Die Deutsche Bahn hat eine ganze Reihe von Ordnern bei der Regierung von Schwaben abgegeben, wie Neu-Ulms Stadtbaudirektor Markus Krämer am Donnerstagabend im Stadtrat berichtete. Nun wartet die Stadtverwaltung auf die Gelegenheit, die Unterlagen zum Bahnprojekt Ulm–Augsburg einzusehen. "Da gibt es jetzt mehr als nur farbige Striche in der Landschaft", kündigte Krämer an. Für manche Orte an der Route ist klar, welche Variante aus der eigenen Sicht gut oder schlecht ist. In Neu-Ulm ist die Lage komplizierter. Dennoch wollen Krämer und sein Team die bestmögliche Lösung finden. Doch was ist überhaupt drin?
Reinhard Junginger (CSU) machte Druck: "Wir können das nicht vor uns herschieben." Der Stadtrat solle Position beziehen und sich für die verträglichste Variante aussprechen. Zweiter Bürgermeister Johannes Stingl (CSU) zählte drei Punkte aus, die aus seiner Sicht zwingend auf die Wunschliste an die Deutsche Bahn müssen: bestmöglicher Schallschutz, kleinstmöglicher Flächenverbrauch und ein Haltepunkt für die Regio-S-Bahn in Burlafingen. Aber da geht es ja schon los: Viel mehr als eine Wunschliste kann die Stadt nicht abgeben, bei der Entscheidung über die Trasse darf sie nicht mitreden. Roland Prießnitz (Freie Wähler) mahnte, man müsse realistisch bleiben: "Wir wissen, dass die Bahn nur das gesetzlich Vorgeschriebene macht. Alles andere muss die Kommune selbst zahlen."
OB Katrin Albsteiger: Interessen von ganz Neu-Ulm berücksichtigen
Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger meinte, Stadtrat dürfe nicht nur an Neu-Ulm denken. Mehrere Kommunen haben sich bereits positioniert, darunter Nersingen. "Wir sollten auch zuerst unsere Meinung bilden", sagte die CSU-Politikerin. "Aber am Ende sollte man sich irgendwie zusammenraufen, sonst gibt es viele Verlierer." Viele seien betroffen, niemand werde alles erreichen können. Das gilt auch innerhalb des Stadtgebiets. "Ich weiß, dass das diskutiert wird. Aber es geht nicht nur um Pfuhler oder um Burlafinger Interessen. Wir müssen auf die ganze Stadt schauen." Da ringe man noch mit sich.
So wie die bislang bekannten Trassenvorschläge aussehen, wird entweder der Stadtteil Burlafingen oder das landschaftlich wertvolle Pfuhler Ried durch die neue schnelle Bahnstrecke beeinträchtigt. Im schlimmsten Fall sogar beides? Das fürchtet Erich Niebling (CSU). "Burlafingen wird praktisch kaputtgemacht", warnte er. Niebling sorgt sich vor massiver Lärmbelastung, denn den erhofften Tunnel durch den Stadtteil werde es aus Kostengründen nicht geben. Für die Route müsse aber auch die Adenauerstraße zur B10 und in Richtung Steinheim gekappt werden. Das mache eine Umgehungsstraße nötig, die das Pfuhler Ried zwangsläufig durchschneide. "Ein Schildbürgerstreich", fand Niebling. Unterstützung bekam er von Walter Zerb (Grüne) und Karl-Martin Wöhner (Bürgerliste). "Wir müssen eine verträgliche Lösung finden. Es ist nicht sinnvoll, gewachsene Strukturen zu massiv verändern", meinte Zerb. Wöhner forderte, nicht nur die Fahrzeit müsste schnell sein, auch die Bauzeit. Er warnte davor, dass die Grundstückspreise im bebauten Gebiet viel höher seine, das spreche gegen die Trasse durch Burlafingen. Thomas Ott (CSU) warnte vor dem Szenario einer Trasse durch Burlafingen ohne Regio-S-Bahn-Halt dort: "Das wäre eine Katastrophe für den Ort."
Stadtrat von Neu-Ulm will Position zum Bahnausbau Ulm–Augsburg beziehen
Rudolf Erne (SPD) hält die Burlafinger Strecke für sinnvoll: "Wir sollten nicht nur die Hektar anschauen, sondern auch die Flächen, die unwiderruflich zerschnitten werden, und die Landschaften, die unwiederbringlich verloren gehen." Wenn schon kein Tunnel durch den Stadtteil möglich sei, dann vielleicht wenigstens eine Einhausung aus Schallschutzwänden mit einem Deckel. Daran wollte Freie-Wähler-Mann Prießnitz nicht glauben: Die Bahn werde das nicht bezahlen. Er forderte, realistische Forderungen aufzustellen und auch der Bevölkerung ehrlich zu sagen, was möglich sei und was nicht.
Stadtbaudirektor Krämer schlug vor: Zuerst wolle man bei der Bürgerinformationsveranstaltung in Burlafingen erfahren, was die Menschen bewege. Dann wolle die Verwaltung alle Planungsunterlagen sichten und anschließend dem Stadtrat vorschlagen, welche Trasse für Neu-Ulm am besten zu sein scheine. "Wir verpassen nichts, wenn wir alles in einer Stellungnahme bündeln", meinte er. Der Stadtrat stimmte diesem Plan bei einer Gegenstimme zu.