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Wie eine hoch qualifizierte Fachkraft an einer Neu-Ulmer Behörde verzweifelt
![Junmao Liao ist verzweifelt: Der Ingenieur hat einen Arbeitsvertrag. Doch er darf nicht ran, weil die Behörden überfordert sind. Junmao Liao ist verzweifelt: Der Ingenieur hat einen Arbeitsvertrag. Doch er darf nicht ran, weil die Behörden überfordert sind.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Ein Ingenieur aus Neu-Ulm ist so etwas wie das personalisierte Mittel gegen den Fachkräftemangel: Jung, hochgebildet und leistungsbereit. Doch seinen Job darf er nicht antreten.
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Seit September 2018 lebt Junmao Liao in Deutschland. In den vier Jahren, in denen der Mann aus dem fernen China nach Deutschland kam, lernte er fließend Deutsch. Über Hannover und Stuttgart führte den heute 33-Jährigen der Weg nach Neu-Ulm. Denn bei dem größten industriellen Arbeitgeber der Region unterschrieb der Ingenieur einen Arbeitsvertrag – doch er hatte die Rechnung ohne die deutschen Behörden gemacht.
Eine Stelle hat der Akademiker bei einer Weltfirma in Neu-Ulm
Sein Masterstudium hat er abgeschlossen. Die Masterarbeit ist benotet, die Urkunde hält er in Händen. Schon Ende Juni habe sich ein Konzern die Dienste des Junmao Liao gesichtert. Als Kommunikationsingenieur bringt er Fähigkeiten mit, die sein Arbeitgeber, etwa bei Themen wie dem autonomen Fahren, braucht. Im August zog der Ingenieur nach Neu-Ulm um und meldete sich vorschriftsmäßig. Voller Vorfreude auf seinen ersten Job als Akademiker bei einer Weltfirma suchte sich der 33-Jährige also eine Wohnung in Neu-Ulm. Im Nachhinein betrachtet womöglich zu früh.
Denn die so wichtige Blaue Karte beantragte Liao noch in Stuttgart. Die Blaue Karte ist ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsolventinnen und -absolventen, mit dem die dauerhafte Zuwanderung von Hochqualifizierten aus dem Nicht-EU-Ausland nach Deutschland erleichtert und gefördert werden soll. Diese schien nur Formsache. Doch auf diesen Aufenthaltstitel wartet er vergeblich. Genauso wie die Firma aus Neu-Ulm auf ihre neue Fachkraft, weil den vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn am 15. September konnte der Mann ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht antreten.
Die Blaue Karte liegt in einer Warteschleife zwischen Stuttgart und Neu-Ulm
Alles da, habe dem Ingenieur die Ausländerbehörde Stuttgart mitgeteilt. Doch die Enttäuschung kam dennoch: "Es liegen nun alle entscheidungsrelevanten Unterlagen für die Erteilung der Blauen Karte vor. Da Sie jedoch leider bereits umgezogen sind, können wir Ihnen die Blaue Karte EU nicht mehr erteilen." Am 1. September habe die Behörde in Stuttgart seine Akte nach Neu-Ulm verschickt.
Liao, als langjähriger Bürger eines autokratisch regierten Landes mit bürokratischen Hürden ganz anderen Kalibers durchaus vertraut, lässt sich nicht beirren. Nachdem er bereits geahnt hatte, dass die Grenze Bayern und Baden-Württemberg in Sachen Aufenthaltstitel bei einem Umzug eine Hürde sein könnte, beantragte der Mann Mitte August beim Ausländeramt Neu-Ulm ebenfalls eine "Blaue Karte". Weil Liao ahnte, dass es eng werden könnte versuchte er auch gleich persönlichen Termin zu vereinbaren. Die Antwort habe verblüfft, schließlich weiß auch Liao , dass es zwischen Stuttgart und Neu-Ulm sowohl eine Autobahn als auch ein Glasfaserkabel gibt: Es dauere sage und schreibe sechs bis acht Wochen, bis die Akte in Neu-Ulm eintreffe. Und weitere zwei bis drei Monate, um einen Termin zu bekommen. Liao wundert sich nicht, dass die Ausländerbehörde im Google-Rating nur 1,4 von fünf möglichen Sternen erreicht. Zum Vergleich: Ulm bekommt immerhin 3,7. Auch Liaos Berwertung ist wenig schmeichelnd für das Landratsamt: "Sehr unfreundlich und hilflos, ich möchte nur arbeiten."
Ausländerbehörde in Neu-Ulm ist überlastet
Das zuständige Landratsamt Neu-Ulm verteidigt sich. Pressesprecherin Kerstin Weidner verweist auf eine hohe Arbeitsbelastung. Die Ausländerbehörde habe seit Anfang März 2022 bis jetzt über 1400 Personen – meist Menschen aus der Ukraine – registriert. Pro Registrierung sei eine Zeit zwischen 20 und 30 Minuten erforderlich. Das bindet offenbar Kräfte.
Doch zumindest eine Aussage könnte dem Ingenieur Hoffnung machen: Die Ausländerbehörde sei nämlich "stets bemüht", auch bei den genannten Warte- und Bearbeitungszeiten in dringenden Fällen – soweit rechtlich möglich – eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Ein Umzug wie in diesem Falle – also während eines laufenden Antragsverfahrens – sei aber grundsätzlich mit zeitlichen Verzögerungen verbunden. "Erfahrungsgemäß erhalten wir auf Aktenanforderungen bei anderen Ausländerbehörden ab einem Zeitraum von vier Wochen eine Rückmeldung – in Extremfällen kann es aber auch deutlich länger dauern."
So wartet die Neu-Ulmer Fabrik erst mal weiter auf seine Fachkraft. "Ich habe Angst um meinen Job", sagt Liao. Denn er weiß nicht, wie lange sein aus rechtlichen Gründen verhinderter Arbeitgeber gewillt ist, auf ihn zu warten.
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Es ist und bleibt für mich unverständlich, weshalb nachweislich gut ausgebildete und arbeitswillige Fachkräfte dermaßen vom deutschen Michel ausgebremst werden, während andere uns nur auf der Tasche sitzen und unsere Steuergelder beanspruchen. Im Managementunterricht lernt man nach dem ABC Prinzip vorzugehen, also besser selektieren, was sehr wichtig, wichtig und erst mal unwichtig ist!
Manchmal entsteht bei mir ein Bild im Kopf einer Katze die mit einem Wollknäuel spielt und sich immer mehr in den aufgedröseltem Faden verstrickt bis sie sich kaum mehr bewegen kann.