Aus bislang drei Standorten in Ulm und Neu-Ulm sollte nur noch einer auf bayerischer Donauseite werden. Darüber hinaus sollten 100 neue Jobs entstehen. Zunächst war der Neubau des Autozulieferers Continental im Ulmer Ried mehrfach aufgeschoben worden, inzwischen aber hat das Unternehmen das Vorhaben komplett gecancelt. Was passiert nun mit dem 15.500 Quadratmeter großen Grundstück in der Nachbarschaft vom Baugebiet "Wohnen am Illerpark"? Aus dem Neu-Ulmer Rathaus hatte es vor wenigen Monaten noch geheißen, man habe keinen "Plan B".
Seit 2013 forschen und entwickeln in der Donau-Doppelstadt rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Continental auf drei Standorte verteilt an Fahrerassistenzsystemen und am automatisierten Fahren. Das sollte sich ändern. Man wollte Forschung und Entwicklung von Zukunftstechnologien an einem Ort zusammenzulegen, Kompetenzen bündeln. Das geplante Investitionsvolumen wurde mit rund 50 Millionen Euro angegeben. Es sollte der neue Arbeitsplatz für 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden.
Stadtrat machte 2019 den Weg frei für den Continental-Neubau in Neu-Ulm
2019 machte der Neu-Ulmer Stadtrat den Weg dafür frei, schon 2021 wollte man eigentlich umziehen. Doch daraus wurde nichts. Immer wieder wurde der Baustart verschoben. Zuletzt hatte es geheißen, im Dezember 2022 beginnen zu wollen. Aber auch das wurde revidiert. "Das Projekt soll noch mal neu bewertet werden", sagte eine Unternehmenssprecherin im Mai. "Wir halten weiterhin daran fest, dass es sinnvoll ist, die Aktivitäten zu bündeln", so die Sprecherin damals. Die Verantwortlichen im Neu-Ulmer Rathaus waren zu diesem Zeitpunkt weiterhin davon ausgegangen, dass Continental im Süden der Stadt baut.
In diesem November dann erfolgte die endgültige Kehrtwende, die eine Firmensprecherin so erklärt: "Eine Neubewertung der ursprünglich angedachten Baumaßnahmen in den vergangenen Monaten hat aufgezeigt, dass unser bestehender Gebäudebestand in Ulm und Neu-Ulm den vorhandenen Bedarf an Platz und Infrastruktur decken kann. Aufgrund des Angebots von hybriden Arbeitsmodellen ist die Anwesenheitsquote an den drei Standorten deutlich niedriger als noch vor einigen Jahren. Zudem schauen wir uns an allen Automotiven-Standorten die jeweiligen Auslastungen unserer Gebäude an und konsolidieren diese, wo es sinnvoll ist." Die Sprecherin betont, dass die Absage für den Neubau die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren nicht beeinträchtige.
Continental-Absage ist ein "herber Schlag" für die Stadt Neu-Ulm
Der Gewerbecampus mit dem Conti-Grundstück an der Filchnerstraße sollte zusammen mit dem Baugebiet "Wohnen am Illerpark" ein Neu-Ulmer Modellquartier werden, in dem beispielsweise E-Carsharing, erneuerbare Energien, 5G und Sensoren eine Rolle spielen, die unter anderem den Strom- und Wasserverbrauch kontrollieren. Mit der Conti-Entscheidung steht jetzt zumindest der Gewerbecampus auf wackligen Beinen.
In einem Statement aus dem Neu-Ulmer Rathaus wird die Absage als "herber Schlag nicht nur für die Stadt, sondern auch für die gesamte Region" sowie die Beschäftigten bezeichnet. In die unternehmerische Entscheidung wolle man sich nicht einmischen, "aber wir machen auch keinen Hehl daraus, dass diese Entscheidung uns natürlich sehr enttäuscht". Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung hätten sehr engagiert und immer in enger Abstimmung mit Conti darauf hingearbeitet, dass dieser Neubau möglich wird.
Nach Conti-Absage: Wie geht es nun weiter im Gebiet Illerpark in Neu-Ulm?
Wie geht es nun weiter? Vor wenigen Monaten hatte es noch geheißen, die Stadt habe keinen "Plan B". Nun heißt es aus dem Rathaus, man habe die Unternehmensentwicklung von Conti "natürlich intensiv verfolgt". Spätestens nach der letzten Entscheidung, den Baubeginn zu verschieben, sei man "in gemäßigter Alarmbereitschaft" gewesen und habe ausgelotet, welche Möglichkeiten im Fall der Fälle bestehen. Und, so wird mitgeteilt: "Es gibt Interessenten für das Grundstück." Namen aber werden nicht genannt. Denn, bevor in diese Richtung weitergedacht und -geplant werden kann, gelte es, nun erst mit Conti alles Nötige zu regeln. Der Autozulieferer bestätigt: Man befinde sich "im engen Austausch mit der Stadt Neu-Ulm, um gemeinschaftlich eine Lösung zu finden". Bis wann, blieb offen.
In Memmingen nahe dem Allgäu Airport hat Continental derweil Anfang dieses Monats einen "neue Entwicklungscampus" eröffnet. Investiert wurden hier nach Unternehmensangaben rund 25 Millionen Euro in ein Bürogebäude mit 4000 Quadratmetern sowie eine Werkstatt mit 2000 Quadratmetern. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen hier die autonome Mobilität voranbringen. Vor etwa zwei Wochen wurde bekannt, dass Conti die kränkelnde Autozuliefersparte mit Tausenden Stellenstreichungen wieder rentabel machen will.