Als die beiden Leiterinnen der Stadtbücherei Neu-Ulm ihre Jahresbilanz präsentierten, vor dem Ausschuss für Schulen, Kultur, Sport und Soziales, da ernteten sie gleich vorweg ein Kompliment. „Die Doppelspitze hat sich sehr bewährt“, sagte Ralph Seifert, der Leiter des Neu-Ulmer Kultur-Dezernats. Michaela Horak und Stephanie Schütz leiten seit 2018 die Bibliothek am Heiner-Metzger-Platz – und verbuchen beachtliche Erfolge. Die Besucherzahlen steigen, das Interesse an der Online-Ausleihe wächst. Ein Blick auf die Bilanz erklärt, woher der Aufschwung kommt und was die Doppelspitze Neues plant.
Die Stadtbücherei ist sichtbarer geworden. Große Buchstaben kleben jetzt an den Fenstern zur Straße, als Werbung für den Bibliotheksbesuch. Aber das ist wohl nicht der einzige Grund, warum 2019 mehr Menschen die Bücherei besucht haben als noch im Jahr zuvor. Horak und Schütz bieten viel Programm: Die Zahl der Kulturveranstaltungen für Erwachsene in der Bücherei hat sich verdoppelt. Die Zahl der jungen Besucher, die an den Kinderveranstaltungen teilgenommen haben, hat sich sogar verdreifacht. Sie besuchten Vorlesestunden mit Lesepaten, Bilderbuchkinos oder auch das japanische Erzähltheater Kamishibais.
Die Geschmäcker der Menschen ändern sich
Die Wünsche und Geschmäcker der Bücherfreunde wandeln sich allerdings, auch das zeigt die Bilanz der Bücherei für das Jahr 2019: Das Interesse an der Ausleihe im Netz, an der „Onleihe“, stieg deutlich an, von 18300 auf fast 20500 Ausleihen. Die Bilanz der direkten Ausleihen vor Ort sank dagegen um etwa sechs Prozent, wie schon im Jahr zuvor. Ein Trend, der sich wohl fortsetzen wird, wenn die Digitalisierung mit E-Books und Neuen Medien weiter Fahrt aufnimmt.
Die Bücherei erlebt auch einen personellen Wandel: Im Herbst mussten wegen Ruhestand und Weggang zwei Stellen ausgeschrieben werden. Für die Vollzeit-Stelle eines Bibliothekars fand sich jedoch auch nach einer weiteren Ausschreibung kein geeigneter Kandidat. Der Grund: Fachkräftemangel. Im Frühsommer will die Bücherei weiter nach Verstärkung suchen. In der Zwischenzeit konnten zumindest Praktikantinnen einen Einblick in den Arbeitsalltag der Bibliothek gewinnen. Auch das lässt sich als eine Investition in die Zukunft betrachten, als Werbung für diesen Beruf.
Zuwachs auf vier Pfoten für die Bücherei
Ein weiterer personeller Zuwachs für die Bücherei befindet sich gerade noch im Training, besucht wöchentlich eine Schule – und bewegt sich auf vier Pfoten: ein Hund. Der speziell trainierte Lesehund „Anuk“ soll den Bereich der Leseförderung für Kinder unterstützen. Die Kinderbibliothekarin Julia Schmid möchte im nächsten Jahr neue, kreative Projekte mit dem Tier umsetzen. „Im Herbst wird Anuk zum Therapiehund ausgebildet“, erklärt Stephanie Schütz.
Auch eine „Bücherei der Dinge“, wie sie die Stadtbibliothek Ulm gerade erst eröffnet hat, soll in der Neu-Ulmer Bücherei entstehen. Gestartet wird mit einer kleinen Auswahl an Gegenständen, die nur selten benötigt werden – zum Beispiel kleines Werkzeug, Sport- und Spielgeräte, Handarbeitsutensilien. Die Bücherei will diese Dinge zur Ausleihe anbieten und damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.
„Eine moderne Bibliothek von heute ist Treffpunkt, Aufenthaltsort, Lernort und auch immer mehr ein Arbeitsort“, betonte Ralph Seifert in der Ausschusssitzung. „Das ist die Zukunft der Bücherei.“ Und ein Stück Zukunft steckt auch in den „Bee-Bots“, mit denen die Stadtbücherei arbeitet. Bee-Bots sind Mini-Roboter, die man einfach programmieren und lenken kann. Kinderleicht funktioniert das – die allerjüngsten Besucher der Bücherei, ab vier Jahren, können mit diesen Robotern spielerisch vieles lernen. „Wir sind nicht nur eine Bücherei, sondern auch ein Lernort“, erklärte Stephanie Schütz. Und Spaß soll ein Büchereibesuch natürlich auch bereiten.
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