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Neu-Ulm: Was alte Gedenksteine uns heute verraten

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Was alte Gedenksteine uns heute verraten

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    Diese Gedenkinschrift an der Pfarrkirche Obenhausen erinnert an die während eines Bombenangriffs in Obenhausen ums Leben gekommene Pfarrhaushälterin und Kinderschwester Maria Scheider.
    Diese Gedenkinschrift an der Pfarrkirche Obenhausen erinnert an die während eines Bombenangriffs in Obenhausen ums Leben gekommene Pfarrhaushälterin und Kinderschwester Maria Scheider. Foto: Ralph Manhalter

    In der Zeit vor der Verbreitung der Massenmedien dienten sie nicht nur der Erinnerung: Epitaphe und Gedenksteine enthielten oftmals ganze Biografien der hiermit geehrten Person. Gar ein ganzes Gedicht widmete sich dem verstorbenen Vöhringer Geistlichen Johann Michael Feneberg. Doch heute werden diese Denkmale kaum mehr wahrgenommen, zumal viele Inschriften überhaupt nicht mehr entziffert werden können. 

    Dieser Problematik war sich auch Kreisheimatpfleger Peter Wischenbarth bewusst, als er es sich zum Vorhaben machte, die gesamten Epitaphe und Gedenkschriften an den äußeren Kirchenfassaden im Landkreis Neu-Ulm zu inventarisieren und somit der Nachwelt zu erhalten. Entstanden ist dabei eine umfangreiche Broschüre mit 310 Seiten, in welcher in durchweg farbigen, hervorragend genauen und detailgetreuen Aufnahmen ebendiese Erinnerung auf Papier gebracht wurde. Der Aufbau erfolgt alphabetisch von der Altenstadter Kirche Maria Geburt bis zu Mariä Verkündigung in Wullenstetten

    Schwierige Recherche: Epitaphe wurden auch umgesetzt

    Zunächst stellt Wischenbarth eine Gesamtaufnahme der Mauerfront zur Verfügung, auf welcher die einzelnen Denkmale bereits nummeriert erscheinen. Im weiteren Verlauf liefert der Autor die exakte Beschreibung mit Maß, Material und Text des Objekts, wenn nötig mit deutscher Übersetzung. Nicht wenige dieser Gedenkinschriften, gerade bei der Geistlichkeit, wurden bis ins 19. Jahrhundert auf Latein verfasst. Nicht alle Steine befanden sich seit ihrer Anfertigung an ihrem aktuellen Platz, so auch das klassizistische Exemplar, das heute als sogenannte Spolie - also ein wiederverwendetes Bauteil - die Friedhofsmauer in Oberfahlheim unterteilt. 

    Ein ganzer Stammbaum klärt über die Familiengeschichte der Freiherren von Ponickau an der Pfarrkirche Osterberg auf. Der damalige Steinmetz könnte einem angesichts der 49 gemeißelten Zeilen schon beinahe leid tun. Was wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, ist die Tatsache, dass doch die allermeisten der Gedenksteine einen würdigen Platz gefunden haben und ihnen bei den letzten Kirchenrenovierungen auch eine pietätvolle Behandlung zugutekam. Dennoch kommt es immer mal wieder vor, dass die Inschriften nicht entziffert werden können, lediglich ein Wappen noch auf den somit posthum Geehrten hinweist. 

    Ältestes erhaltenes Epitaph im Kreis stammt aus dem 15. Jahrhundert

    Das früheste noch vorhandene Epitaph im Kreis befindet sich im Übrigen an der Sakristei-Ostwand der Pfarrkirche von Kellmünz: Eine heute zweigeteilte Platte aus gelbgrauem Tuffstein erinnert an Anna Toberin, Gattin eines Vogtes von Kellmünz. Das Sterbedatum ist mit dem Jahr 1430 angegeben. Der Stein wird unmittelbar darauf angefertigt worden sein. Weshalb dieses Epitaph jedoch in der Mitte einen Schnitt aufweist, erklärt Wischenbarth folgendermaßen: Die Platte wurde einst der Länge nach durchgesägt und die beiden Teile dann als Trittsteine am Friedhofseingang verwendet. Erst 1993 habe man diese bei Ausbesserungsarbeiten entdeckt, der Stein wurde wieder zusammengefügt und am jetzigen Standort aufgestellt. Dieses Beispiel zeigt: Nicht immer war das Bewusstsein für unsere Geschichte vorhanden. Gut, dass es jetzt zumindest bei den Gedenksteinen an den Kirchenfassaden ein Standardwerk gibt.

    Info: Erhältlich ist das Buch "Epitaphe und Gedenkinschriften an äußeren Kirchenfassaden im Landkreis Neu-Ulm" zum Preis von 20 Euro unter der Mailadresse peter.wischenbarth@lra.neu-ulm.de

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