Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Oberelchingen: "Därles-Bärbla" - diese Sage steckt im Namen der Oberelchinger Narrenzunft

Oberelchingen

"Därles-Bärbla" - diese Sage steckt im Namen der Oberelchinger Narrenzunft

    • |
    Die Oberelchinger Maskengruppe der Därles-Hexen treibt ihr Unwesen - wenn Corona nicht dazwischenfunkt.
    Die Oberelchinger Maskengruppe der Därles-Hexen treibt ihr Unwesen - wenn Corona nicht dazwischenfunkt. Foto: Archivfoto: Horst Hörger

    Ein genetisches Wunder soll sich vor vielen, vielen Jahren, als Oberelchingen noch eine Abtei hatte, in deren Mauern ereignet haben. Tatsächlich wurden dem dortigen Torwärter zwölf Töchter geboren, die allesamt Zwillinge waren. Nun ist es ja nicht unüblich, dass Zwillingspärchen mitunter gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, bei den Mädchen aus dem Torbogen waren diese jedoch so verblüffend, dass der offenbar gestresste Vater ihnen einen gemeinsamen Zweitnamen verpasste: Bärbel sollten sie heißen, um, so die Absicht, Verwechslungen auszuschließen und so manche Peinlichkeit zu vermeiden.

    Die Sage von den Oberelchinger Därles-Bärbla-Zwillingen

    Die lebenslustigen Kinder wuchsen zu ansehnlichen jungen Frauen heran, was natürlich den Buben des Klosterfischers nicht verborgen blieb. Offenbar erachtete dieser jedoch die Familie des Torwärters als nicht würdig und standesgemäß, um solch einer Liaison den Segen zu erteilen. Allerdings wohnte im Torhaus auch die alte Burgl, die für Feuer und Weihrauchglut in der Kirche verantwortlich war. Eine gnädige, erfahrene Frau muss sie gewesen sein, denn sie gestattete den jungen Verliebten, sich heimlich in der Feuerstube zu treffen. Auch von Zauberkräften wurde berichtet, über welche die Burgl verfügte.

    Am 4. Dezember, dem Namenstag der Bärbla, also dem Barbaratag, ging der alte Fischer wieder einmal grußlos und schimpfend durchs Klostertor. Die Leute auf der Straße verspotteten ihn schon lange: „Wann ist denn die erste Fischerhochzeit mit einer Tochter vom Torwärter“, fragten sie, wohlwissend, dass dies dem auf seinen Stand bedachten Herren die Zornesröte ins Gesicht treiben ließ. So schleuderte er dem Volk nur den Schwur entgegen, eher müssten zwölf Hexen am Dreikönigstag in seiner Stube stehen, bis eine Torbärbel Fischerfrau würde!

    Ein Oberelchinger Faschingsbrauch mit sagenhaftem Hintergrund

    Allerdings hatte er die Rechnung ohne die List der alten Burgl gemacht. Sie rief an besagtem Tag die bildhübschen Mädchen mit ihren blonden Zöpfen zu sich in die Stube. Dort vollzog sich die Verwandlung: Eingekleidet in alte Lumpen, versehen mit Kopftüchern und langen Nasen, ausgestattet mit einem Besen, waren die zwölf Bärbla nicht wiederzuerkennen. Um Mitternacht stürmten die als grausige Hexen verkleideten jungen Frauen das Haus des Fischermeisters. Wahrscheinlich ist er zu Tode erschrocken, dass sein Schwur so schnell auf die Probe gestellt wurde. Jedenfalls, um nicht wortbrüchig zu werden, willigte der alte Fischer einer Hochzeit seines Buben mit der ältesten Torbärbel ein.

    Das Tor von Oberelchingen: Was ist dran an der Sage der Därles-Bärbla?
    Das Tor von Oberelchingen: Was ist dran an der Sage der Därles-Bärbla? Foto: Ralph Manhalter

    Diese Geschichte, wie sie auch bei der Oberelchinger Narrenzunft „Därles-Bärbla“ aufgeschrieben ist, hat wie die meisten Legenden einen historischen Zeitrahmen. Die Handlung bezieht sich auf die Wirkungszeit des Abtes Gallus Keppler, der von 1587 bis 1604 der Abtei vorstand. Wir sprechen also noch vom Vorgängerbau der heutigen Klosterkirche und auch vom nicht mehr vorhandenen Torhaus, wie auch das gesamte Areal der Abtei heute nur noch rudimentäre Reste der einstigen Pracht aufweist.

    Die Bärbla, die Burgl und die Fischerbuben von Oberelchingen

    Die Leibeigenschaft im Territorium des Klosters Elchingen wurde, wie der Historiker Anton Aubele berichtet, bereits im 16. Jahrhundert aufgehoben. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass die Fischer im Verhältnis zur Obrigkeit besser gestellt waren, als andere Insassen. Das vormoderne Recht kannte ja keine Gleichheit, wie sie erst in den nachrevolutionären Jahrhunderten erkämpft wurde. Vielmehr bestand jenes aus einer Vielzahl persönlicher Rechtsbezüge unterschiedlichster Bindungen zu den verschiedenen Herrschaftsträgern. Wenn auch die Entstehungszeit dieser Legende mit filmreifem Happy End mit einiger Wahrscheinlichkeit auf das sagenreiche romantische 19. Jahrhundert zurückzuführen ist, so vermittelt die Geschichte doch das Bedürfnis der einfachen Leute nach Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz. Heute laufen die Bärbla zusammen mit den Fischerbuben, der Burgl und auch dem Fischzunftmeister bei Umzügen der Narrenzunft einträchtig nebeneinander her.

    Lesen Sie auch:

    Sting, Beach Boys, Mark Forster: Finden Großevents 2021 in Ulm und Neu-Ulm statt?

    Welche Folgen hat Corona für Musik-Talente? Ausgebremst auf dem Weg zur großen Bühne

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden