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Neu-Ulm: Letzter Tag im Golden Tulip: Kommt jetzt ein Stundenhotel nach Neu-Ulm?

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Letzter Tag im Golden Tulip: Kommt jetzt ein Stundenhotel nach Neu-Ulm?

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    Bis 2011 hieß das Hotel an der Donau Mövenpick. Dann wechselte der Namen in Golden Tulip. Die Zukunft ist ungewiss.
    Bis 2011 hieß das Hotel an der Donau Mövenpick. Dann wechselte der Namen in Golden Tulip. Die Zukunft ist ungewiss. Foto: Helmstädter

    Der letzte Gast verließ um drei Minuten nach elf am Mittwochvormittag das Golden-Tulip-Hotel in Neu-Ulm. Sämtliche Versuche des Insolvenzverwalters Jochen Eisenbeis, den Betrieb fortzuführen, scheiterten. „Das ist extrem unbefriedigend und jammerschade“, sagt der Anwalt am Mittwoch in der Lobby des Hotels. Denn bis zuletzt hoffte er, ein Übernahmeangebot eines bekannten regionalen Gastronomen werde von dem Inhaber der Immobilie angenommen. Der Inhaber des Hotel-Gebäudes an der Donau führte ausgewählte Mitarbeiter des Golden Tulip in sein Hotel nach Dortmund - dort bekamen sie Eindeutiges zu sehen.

    Anter-Group hätte Geld mit Verkauf des Hotels in Neu-Ulm verdient

    Doch der Anter-Group waren die gebotenen 10,5 Millionen Euro offenbar zu wenig. Und das, obwohl sie angeblich vor zwei ahren nur 7,5 Millionen Euro für das 240-Betten-Hotel mit 50 Angestellten bezahlt hatte. Wir arbeiten aktuell an einem nachhaltigen Konzept“, lässt Taylan Anter, der für die strategische Weiterentwicklung der Anter-Group zuständig ist, auf Anfrage mitteilen. Und gibt sich weiter äußerst zugeknöpft: „Ich möchte Sie bitten, von weiteren Anfragen abzusehen.“ Fragen zu diesem Konzept bleiben also unbeantwortet.

    Einen Kommentar dazu lesen Sie hier: Golden Tulip: Was Neu-Ulm bleibt, sind nur Träume

    Im einzigen bestehenden Hotel der Gruppe, dem Dortmunder „Stays“, durfte jüngst ein Grüppchen aus Neu-Ulm dieses Konzept besichtigen. Die erste Assoziation, die Insolvenzverwalter Eisenbeis in den Kopf schoss: ein Puff. In der Tat lassen sich die Zimmer auch tagsüber mieten: von zehn bis 16 Uhr im Superior-Zimmer etwa für 80 Euro. Die Flasche Champagner kostet extra, kann online gleich aber für 69 Euro dazugebucht werden. Die Zimmer haben Namen wie „Moulin Rouge“ oder „Cleopatra“. Viele Zimmer sind mit Pole-Dance-Stangen und goldenen Whirlpools ausgestattet.

    Sadomaso-Erotikfilm „Fifty Shades of Grey“ als Vorbild im Hotel in Dortmund

    Die „Wellness de luxe Suite“ namens „Shades of Stay” nimmt nicht nur dem Namen nach Anleihen an den Sadomaso-Erotikfilm „Fifty Shades of Grey“. Ketten am Bett lassen Raum für Fesselspiele. Die Noch-Direktorin Angelika Knoedel schaute sich das „Stays“ in Dortmund auf Einladung an. Und habe am liebsten gleich wieder abreisen wollen. „Ich bin auf keinen Fall an Bord. Dafür bin ich zu lange in der klassischen Hotellerie zu Hause.“ Knoedel, die vor acht Jahren das Haus in Neu-Ulm übernahm, spricht von einem sehr traurigen Tag für ihr Team.

