Es ging teilweise hoch her am Donnerstagabend in der fast vollbesetzten Burlafinger Iselhalle. Bei der Infoveranstaltung der Stadt Neu-Ulm zum Bau der neuen ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg ließen Vertreter der Stadtverwaltung erstmals durchblicken, dass sie die violette Variante, also eine Erweiterung der Bestandsstrecke, als am geeignetsten ansehen. Sie hätte die meisten Vor- und die wenigsten Nachteile. Die Folge dessen aber wäre, dass künftig vier statt zwei Gleise durch Burlafingen gehen. Bewohner des Neu-Ulmer Stadtteils reagierten darauf verärgert. Die Mehrheit der Versammlung scheint das abzulehnen.
Die Neuheit des Abends überbrachte Markus Krämer, der Leiter des Dezernats Umwelt und Bauen, in Übereinstimmung mit Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) und Jörg Oberle, dem Leiter der Abteilung Stadtentwicklung. Es gebe zwar noch "Unsere Tendenz als Planer", so Krämer, "geht zur Durchfahrung von Burlafingen. Dies zeigt gegenüber den anderen Varianten Vorteile". Erforderlich dafür seien optimaler Schallschutz, ein städtebauliches Konzept, der Erhalt der Adenauerstraße mit einer innerörtlichen Bahnquerung, Erhalt der Fuß- und Radwegeunterführung, die Einrichtung eines innerörtlichen Bahnhaltepunkts und der Erhalt der Nahversorgung. Es gebe zwar noch eine alternative violette Trasse, die Burlafingen südlich umfährt. Die aber bringe Nachteile vor allem in Sachen Flächenverbrauch und Landschaftsschutz mit sich.
Planung zum Projekt Ulm-Augsburg befindet sich aktuell im Raumordnungsverfahren
Krämer aber machte schon zu Beginn klar, dass sich bei der Planung bislang "nichts weiter" getan hat. Das Projekt befinde sich im Raumordnungsverfahren. Bei diesem sind Kommunen, also auch die Stadt Neu-Ulm, noch bis Ende Oktober zu Stellungnahmen gegenüber der Regierung von Schwaben aufgefordert. Nach deren Eingang kommt es zur Abwägung und zur Beurteilung. Fest stehe, dass das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens gerichtlich nicht anfechtbar ist.
Obwohl bei vorangegangen Veranstaltungen eigentlich schon deutlich geworden war, dass ein Trog durch Burlafingen - noch dazu ein überdachter - aus finanziellen Gründen nicht in Frage käme, forderte ein Besucher genau das. Von Burlafingern gab es dafür viel Beifall. Als andere gute Möglichkeit wurde jene Trasse südlich von Burlafingen genannt. Kurze Aufregung gab es, als ein Burlafinger Bürger Markus Krämer recht heftig anging: "Herr Krämer, was Sie sagen, stimmt alles nicht. Sie zerstören Burlafingen." OB Albsteiger interventierte: "Bitte nicht persönlich werden, das ist nicht fair." Danach verlief die zweieinhalbstündige Versammlung wieder in geordneten Bahnen.
Neue ICE-Trasse Ulm-Augsburg: Menschen in Burlafingen macht der Lärm zu schaffen
Zu schaffen macht den Burlafingerinnen und Burlafingern offensichtlich der zu erwartende Lärm, egal ob die Strecke innerorts oder südlich verläuft. Dabei gehe es nicht nur um Lärm durch die einmal vermehrt fahrenden Züge, sondern auch um Lärm während der jahrelangen Bauzeit. Krämer und Oberle hielten entgegen, dass bei einer Durchfahrung von Burlafingen erheblich besserer Lärmschutz angebracht werde als sonst. Es solle sogar leiser werden. Bei einer südlicheren Neubautrasse sei der Ort doppelt belastet.
Zwei Burlafinger sagten, sie hätten das Gefühl, die Trasse durch Burlafingen sollte "an die Bürger verkauft" werden, die Stadt habe sich eigentlich schon für diese Strecke entschieden. Dem widersprach die in Burlafingen wohnende Oberbürgermeisterin. Albsteiger sagte, wenn die Stadt keine Variante empfehle, könne sie auch keine Forderungen stellen. Ein Besucher erntete großen Beifall, als er sagte: "Vier Gleise durch Burlafingen sind unvorstellbar. Die türkise Strecke ist die einzig wahre." Die würde südlich von Burlafingen verlaufen.
Was wird aus dem Bahnhalt für Burlafingen?
Diskussionen gab es auch um einen Bahnhalt im Ort. Albsteiger dazu: "Ein solcher ist bei allen vier Trassenvarianten möglich. Wir machen uns für einen solchen schon lange stark." Ein Steinheimer blickte mit gewissem Sarkasmus auf das Projekt: "Früher gab es Diskussionen um die Gasleitung – und sie kam. Dann gab es Diskussionen um die Autobahn – und sie kam. Dann gab es welche um die B10 – und sie kam auch. Und das wird für uns bei der Bahn genauso sein." Angesprochen wurde zudem, dass die bereits bestehende Trennung von Burlafingen in Süd und Nord durch die violette Trasse verstärkt werde.
Die Vertreter der Stadt nahmen alle Anregungen auf, wobei Krämer zu bedenken gab: "Die Entscheidung für eine Trasse richtet sich nicht nach dem Neu-Ulmer Votum. Für uns geht es aber darum, bei welcher Strecke es für Neu-Ulm den größten Nutzen und den geringsten Schaden gibt."