Soll die neue ICE-Trasse Ulm-Augsburg durch Burlafingen führen? Für die Neu-Ulmer Stadtverwaltung ist es die geeignetste Variante, für viele Burlafinger aber offensichtlich die schlechteste. Am Montag hat eine im Ort zusammengefundene Initiative nun etwa 900 Unterschriften im Neu-Ulmer Rathaus abgegeben, wie Peter Linder, einer der Initiatoren unserer Redaktion mitteilt. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner würden sich demnach dagegen aussprechen, dass künftig einmal vier statt bislang zwei Gleise durch den Neu-Ulmer Stadtteil gehen.
Die Gruppierung hatte sich nach der Bürgerversammlung in der Iselhalle vor etwa zehn Tagen formiert. Hier hatte Neu-Ulms Stadtbaudirektor Markus Krämer erstmals mitgeteilt, dass die violette Variante, also eine Erweiterung der Bestandsstrecke, von der Verwaltung aus fachlicher Sicht favorisiert werde. Viele anwesende Bürgerinnen und Bürger reagierten darauf verärgert.
Initiative spricht sich gegen neue ICE-Trasse durch Burlafingen aus
Linder habe gewundert, dass seitens Vertretern des Ortes "keiner aufgestanden" ist: "Kein Fußballverein, kein CSU-Ortsverband, keine Oberbürgermeisterin, kein Vereinsring", sagt er. Wenngleich der Vereinsring bereits im Juli dieses Jahres an die zuständige DB Netz AG bereits eine kritische Stellungnahme geschickt hatte, in der diverse Kritikpunkte und Befürchtungen aufgelistet sind und grundsätzlich festgestellt wird, dass man mit der "derzeitigen Streckenplanung durch und um Burlafingen nicht d'accord", also nicht einverstanden sei.
Am Sonntag nach der Info-Veranstaltung habe sich die Gruppe um Peter Linder zusammengesetzt, um abzuwägen, was aus ihrer Sicht sinnvoll ist. Heraus kam eine ganz neue Variante für die ICE-Trasse zwischen Ulm und Augsburg: Nicht nur zwei, sondern gleich vier Gleise sollen Burlafingen südlich umfahren. Die Bestandsstrecke solle im Gegenzug nach dem Bau renaturiert werden, sodass hier wieder neue zusammenhängende Flächen entstehen könnten und vor allem der in Nord und Süd getrennte Ort zusammenwächst. Denn sollte es so kommen, wie von Stadtbaudirektor Krämer und der Stadtverwaltung vorgeschlagen, würde das nicht nur eine auf Jahrhunderte gesehene Trennung des Ortes mit seinen etwa 5300 Einwohnern bedeuten. Sondern auch den Neu-Ulmer Stadtteil aus Sicht von Linder unattraktiv machen: "Hier will keiner mehr hinziehen", sagt der Mitinitiator der Unterschriftenaktion, der am Laubering unmittelbar neben der Bestandsstrecke wohnt.
"Augenwischerei": Argumente der Neu-Ulmer Stadtverwaltung wirken bei Initiatoren nicht
Krämers Argumentation, der bei einem Ausbau der Bestandsstrecke erfolgende Lärmschutz sei um das Doppelte besser als der Lärmschutz, der 2025 kommen soll, hält Linder für "Augenwischerei". Er rechnet vielmehr damit, dass auch der Aldi-Supermarkt und der Finkbeiner-Getränkemarkt nicht mehr länger im Ort bleiben können beziehungsweise wollen, wenn die Menschen nicht mehr kämen. Linder zweifelt zudem an der Aussage Krämers, wonach die Adenauerstraße sowie die Nahversorger bestehen bleiben könnten, sollte die neue Trasse durch Burlafingen gehen. Dass es ein solches Misstrauen gegenüber der Verwaltung gebe, dazu habe Krämer "selber beigetragen": Monatelang sei die Rede davon gewesen, dass es keine favorisierte Trasse gebe. Nun gebe es sie doch.
Sie wollen nun jeden Stadtrat und Stadträtin noch einmal kontaktieren und auf ihre Variante und die Stimmen im Ort aufmerksam machen. Helfen soll dabei auch eine erneute Bürgerversammlung am Freitag (3. November, 19 Uhr) in der Iselstuben, die vom Neu-Ulmer Stadtrat Karl-Martin Wöhner auf die Beine gestellt wurde. Auch bei der Stadtratsitzung am 8. November wolle man mit mindestens zwei Vertretern der Initiative anwesend sein, so Linder.