Wohin mit der neuen ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg? Auch wenn die Entscheidung am Ende woanders gefällt wird, die Neu-Ulmer Stadtverwaltung hat inzwischen einen Favoriten: Die Bestandsstrecke durch Burlafingen soll ausgebaut werden. Statt zwei sollen künftig vier Gleise durch den Ort. Doch das kommt dort bei vielen überhaupt nicht gut an. Warum also gerade diese Variante? Neu-Ulms Stadtbaudirektor Markus Krämer erklärt die Beweggründe.
Als Hauptgrund gibt er an, dass bei einem Ausbau der Bestandsstrecke "die geringsten Beeinträchtigungen" im Vergleich zu allen anderen Varianten entstehen. Bei einer Durchfahrung von Burlafingen fände demnach kein zusätzlicher Landschaftsverbrauch statt. Zudem würden keine weiteren Flächen zerschnitten oder sensible Bereiche beeinträchtigt oder gar zerstört werden. Zum gleichen Ergebnis und zur gleichen Empfehlung sei auch der Regionalverband Donau/Iller gekommen. Die türkisfarbene Variante, also durchs Pfuhler Ried und an Steinheim vorbei, bringe demnach die meisten Nachteile.
Neue ICE-Trasse durch Burlafingen? Lärmschutz soll danach besser sein als davor
Eine südliche Umfahrung Burlafingens komme unter anderem aufgrund der dortigen Wasserläufe von Landgraben und Feldgraben nicht in Betracht. "Die sorgen schon jetzt für Hochwasser. Danach würde es erst recht kritisch werden, wenn man weitere Durchschneidungen macht", so Krämer.
In puncto Lärm beziehungsweise Lärmschutz ist der Stadtbaudirektor überzeugt, dass es in Burlafingen nach dem Bau der zwei zusätzlichen Gleise sogar "leiser als bisher" wird. Lärmschutzwände entlang der Bestandsstrecke sollen zwar schon in Bälde kommen, voraussichtlich 2025. Der Lärmschutz, der beim Ausbau durch die neue ICE-Trasse erfolgen würde, wäre aber wegen der höheren Anforderungen deutlich wirksamer. Laut Krämer soll der Lärm dadurch halbiert werden.
Passen vier Gleise überhaupt durch Burlafingen? Ja, sagt Neu-Ulms Stadtbaudirektor
Aber passen vier Gleise überhaupt durch Burlafingen? Ja, sagt der Stadtbaudirektor. Allerdings unter gewissen Voraussetzungen. Die bisherigen Vorhaben der Bahn sehen vor, dass die beiden neuen Gleise nördlich der Bestandsstrecke verlaufen sollten. Würde man das so realisieren, müsste die Adenauerstraße wohl weichen. Und auch für den Aldi-Supermarkt sowie den Finkbeiner-Getränkemarkt würde es knapp werden.
Die Stadtverwaltung aber will dem Stadtrat sowie der Deutschen Bahn eine andere Empfehlung unterbreiten, die "funktionieren dürfte", so Krämer. Angedacht sei, dass von den zwei neuen Gleisen nur eines nördlich und das andere südlich der Bestandsstrecke gebaut wird. Wenn dann das nördliche der beiden schon existierenden Gleise technisch so ertüchtigt wird, dass dort Schnellzüge fahren können, seien die Vorgaben der Bahn wieder erfüllt, so Krämer. So könnten nach bisherigen Berechnungen die Nahversorger bestehen bleiben. Auch die Adenauerstraße bliebe, müsste jedoch etwas nach Norden verlegt werden und rücke damit an Grundstücksgrenzen heran. Enteignungen aber seien auf dieser Seite der Zugstrecke nicht notwendig.
Neue ICE-Trasse: Zwei Häuser in Burlafingen Süd stehen "schwierig"
Auf der anderen Seite aber, in Burlafingen Süd, stehen zwei Häuser "schwierig", so Krämer. Es handle sich um die Gebäude des alten Burlafinger Bahnhalts. Die müssten zurückerworben werden. "Nicht erfreulich für den Eigentümer." In der Gesamtabwägung wäre das aber vertretbar, so der Stadtbaudirektor. Die Brücke über die Adenauerstraße müsste neu gebaut werden. Machbar, aber wohl deutlich teurer wäre hier laut Krämer auch eine Unterführung unterhalb der Zugstrecke.
Einen oft diskutierten Trog oder eine Tieferlegung der Zugstrecke hält er indes für "nicht wirklich interessant". Der ist "extrem teuer" und aufgrund des Grundwassers schwer umsetzbar. Zudem müsste beim Bau vermutlich die Strecke Ulm–Augsburg über einen Zeitraum von circa zwei Jahren stillgelegt werden. Auch der Lärmschutz sei im Vergleich zu Lärmschutzwänden weniger effektiv, so Krämer.
"Den Behörden wird zunehmend misstraut und nicht geglaubt"
Der Bau der viergleisigen Trasse samt Bahnhalt bei leichter Verschiebung der Adenauerstraße nach Norden gilt demnach als möglich und die geeignetste Variante. "Wir empfehlen das und schlagen dem Stadtrat vor, dass die Bahn das fachlich prüfen soll. Wir sind uns ziemlich sicher, dass das geht." Am 8. November wird sich der Stadtrat damit befassen. Dass der Vorschlag der Verwaltung im Ort auf Ablehnung stößt, erklärt Krämer damit, dass die meisten Menschen einfach keine Veränderung wollen und diese immer Befürchtungen auslöst. Zudem werde eine fachliche Argumentation und Begründung oftmals nicht wirklich angehört und verstanden. "Den Behörden wird zunehmend misstraut und nicht geglaubt", so Krämer.