Die meisten Menschen können mehr, als sie sich zutrauen. Das will das Kindermuseum im Edwin Scharff Museum seinen Besucherinnen und Besuchern zeigen, und zwar nicht nur den Kindern, sondern allen. Ende Oktober eröffnet die erste komplett selbst konzipierte und gestaltete Ausstellung des Hauses. Auf der Baustelle erfahren gerade sogar die Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, dass ungeahnte Talente auch in ihnen stecken.
Großbaustelle im Edwin Scharff Museum
Aktuell führt der Weg ins Kindermuseum vorbei an einer Kreissäge, einem Werktisch und allerlei Werkzeugkisten. Die heiße Phase des Ausstellungsaufbaus hat begonnen. An manchen Stellen braucht es noch ganz schön viel Phantasie, um zu erkennen, was hier einmal gezeigt werden soll. Andere Ecken und Räume sehen dafür schon ziemlich fertig aus. Den besten Überblick über die sich über zwei Stockwerke erstreckende Großbaustelle hat Gernot Ladwein. Am Museum eigentlich als Kunstpädagoge angestellt, hat sich Ladwein nun quasi die inoffizielle Zusatzqualifikation als Bauleiter erworben und packt selbst überall mit an.
Handwerklich geschickt sei er schon immer gewesen, erzählt Ladwein. Aufgewachsen im und mit dem Maschinenbaubetrieb des Vaters ist ihm eine Affinität zur Arbeit mit Maschinen praktisch in die Wiege gelegt. Während es im Familienbetrieb zwar eigentlich mehr um Metallbearbeitung ging, kommt Ladwein nun zugute, dass er auch mit Holz schon immer gut umgehen konnte.
Und das ist eine Fähigkeit, die beim Aufbau einer Kinderausstellung scheinbar ziemlich nützlich ist. Mindestens 70 Kubikmeter Holz seien schon verbaut, schätzt Ladwein. Andere Tätigkeiten und Fähigkeiten waren hingegen neu für den Erlebnispädagogen. So ein Mammutprojekt bringt jeden gelegentlich an seine Grenzen. Eine Fähigkeit, die Gernot Ladwein neu in sich entdeckt hat, sei, Dinge im rechten Moment an andere abzugeben, sagt er.
Im Neu-Ulmer Kindermuseum ist alles „home-made“
Die stellvertretende Museumsleiterin und Verantwortliche für den Bereich Kindermuseum, Birgit Höppl, zeigt sich überrascht und auch stolz angesichts all der Fähigkeiten und Talente, die sie in ihrem Pädagogikteam neu entdeckt hat. Anders als bei vielen anderen Ausstellungen ist in Neu-Ulm wirklich alles „homemade“ – von der Konzeption bis zur Einrichtung. „Eine eigene Ausstellung – das hat schon lange in uns gebrodelt“, sagt Höppl.
Seit 15 Jahren gibt es das Kindermuseum, alle bisher gezeigten Ausstellungen waren Leihgaben anderer Einrichtungen. Selbst etwas zu gestalten, das haben sich viele in dem Neu-Ulmer Museum gewünscht. Die Gelegenheit dazu kam mit Corona. Die Lockdowns legten Kapazitäten beim Personal frei.
Aus der ersten Idee, nämlich das Thema Berufe kindgerecht aufzugreifen, entwickelte sich eine Ausstellung mit dem mutmachenden Motto „Was DU alles kannst“, Untertitel „Eine Reise in die Welt der Tätigkeiten“. Das hatte auch pragmatische Gründe: Die Arbeitswelt ist durch die Digitalisierung und neue KI-Techniken einem schnellen und fortwährenden Wandel unterworfen.
Die Neu-Ulmer Ausstellung soll aber ganz nachhaltig über viele kommende Jahre an andere Kindermuseen verliehen werden. Neben der Nachhaltigkeit waren auch Barrierefreiheit und Gendergerechtigkeit wichtige Themen in der Entwicklung.
Viel verraten über den Inhalt der Ausstellung will Birgit Höppl noch nicht. Doch ein paar kleine Einblicke gab es nun schon vorab, etwa auf den „Könnomat“, der die Besucherinnen und Besucher künftig in der Ausstellung begrüßen wird. Oder auch auf einen kleinen Raum, der wie ein extra bunt eingerichtetes Kinder- oder Jugendzimmer wirkt.
Darin sollen sich die Museumsgäste mit verschiedenen Klangelementen kreativ austoben können und vor allem den Prozess des kreativen Schaffens immer wieder erleben. Und Birgit Höppl betont, dass die Ausstellung ganz bewusst den Fokus auf händisches Arbeiten legt – wieder weg vom Digitalen. „Wir haben das Gefühl, dass es das gerade jetzt braucht.“
Dreieinhalb Jahre dauerte die Entwicklung dieser Ausstellung parallel zum normalen Museumsbetrieb. Ein Großprojekt, das dem Team auch einige Nerven abverlangt hat. Würde sie es wieder wagen? Birgit Höppl ist positiv gestimmt. Das Team ist motiviert. Wenn die Geld- und Personalressourcen vorhanden seien, könnten in Neu-Ulm weitere Ausstellungen entstehen. Doch das ist Zukunftsmusik – die heiße Phase bis zur Eröffnung von „Was DU alles kannst“ läuft.
Info: Ab dem 26. Oktober ist die Ausstellung „Was DU alles kannst“ im Edwin Scharff Museum geöffnet.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden