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Neu-Ulm: So hat Kabarettist Christian Springer den Steinewerfer von Neu-Ulm erlebt

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So hat Kabarettist Christian Springer den Steinewerfer von Neu-Ulm erlebt

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    Vom Auftritt des Kabarettisten Christian Springer in Neu-Ulm fühlten sich manche provoziert. Er beklagt, dass viele Menschen nicht mehr diskutieren, sondern lieber schimpfen wollen.
    Vom Auftritt des Kabarettisten Christian Springer in Neu-Ulm fühlten sich manche provoziert. Er beklagt, dass viele Menschen nicht mehr diskutieren, sondern lieber schimpfen wollen. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    Der Besuch in Neu-Ulm begann für den bekannten Kabarettisten Christian Springer nicht sehr vielversprechend. Am späten Sonntagnachmittag stieg er die Treppen der Tiefgarage unter dem Petrusplatz hoch, er sollte bei der Veranstaltung des Grünen-Spitzenduos für die Landtagswahl reden. Sein Pult und das Manuskript hielt er in den Händen. Er sah erst einmal die Polizeibusse und dachte sich: "Was wird da los sein?" Das merkte er schnell, denn er wurde umgehend von einem angetrunkenen Mann angepöbelt und beschimpft. Es war genau derjenige, der später einen Stein auf die Bühne warf und damit eine Lawine der Empörung auslöste. Ein Einzelfall, sicherlich. Doch Aggression und Gewaltbereitschaft seien mittlerweile sehr ausgeprägt, findet Springer, der in diesem Wahlkampf schon einige Auftritte bestritten hat.

    Christian Springer ist schon für viele Parteien aufgetreten

    Eigentlich ist Christian Springer kein Mitglied der Grünen, er tritt ebenso bei anderen Parteien auf, in diesem Wahlkampf auch für die SPD. Wie er im Gespräch mit unserer Redaktion sagte, habe er aber schon für die CSU, die Freien Wähler, für diverse Verbände und in Schulen gesprochen. Es gehe ihm dabei nicht um Parteipolitik, sondern allgemein um Wertevermittlung: "Ich rede über demokratische Vorgänge und was mir dabei nicht passt." Und so kam er am Sonntag auch nach Neu-Ulm, um vor Katharina Schulze und Ludwig Hartmann zu sprechen. Kaum war er aus der Tiefgarage hochgestiegen und auf den Platz gegangen, wurde er vom späteren Steinewerfer angegangen: "Der hat mich sofort beschimpft. Ich kann mich nicht an alles erinnern, aber es ist mehrfach 'ihr Scheiß-Grünen' gefallen. Er ist auf mein Dialogangebot nicht eingegangen." 

    Kurz nach seinem Auftritt - Springer saß vor der Bühne - sah er ihn aus den Augenwinkeln wieder herannahen: "Ich dachte, da kommst du wieder, du Krakeeler. Ich konnte den Mann nicht mehr aufhalten, dann warf er den Stein, zum Glück sehr schlecht." Der Brocken kullerte über die Bühne, verletzte aber niemanden. Ordner hielten den Störer fest, kurz darauf nahm ihn die Polizei in Gewahrsam. Er soll nach ersten Erkenntnissen der hiesigen Querdenkerszene angehören. "Zehn Minuten später drängte sich wieder jemand zwischen mich und die Bühne", berichtet Springer. Doch die

    Christian Springer hat selbst schon mit Eiern geworfen

    Während des Auftritts von Springer hatte eine Gruppe von Protestierern immer wieder dazwischengeschrien, getrillert und getrötet. Das jedoch findet der Kabarettist nicht schlimm. "Das darf sein, das ist erlaubt! Es stört zwar saumäßig, aber das soll und darf sein." Solche Unmutsbekundungen gehören für ihn zur ganz normalen demokratischen Auseinandersetzung. Er selber war in dieser Beziehung auch kein Engel, wie er einräumt. Als Student hatte er den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß mit zwei rohen Eiern beworfen, ihn allerdings verfehlt. Er wurde angezeigt und flog deshalb von der Uni. Heute, sagt er, würde er so etwas nicht mehr tun. Allerdings seien von Eiern und Tomaten auch keine tödlichen Verletzungen zu befürchten. Doch mit dem Steinwurf von Neu-Ulm "wurde klar eine Grenze überschritten". 

    Ohnehin erlebt er immer wieder Gewaltbereitschaft und Aggressionen, wie er sagt. Er versuche zwar, mit Protestierenden zu sprechen, doch stößt er dabei oft auf taube Ohren. Manche wollen einfach nur schimpfen und trillern, statt zu diskutieren: "Ich war überrascht, was da jetzt hochkommt. Wegen einer Wärmepumpe werden jetzt Steine auf Demos mitgenommen." Ob allerdings der Mann in Neu-Ulm seinen Brocken schon vorher eingesteckt hatte, kann er nur vermuten, denn er habe nicht gesehen, wie er ihn aufhob.

    Springer will sich nicht ins Bockshorn jagen lassen

    Der Münchner Kabarettist will sich auf jeden Fall nicht ins Bockshorn jagen lassen: "Ich mache weiter", versichert er, "man muss jetzt Flagge zeigen." Allerdings räumt er ein, ratlos zu sein, wenn es darum geht, wie sich die wachsende Aggression in der Gesellschaft bekämpfen lasse. "Es wäre einfacher, wenn es eine Pille dagegen gäbe." Die Leute wollten halt einfache Lösungen, "doch Demokratie ist kein Instrument für einfache Lösungen, sie ist zäh, man muss Kompromisse finden". Sein Appell: "Wir sollten nicht versuchen, einen anderen zu erschlagen, weil er eine andere Meinung hat. Lasst uns lässig sein und unsere eigene Doofheit besser ertragen."

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