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Nersingen: Gefälschter Impfpass in Nersingen: So erkannte die Apothekerin den Betrug

Nersingen

Gefälschter Impfpass in Nersingen: So erkannte die Apothekerin den Betrug

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    In Nersingen flog ein wohl gefälschter Impfpass auf.
    In Nersingen flog ein wohl gefälschter Impfpass auf. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa (Symbolbild)

    Die Meldungen der Polizei zu mutmaßlich gefälschten Impfpässen in der Region häufen sich. Nach einem Vorfall in Senden vor drei Wochen (wir berichteten) wurden am Dienstag weitere Fälle dieser Art bekannt. Nicht nur in Großraum Ulm, sondern auch in Nersingen. Dort scheiterte ein 68-Jährige mit seinem wohl betrügerischen Vorhaben an Apothekerin Franziska Utzinger. "Das war meine Premiere", sagt sie. Zusammen mit der Polizei nahm sie den Mann hops. Derweil machen brisante "Gerüchte" die Runde.

    Noch am Vormittag habe sie zu ihren Kolleginnen und Kollegen gesagt: Es könne doch fast nicht sein, dass sie in ihren Filialen bislang keinen derartigen Fall gehabt hätten. Schließlich würden sich die Berichte und Meldungen zu gefälschten Impfpässen auffällig häufen. "Die tauchen aktuell ja überall auf", so Utzinger. Sie hatte schon gar die Befürchtung: "Oder wir übersehen halt etwas." Utzinger betreibt Apotheken in Burlafingen, Pfuhl und Nersingen.

    Keine Stunde später sei dann der 68-Jährige in ihre Apotheke in der Weißenhorner Straße in Nersingen gekommen. Er habe sich, so berichtet es auch die Polizei, einen digitalen Impfnachweis erstellen lassen wollen. Doch Utzinger sei sogleich stutzig geworden, als sie den gelben Impfpass vorgelegt bekam.

    Falsche Adressen: So bemerkte Apothekerin Utzinger den gefälschten Impfpass

    So hätten beispielsweise die auf dem Impfpass angegebene Adresse sowie die Adresse auf dem Personalausweis nicht übereingestimmt. "Da hat er noch behauptet, dass das seine alte Adresse sei", erzählt Utzinger. Allerdings sei auch die Adresse des angegebenen Arztes, der die Corona-Impfung angeblich durchgeführt haben soll, fragwürdig gewesen. "Da meinte er, er habe sich bei einem Arzt nahe dem Wohnort seiner Schwester impfen lassen." Zwar seien das nicht die einzigen Hinweise gewesen, die Utzinger an der Glaubwürdigkeit des Impfpasses haben stark zweifeln lassen. Ins Detail will sie aber nicht gehen. "Ich will Betrügern ja keine Tipps geben, worauf wir achten", sagt sie.

    Sie habe dem Mann mitgeteilt, dass sie ihm keinen Impfnachweis ausstellt. Der habe die Apotheke daraufhin verlassen. Utzinger hatte sich den Namen des Mannes sowie seine Adresse gemerkt und rief anschließend die Polizei, die sofort mit einer Streife anrückte und den Mann aufsuchte. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Memmingen sei dann das vorgezeigte Impfbuch und das Mobiltelefon sichergestellt worden. Gegen den 68-Jährigen aus dem Kreis Neu-Ulm wurde ein Strafverfahren eingeleitet, berichtet die Polizei.

    Zwar ist es für Utzinger der erste Fall dieser Art. Im Kreis Neu-Ulm aber nicht. Vor drei Wochen hatten Menschen in einer Apotheke in Senden an zwei Tagen direkt hintereinander versucht, sich einen digitalen Impfausweis zu besorgen. Eine Mitarbeiterin erkannte dabei allerdings, dass es sich bei den vorgezeigten Impfpässen um mutmaßliche Fälschungen handelte. Unter einem Vorwand vertröstete sie daher die Kunden und informierte zeitgleich die Polizei. Die Beamten konnten die vermeintlichen Betrüger noch vor Ort antreffen. Es handelte sich um ein Ehepaar - ein 31-Jähriger und seine 28 Jahre alte Frau - sowie einen 41-Jährigen, alle aus dem Kreis Neu-Ulm. "Das sind nicht nur die Jungen, die nur Party machen wollen. Das geht durch die komplette Gesellschaft", sagt Utzinger.

    Auch die Ulmer Polizei meldet mehrere mutmaßlich gefälschte Impfpässe

    Etwaige Beobachtungen passen auch zu Meldungen der Ulmer Polizei. Seit dem Wochenende kam es demnach zu ähnlichen Vorfällen in Ulm, dem Kreis Biberach und dem Kreis Göppingen. Das Alter der Verdächtigen hier: 23, 26, 45 und 61 Jahre. Dass gerade in Baden-Württemberg die Vorfälle zunehmen, könnte womöglich damit zusammenhängen, dass - anders als in Bayern - ab Mittwoch, 1. Dezember, der "alte", analoge gelbe Impfpass nicht mehr ausreicht, um an Veranstaltungen teilnehmen zu können, bei denen die 2G- oder 2G-plus-Regelung gilt.

    Für Utzinger, zugleich Sprecherin des Bayerischen Apothekerverbands in der Region Neu-Ulm und Unterallgäu, gilt der Vorfall nun als Mahnung - auch für ihre Kolleginnen und Kollegen - künftig die Impfpässe weiterhin genau unter die Lupe zu nehmen und sensibilisiert zu sein. Nicht ohne Grund sei ihnen als Apotheker bei der Einführung des digitalen Zertifikats empfohlen worden, vorzugsweise nur die Impfpässe von Ärzten aus der Region - "die man kennt", so Utzinger - zu digitalisieren.

    Die Apothekerin treibt aktuell aber noch etwas ganz anderes um. So seien ihr "Gerüchte" zugetragen worden, dass aus Kreisen von Polizei und Bundeswehr gefälschte Impfpässe in Umlauf gebracht würden. Ob das stimmt, wisse sie nicht. Utzinger will das jedoch bei der nächsten Besprechung der Führungsgruppe "Katastrophenschutz" im Neu-Ulmer Landratsamt zur Sprache bringen. Da seien Vertreter beider Institutionen vertreten.

    Das sagt die Polizei zu den "Gerüchten" um gefälschte Impfpässe

    Das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West hat auf diese Gerüchte, über die unsere Redaktion zuvor berichtete, reagiert. Inmitten der vierten Pandemiewelle würden Beamtinnen und Beamte täglich versuchen, durch ihren Dienst für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu sorgen und auch selbst Vorbild für andere zu sein, wenn es um das Vorleben und die Beachtung der aktuell gültigen Richtlinien gehe.

    Auch und gerade deshalb würde die Polizei solche Gerüchte "sehr ernst" nehmen. Die Kriminalpolizei Neu-Ulm habe mit Bekanntwerden der Behauptungen die Ermittlungen aufgenommen, um Ursprung, Hintergrund und Ernsthaftigkeit bewerten zu können. Bislang seien dem Präsidium aber keine anderen Quellen für derartige Gerüchte bekannt. Es gebe derzeit keine dienst- oder strafrechtlichen Ermittlungen gegen Beamtinnen oder Beamte des Präsidiums, die eine Verbreitung gefälschter Impfausweise zum Inhalt hätten.

    Anmerkung der Redaktion: Die Stellungnahme der Polizei zu den Gerüchten wurde nachträglich hinzugefügt.

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