Jens Hagg bittet um ein Blatt Papier und einen Stift. Dann skizziert der Chef des Fiddler’s Green in Volkertshofen ein Rechteck. Dann zwei kleinere Rechtecke in das große hinein, eine Leiter und einen Baum. Er zeigt mit dem Stift darauf: „Hier soll es dann zur Terrasse gehen.“ Was auf den ersten Blick wie der Grundriss eines kleinen Schlafzimmers mit Terrasse aussieht, ist auf den zweiten Blick eigentlich immer noch genau das: nur viel raffinierter.
Das kleine Haus kommt auf das Terrassendach des Irish Pubs
Hagg möchte gemeinsam mit befreundeten Handwerkern ein Tiny House bauen, also ein Mini-Haus. Auf das Terrassendach des Fiddler’s Green soll der etwa 18 Quadratmeter große – oder besser gesagt kleine – Komplex kommen. Die Idee dafür verfolgt er schon länger. „Viele haben mich immer wieder gefragt, ob ich denn weiß, wo es in Pfaffenhofen freie Wohnungen gibt“, erzählt der Wirt. So kam er auf die Idee, selbst ein kleines Haus zu bauen und das ab und an zu vermieten.
Und er vermutet: „Die Leute wollen eher wieder zurück aufs Land.“ Doch auch in Pfaffenhofen sind Grundstücke und Bauplätze begrenzt. Erst kürzlich informierte Bürgermeister Sebastian Sparwasser in einer Bauausschusssitzung über die Bewerbungslage für das Neubaugebiet am Hasenäcker: „Die rennen uns die Bude ein.“ Das bestätigt Haggs Ansicht: Zu viele Leute würden zu viel Geld für ein riesiges Haus ausgeben, obwohl sie gar nicht so viel Platz bräuchten, findet er. Vor allem steigende Baukosten seien ein weiteres Argument für viele Tiny-Häuslebauer.
Die Idee: Wohlfühlcharakter trotz wenig Raum
Das irische Sprichwort „Ein kleines Nest ist wärmer als ein großes“ beschreibt in Kürze das, was ein Tiny House ausmachen soll: wenig Raum optimal zu nutzen. Mit großem Wohlfühlcharakter, aber so, dass sich der Bewohner auf die wichtigen Dinge des Lebens besinnen kann. Dazu gehört eine minimalistische Ausstattung. Haggs Mini-Gebäude soll in Zukunft als Musterhaus dienen. „Der Gedanke dabei ist, dass man das Haus jederzeit auf einen Anhänger packen kann – auch als transportable Vorlage sozusagen, wenn es jemand genau so nachbauen will.“
Für den 43-Jährigen sind die Themen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und der Minimalismus-Gedanke schlagkräftige Argumente für seine Entscheidung. „Im Haus selbst gibt es alle nötigen Anschlüsse, geheizt wird über Strom, also mithilfe einer Klimaanlage und Infrarotpaneelen“, sagt der 43-Jährige. Vor wenigen Wochen erst war er bei einem Tiny-House-Workshop in Detmold. „Das war super interessant. Die haben da unter anderem ein japanisches Holz vorgestellt, das angeflammt wird und somit eine schwarze Farbe bekommt“, erzählt Hagg. Eine Holzverkleidung für sein Tiny House kann er sich gut vorstellen: „Es sollte nicht zu modern aussehen und hier hinpassen“, sagt er.
Schlafzimmer, Küche, Bad: Das Tiny House hat alles, was man braucht
Baubeginn wird voraussichtlich Anfang 2021 sein, die Genehmigung vom Landratsamt fehlt noch. Trotzdem hat Hagg schon eine genaue Vorstellung von der zukünftigen Einrichtung: In den Raum will er eine kleine Plattform bauen, so kann eine Art Wohnzimmer mit Sofa hochgefahren werden – darunter hat ein Bett Platz. „Durch die hochfahrbare Plattform kann ich etwa zwei mal drei Meter doppelt nutzen“, beschreibt Hagg seine Skizze. Neben einem Schlafbereich gibt es eine Küche und ein Bad mit Dusche. Insgesamt wird das Haus etwa zweieinhalb Tonnen wiegen. Vor dem Mini-Haus, das nur über eine Leiter erreichbar ist, wird in Richtung Straße ein kleiner Grünbereich angelegt – eine Tiny-Terrasse sozusagen, mit Ausblick auf die Pferdekoppel.
Nicht nur Gäste, die ein Bier zu viel hatten, können die außergewöhnliche Schlafmöglichkeit auf dem Pub nutzen. Auch Interessierte dürfen sich bei Hagg melden und „Probeschlafen“. „Die Idee ist eigentlich, eine Mischung aus Hotelzimmer und Ferienwohnung zu haben“, erklärt der Wirt. Er selbst möchte das Experiment natürlich auch wagen und für zwei Wochen im Tiny House leben. Mit seiner innovativen Idee will der Pfaffenhofer andere Personen anstecken: „Wenn man ein bisschen Platz hat und ein paar handwerklich begabte Leute, kriegt man es selbst hin, ein kleines Haus zu bauen.“
Neben dem Neubau wird noch mehr an der Kneipe gemacht
Kritik an seinem Plan aus dem Ort hat er bis jetzt noch nicht gehört. „Die Leute sind eher neugierig“, sagt Hagg. In anderen Orten haben die kleinen Häuser für großen Eklat gesorgt, wie in diesem Fall: Tiny House in Attenhofen: Paar zieht Bauantrag zurück
Obwohl das Projekt Tiny House bereits viel Planung erfordert, ist es nicht die einzige Stellschraube, an der Hagg gerade dreht. Vor dem Eingang der irischen Kneipe soll eine Terrassenüberdachung angebaut werden – so können dort bald 30 Gäste sitzen. Außerdem vergrößert der Wirt den Gastbereich nach außen hin. Noch diesen Winter wird eine Glasfront Gäste, die im Anbau sitzen, vor Kälte schützen. „Wegen der Abstandsregelungen wollen wir den Gastraum etwas entzerren“, erklärt Hagg.
Er sei froh, dass seine Stammgäste während der Corona-Zeit zu ihm gehalten haben – schwerwiegende Verluste hatte er nicht. „Und ich bin der Meinung, dass man in der richtigen Zeit investieren muss“, sagt der Wirt.
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