erhält üble Satanismus-Vorwürfe

    Dass diese Aktion nicht auf uneingeschränkte Zustimmung stoßen würde, war dem Rektor, Pfarrer Georg Alois Oblinger, von Anfang an bewusst, wie er sagt: "Wir wurden regelrecht mit Widerständen bombardiert." Doch sei diese Haltung nicht repräsentativ für die Mehrheit der Gläubigen, ergänzt er. Er fügt außerdem hinzu, dass die Gebetsstätte Marienfried Anziehungspunkt für religiöse Menschen sei, unter denen es aber durchaus auch "krankhafte Formen" des Glaubens gäbe. Ein Blick in den Maileingang der Einrichtung lässt die Abgründe der Hassbotschaften erahnen. Darin wurden unter anderem die Gläubigen dazu aufgefordert, die Gebetsstätte nicht mehr zu besuchen, "damit dieses Werk des Satans in den Räumlichkeiten des Marienfried-Hauses noch abgewendet wird". In einer weiteren Nachricht ist zu lesen, dass die Gesichtsmaske nicht zum Schutz vor dem Virus sei, sondern als ein Initiationsritual zur Einführung des Satanismus diene.

    Angesichts solcher Nachrichten fällt dem sonst so aufgeschlossenen Pfarrer die Gelassenheit sichtlich schwer: "Toleranz gehört zu unserem Glauben, jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt." Wenn es um Weltverschwörungstheorien gehe, ende seine Toleranz, erklärt Oblinger. Zudem hätten einige Besucher mit einem Boykott von Marienfried gedroht und angekündigt, ihre Spende an die Gebetsstätte einzustellen. Dabei stellt

    Für Pfarrer Oblinger ist die Impfung ein Akt der Nächstenliebe

    Welche Verantwortung die Kirchen im Kampf gegen die Pandemien haben, erklärt Oblinger am Beispiel der Pocken, die in den vergangenen Jahrhunderten unzähligen Menschen das Leben kostete - bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Impfpflicht eingeführt wurde. Auch damals habe es massive Widerstände gegeben, die aber unter anderem durch die Argumente und Predigten von Priestern gebrochen wurden. Sich impfen zu lassen sei die praktizierte Nächstenliebe in der Verantwortung zu seinen Mitmenschen, erklärt Oblinger weiter und räumt ein, dass er auch in den Reihen seiner Mitarbeiter mit einigen erklärten Impfgegnern zu kämpfen habe, unter denen es auch schon zu Todesfällen im Zusammenhang mit dem Virus gekommen sei.

    Die 83-jährige Schwester Sieghelma wartet derweil auf ihren bevorstehenden Impftermin. Aus ihrer Umgebung sei ihr prophezeit worden, dass sie deshalb nur noch wenige Jahre zu leben habe, wie sie sagt. Doch davon ließ sich die selbstbewusste Seniorin nicht einschüchtern. Stattdessen findet sie klare Worte an die Skeptiker: "Impfen ist man der Gesellschaft schuldig." Als Kind habe sie bereits erfahren, was das bedeute, als sie an der Diphtherie erkrankte. Deshalb bringt die Ordensschwester die Situation auf den Punkt: "Wir müssen diese Seuche in ihre Grenzen weisen und je mehr mitmachen, desto schneller ist das Virus besiegt."

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