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Neu-Ulm: Weil zu hässlich: Stadt tauscht Christbäume in Pfuhl und Burlafingen aus

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Weil zu hässlich: Stadt tauscht Christbäume in Pfuhl und Burlafingen aus

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    Weil der Baum links offensichtlich mehreren Menschen zu hässlich war, wurde der Christbaum in Pfuhl binnen einer Woche durch einen neuen ersetzt (rechts).
    Weil der Baum links offensichtlich mehreren Menschen zu hässlich war, wurde der Christbaum in Pfuhl binnen einer Woche durch einen neuen ersetzt (rechts). Foto: Michael Kroha

    Er stand noch keine Nacht, da war der Christbaum in Pfuhl schon zum Gesprächsthema im Neu-Ulmer Stadtteil geworden. "Hässlich", "Das kannst nicht bringen" oder "Die Äste nimmt man eigentlich dazu her, um etwas abzudecken" waren Aussagen die an unsere Redaktion herangetragen wurden. Doch auch wenn Geschmäcker oftmals verschieden sind – die Stadt Neu-Ulm, die die Fichte aufgestellt hat, hat inzwischen reagiert. In Pfuhl steht schon ein neuer Baum. Auch ein Dorf weiter, in Burlafingen soll das ebenfalls geschehen. Und das in Zeiten, wo Nachhaltigkeit, Ressourcenverschwendung und Energieknappheit eigentlich ganz großgeschrieben werden. Wie kam es dazu? Und was sagen Naturschützer dazu?

    Nicht nur im Ort, auch in den sozialen Netzwerken gab es recht schnell mindestens eine kritische Nachfrage zum Baum in Pfuhl – gerichtet an die Stadt Neu-Ulm: "Wer hat eigentlich den Weihnachtsbaum für den Ortsteil Pfuhl genehmigt?", heißt es da. Stefan Mayer, Vorsitzender des Pfuhler Vereinsrings, der am Sonntag am Weihnachtsbaum vor dem Alten Rathaus in der Hauptstraße das Adventssingen ausrichtet, habe von der Debatte zwar schon mitbekommen. Gesehen habe er den Baum aber (noch) nicht. Er wird ihn, den vermeintlich "hässlichen" aber auch nicht mehr zu sehen bekommen. Beschäftigte des Baubetriebshofes rückten am Mittwochvormittag an, bauten den alten Baum ab und errichteten gleich einen neuen, wieder eine Fichte. Einer Passantin war das gleich ein Foto wert. Sie sagt, sie hätte auch mit dem alten leben können. Dieser Tage müsse es nicht immer der größte und schönste sein: "Wir leben so im Luxus."

    Auch in Burlafingen wird der angeblich zu kleine Christbaum ausgetauscht

    Die Pfuhler sind mit ihrem Dilemma aber offensichtlich nicht allein. Auch in Burlafingen scheint man nicht zufrieden zu sein. "Kleiner als sonst" wird dort der Baum umschrieben. Und es taucht in den Debatten auch die Frage auf: "Sind das Sparmaßnahmen?" Aufgrund gehäufter Rückmeldungen dieser Art soll in den kommenden Tagen auch hier ein neuer Christbaum her.

    Auch in Burlafingen sind die Menschen mit dem diesjährigen Weihnachtsbaum nicht zufrieden.
    Auch in Burlafingen sind die Menschen mit dem diesjährigen Weihnachtsbaum nicht zufrieden. Foto: Alexander Kaya

    So hat es die Stadtverwaltung entschieden. Dort sei man sich des durchaus sensiblen Themas bewusst. "Weihnachten und Weihnachtsbäume ist für viele emotional", sagt Stadtsprecherin Sandra Lützel. "Wir haben alle schwierige Monate und Jahre hinter uns, da gehört ein Weihnachtsbaum dazu und trägt gewissermaßen zum Seelenheil bei." Da sei es nicht förderlich, wenn die Menschen tagtäglich daran vorbeilaufen und der Baum nicht zur "inneren Zufriedenheit" beiträgt, sondern das Gegenteil auslöst. Was mit den alten Bäumen passiert, konnte sie im Detail nicht genau sagen. Sie wollen aber auf jeden Fall nicht einfach weggeworfen werden, sondern zumindest als Brennholz dienen.

    Aufruf zu Baumspenden: In diesem Jahr kamen weniger als sonst

    Jährlich ruft die Stadt Neu-Ulm dazu auf, dass sich Privatpersonen bei der Verwaltung melden können, die einen Baum im eigenen Garten spenden wollen. In diesem Jahr seien weniger Rückmeldungen wie sonst gekommen, so Lützel. Von insgesamt 19 Bäumen, die im Stadtgebiet errichtet werden, kamen acht aus Privatgärten. Der Rest wurde aus städtischen Wäldern besorgt. Und wie das so in der Natur sehr Sache liegt: Bäume im eigenen Gärten würden aufwendiger gehegt und gepflegt als im Stadtwald. Die Folge: Privatbäume wirken üppiger und oftmals schöner. Wer welchen Baum bekommt, hängt nicht nur vom Spender ab, der oftmals möchte, dass er im eigenen Ort steht. Stichwort: Lokalpatriotismus. Sondern auch von Kriterien wie Stammdicke und der vorhanden Hülse am Aufstellort.

    Wolfgang Döring, Vorsitzender des Bund Naturschutz im Kreis Neu-Ulm, nennt die Angelegenheit ebenfalls ein "schwieriges Thema – auch für unser einen", von dem eigentlich zu erwarten wäre, dass er sich für Nachhaltigkeit und gegen Ressourcenverschwendung ausspricht. "Ich verstehe die Stadtverwaltung und den Bauhof, die da Schwierigkeiten aus dem Weg gehen will", sagt er. Bei Fichten sehe Döring auch weniger ein Problem. Die gebe es in der Region zur Genüge. Schmerzhafter wäre es für ihn bei einer 70 Jahre alten Eiche. Grundsätzlich plädiere er dafür, dass sich Haushalte für einen Biobaum regionaler Anbieter entscheiden, den man vielleicht sogar selber fällen kann.

    In Dresden übrigens sorgt derzeit ebenfalls der Weihnachtsbaum für Aufregung und wird mit Spott überzogen. Bei jener "Schandfichte" wurde gar vermutet, dass es sich um einen recycelten Baum aus dem Vorjahr handelt. Dabei steckt hier ein ernster Hintergrund dahinter. Die Fichte sei ein Abbild dessen, wie es gerade in den sächsischen Wäldern nach zwei Jahren Trockenheit und Waldbränden aussieht, sagte die Stadt dort. Man habe sich bewusst dafür entschieden, regionale Bäume von Sachsenforst zu nehmen, weil es dadurch auch kürzere Transportwege gebe. "Ein kleiner Gnadenhof für die Bäume, die sonst niemand haben will." Am Dienstag wurde die besonders lichte Fichte ausgebessert. "Es wurden Äste angeschraubt, und mit dem weihnachtlichen Schmuck sieht er jetzt schon viel besser aus." Und wie heißt es: Nachts sind ohnehin alle Katzen grau.

    Anmerkung der Redaktion: Es gibt in dieser Angelegenheit einen neuen Sachstand. Der Vereinsring Burlafingen will den Baum behalten. Mehr dazu, lesen Sie hier.

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