Wie groß das Interesse der Bürger und Bürgerinnen am Bahnprojekt Aus- beziehungsweise Neubau der Strecke zwischen Ulm und Augsburg ist, zeigte sich am Dienstagabend in der Burlafinger Iselhalle. Nicht nur, dass die Interessierten die große Halle nahezu füllten, viele von ihnen griffen auch zum Mikrofon, um insbesondere an den informierenden Gesamtprojektleiter Markus Baumann (DB-Netze) Fragen zu stellen oder mit Statements aufzuwarten. Dabei gab es auch etwas böses Blut.
Als der Vertreter der Bürgerinitiative beklagte, dass die Bürger bei der Planung nicht genug beteiligt und nicht ernst genommen würden, wies ihn Baumann zurecht: "Der Vorwurf, wir würden nicht auf die Bürger zugehen, ist eine Frechheit. Nirgendwo wird in Bayern mehr auf die Bürger zugegangen als bei diesem Projekt."
Nersingen und Pfuhl - zwei weitere betroffene Gegenden
Auffällig war bei der Versammlung, dass sich die Burlafinger bei der Frage nach der besten Trasse eher gegen die von den Nersingern und Pfuhlern bevorzugte violette Variante, die sich von Ulm ausgehend erst einmal an der Bestandsstrecke orientiert und durch Burlafingen führt, wandten, sondern eine Variante südlich von ihrem Stadtteil bevorzugen. Offensichtlich, das wurde bei Wortbeiträgen von Bürgerinnen und Bürgern, die mit viel Beifall bedacht wurden, deutlich, sehen die Burlafinger den Schutz des Pfuhler Rieds mit seiner Tierwelt und Naherholungsgebiet als nicht so bedeutsam an.
Eine Frau erklärte bezogen auf die Einwohner Burlafingens: "Man muss den Schutz des Menschen genauso sehen wie den der Tiere." Ein anderer: "Besser, die Trasse geht durchs Pfuhler Ried, als dass in Burlafingen alles kaputt gemacht wird." Eine Trasse durchs Pfuhler Ried bezeichnete Baumann als eher unrealistisch: "Wir bekommen von der Regierung Schwabens sicher den Bescheid, dass das Pfuhler Ried unantastbar ist." Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger wandte ein: "Es gibt keinen geschützten Begriff Pfuhler Ried. Wo endet es?"
Albsteiger: Es gibt keine ICE-Trasse, mit der alle zufrieden sind
Zunächst hatte Markus Baumann gegenüber Albsteiger, Stadtbaudirektor Markus Krämer und den anwesenden Bürgern und Bürgerinnen das Bahnprojekt noch einmal höchst ausführlich mit allen Vorgaben, die erfüllt werden müssen, präsentiert und darauf hingewiesen, dass der Deutsche Bundestag der Auftraggeber sei und letztlich die Entscheidung treffen würde, auf welcher Trasse als der geeignetsten der Bau erfolgen soll. "Wir müssen als Stadt verschiedene Interessen berücksichtigen", sagte Albsteiger. "Die Kommunen werden beim Raumordnungsverfahren gehört. Natürlich gibt es diverse Nutzungskonflikte." Die Oberbürgermeisterin wies nachdrücklich darauf hin, dass es nicht eine allein selig machende Variante gebe. Dem fügte Markus Baumann an: "Alle Trassen haben Vor- und Nachteile."
Im Fokus des Abends stand bei den Besuchern und Besucherinnen nicht unbedingt das gesamte Projekt, sondern speziell, wie sich der Ausbau der Bahnstrecke auf Burlafingen auswirkt. Dem Vorschlag eines Bürgers, die Bahn in einem Trog oder Tunnel durch Burlafingen zu führen, hielt Baumann entgegen, dass dies unter anderem Mehrkosten in Höhe "von 260 bis 310 Millionen Euro" verursachen würde und immer noch 140 bis 190 Millionen, wenn nur die Gleise für die Fernzüge tiefer gelegt würden. Es müsse aber wirtschaftlich gebaut werden. "Die Nutzen-Kosten-Rechnung muss passen", so Baumann. "Der volkswirtschaftliche Nutzen muss größer sein als die Kosten, nur dann kann das Projekt umgesetzt werden."
Wo die Burlafinger beim Bahnprojekt der Schuh drückt
Klar ist auch nach Aussage des Fachmanns, dass die Adenauerstraße Richtung Süden verlegt werden muss, falls die dann um zwei Gleise erweiterte Bestandsstrecke durch Burlafingen führt. Der eine oder andere in der Halle sah auch das Problem, dass in diesem Fall während der jahrelangen Bauzeit die Verbindung vom Süd- zum Nordteil des östlichen Neu-Ulmer Stadtteils durchbrochen sei. Dazu meinte Markus Krämer, man könne eine Behelfsbrücke einsetzen. Klar sei, so Baumann, dass es gewisse Lärmbelästigungen geben werde: "Es gibt kein Gesetz, das einen vor Schienenlärm schützt." Aber es gibt Berechnungen der Geräuschbelastung und Werte, die nicht überschritten werden dürfen.
Der Schuh drückt die Burlafinger bezüglich des Bahnausbaus an mehreren Stellen und dies umso mehr, als Markus Baumann erklärte, die neue Strecke könne erst Mitte der 2030er-Jahre in Betrieb genommen werden. Markus Krämer sprach sich auch im Namen der gesamten Stadtverwaltung bei allen auftauchenden Problemen generell für das Projekt aus: "Es muss mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene kommen. Wir müssen etwas für den Klimaschutz tun. So wie bisher kann es nicht weitergehen." Und Katrin Albsteiger versprach am Ende: "Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir über das Projekt reden."