    Das sagt Neu-Ulms OB Katrin Albsteiger zum Fall Golden Tulip

    Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger hält sich mit einer Bewertung der Pläne zurück: „Ich bedaure es, dass das Hotel schließt. Nicht nur für die Stadt, für die das Golden Tulip in gewisser Weise prägend war, sondern auch für die Menschen, die dort gearbeitet haben und sich nun mit einer neuen Herausforderung konfrontiert sehen.“

    Mit dem Mittwoch endete die dreimonatige Frist, in der die Mitarbeiter Insolvenzausfallgeld erhielten. Der Insolvenzverwalter musste deshalb allen Mitarbeitern kündigen und sie ab 1. Oktober freistellen, damit sie Arbeitslosengeld beziehen und sich Job suchend melden können. Denn mangels Masse könnten die Gehälter unabhängig von Kündigungsfristen nicht weiterbezahlt werden. Pächter des Hotels war die nun zahlungsunfähige „MAH Neu-Ulm Hotelbetriebsgesellschaft mbH“ mit Sitz in Neu-Ulm. Im April 2011 hatte die heutige Inhaberin die Bewirtschaftung des vorherigen Mövenpicks mit dem Verkauf der Immobilie übernommen. Besitzer des Hotels und möglicher neuer Betreiber ist die Anter-Group aus Düsseldorf. Dahinter stehen die drei Brüder Taylan und Dorsun Anter sowie Filofoz Yigit.

    Fühlt sich machtlos im Golden Tulip: Obwohl der Insolvenzverwalter ein schriftliches Angebot einer Übernahme des Hotels vorlegen konnte, schlugen die Immobilienbesitzer das Angebot aus.
    Fühlt sich machtlos im Golden Tulip: Obwohl der Insolvenzverwalter ein schriftliches Angebot einer Übernahme des Hotels vorlegen konnte, schlugen die Immobilienbesitzer das Angebot aus. Foto: Helmstädter

    Vor einiger Zeit seien die Gespräche ins Stocken gekommen, bis beide Beteiligte überhaupt nicht mehr mit ihm gesprochen hätten, so Eisenbeis. Dem Vernehmen nach soll das Haus nun umgebaut werden. Ab wann und wozu konnte der Anwalt nicht sagen. Vor der Krise lagen die monatlichen Fixkosten des Hotels bei 300.000 Euro, davon je ein Drittel Gehälter und Pacht. Zudem belastet das Hotel ein Investitionsstau.

    Vor diesem Hintergrund kann sich Eisenbeis nicht erklären, warum das Kaufangebot von der Anter-Group abgelehnt wurde. Im Gespräch als ein möglicher Käufer war, wie berichtet, neben Ernst Prost auch zuletzt der Ulmer Gastronom Eberhard Riedmüller.

    Fesselmöglichkeiten an den Betten und Pole-Dance-Stangen und Pole-Dance-Stangen

    Dass ein Konzept mit frei stehenden goldenen Badewannen, Fesselmöglichkeiten an den Betten im Ruhrgebiet funktionieren kann, könne sich Eisenbeis vielleicht noch vorstellen. Doch für ein 240-Betten-Hotel in Schwaben sei das kein tragfähiges Konzept. Zumal die Corona-Pandemie ohnehin zu Verwerfungen auf dem gesamten Hotelmarkt geführt habe, sei ein Neubeginn einer vergleichsweise unerfahrenen Gruppe grundsätzlich wenig Erfolg versprechend.

    Ausgedient: Im Golden Tulip bleiben die Zimmer leer.
    Ausgedient: Im Golden Tulip bleiben die Zimmer leer. Foto: Helmstädter

    Auf der Hand liegt auch, dass der Immobilienbesitzer einen Betriebsübergang verhindern will. Denn so müsse er sich nicht an laufende Arbeitsverträge und Tarifvereinbarungen halten. Auch das kann Eisenbeis nicht nachvollziehen: Ein eingespieltes Mitarbeiterteam sei ein Vermögenswert. Die Mitarbeiter sind weg, die Einrichtung wird in weiten Teilen Eigentum der Anter-Group. Nur die Vier-Sterne-Klassifizierung des Hotelverbandes aus Messing nimmt die Noch-Direktorin neben unzähligen Ordnern lieber mit. Am kommenden Montag, 5. Oktober, wird laut Eisenbeis die Anter-Group die Schlüssel des Hotels in Empfang nehmen.

    Zukunft des Restaurants Edwin's ungewiss

    Die Zukunft des Restaurants ist ungewiss: Die Stadt Neu-Ulm sei bereits auf der Suche nach einem neuen Pächter fürs „Edwin’s“, das am Mittwochabend ebenfalls seine Türen schloss. Die letzte Reservierung im Restaurant an der Donau passte ins Bild: eine Trauergesellschaft.

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