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Steinwurf auf Grünen-Spitzenduo in Neu-Ulm: Ein Ordner über den Abend

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Steinwurf auf Grünen-Spitzenduo: So hat ein Ordner den Abend erlebt

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    Menschen aus dem AfD- und Querdenker-Milieu störten den Auftritt des Grünen-Spitzenduos in Neu-Ulm, ein Stein flog auf die Bühne.
    Menschen aus dem AfD- und Querdenker-Milieu störten den Auftritt des Grünen-Spitzenduos in Neu-Ulm, ein Stein flog auf die Bühne. Foto: Dagmar Hub

    Sie hatten mit Störungen und Pöbeleien gerechnet. "Aber das haben wir nicht erwartet", sagt Arno Görgen. Der Kulturhistoriker ist Mitglied der Neu-Ulmer Grünen und war am Sonntagabend einer von zehn Ordnerinnen und Ordnern beim Wahlkampfauftritt von Katharina Schulze und Ludwig Hartmann – bei jener Veranstaltung, bei der ein Mann einen Stein in Richtung des Grünen-Spitzenduos warf. Der Abend, sagt er, habe bei ihm Erinnerungen an die Anfänge der Nazi-Zeit geweckt.

    Als Kulturhistoriker hat Görgen sich ausgiebig mit der deutschen Geschichte beschäftigt. "Diese Einschüchterungsversuche und der Hass, das erinnert mich an die 30er-Jahre", sagt er. Aggressive Zwischenrufe, Drohungen, das gezielte Stören von Veranstaltungen. All das diene nur dazu, eine andere Meinung zu unterdrücken. Dass nun auch ein Stein auf die Bühne flog, sei eine neue, beängstigende Stufe der Eskalation. Welchem politischen Milieu der 44 Jahre alte Verdächtige angehört, ist nach Angaben der Polizei noch unklar. Aus welcher Richtung die Störerinnen und Störer kommen, steht dagegen fest. Zwar waren offenbar auch Menschen anwesend, die Veranstaltungen der Ulmer Friedenswochen besucht hatten und das Grüne Engagement für Waffenlieferungen in die Ukraine ablehnen. Die Aggressionen aber gingen von Leuten aus, die dem Querdenker- oder AfD-Milieu kommen. Das legen ihre Zwischenrufe und die Aufschriften auf Plakaten nahe.

    Ausschreitung bei Grünen-Wahlkampfauftritt in Neu-Ulm: Ein Ordner erzählt

    Andere Zwischenrufe hatten mit den Inhalten der Reden von Schulze, Hartmann und von Kabarettist Christian Springer nichts zu tun, sondern waren nur beleidigend. Görgen fühlte sich zwischen pöbelndem Geschrei und dem Schrillen der Trillerpfeifen unwohl. Er und andere Ordnerinnen und Ordner hätten mehrere Male Störer und Passanten auseinandergedrängt, die auf diese einwirken wollten. Manchmal hätten sie auch den Sicherheitsdienst oder die Polizei hinzugerufen, erzählt Görgen.

    Unsicher hat sich der Mann als Ordner nicht gefühlt – wegen der Präsenz der Sicherheitskräfte. Und trotz der unangenehmen Erfahrung nimmt Görgen auch eine positive Erkenntnis mit: Es sei nur eine kleine, aggressive Gruppe gewesen. Die Mehrzahl der Menschen habe sich anders verhalten. Habe versucht, die Aggressoren zur Rede zu stellen. In einem Kommentar, den der Grünen-Stadtverband Neu-Ulm am Sonntagabend auf seiner Internetseite veröffentlichte, heißt es "Es ist noch nicht 1933" und "Die Aufrechten sind mehr."

    Stein wird auf Katharina Schulze und Ludwig Hartmann geworfen

    Den Wahlkampf bezeichnet Grünen-Mann Görgen als roh und enthemmt. Er hat seit seinem Beitritt 2019 viele Veranstaltungen erlebt und selbst an Wahlkampfständen das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern gesucht. Immer wieder hätten Menschen die Grünen verbal attackiert und ausufernde Diskussionen voller Vorwürfe beginnen wollen. Die Stimmung nun sei aber heftiger und aggressiver. Menschen wie jenen, die den Abend auf dem Petrusplatz störten, gehe es nur um eines: Ihrem Hass freien Lauf zu lassen.

    Trotzdem kann sich Arno Görgen vorstellen, wieder als Ordner aufzutreten. "Auch wenn es nicht leicht ist, auch wenn man Angst hat. Es hat etwas damit zu tun, dagegen aufzustehen und für etwas einzustehen", sagt er.

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