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Landkreis: Segensbringer bei Eis und Schnee

Landkreis

Segensbringer bei Eis und Schnee

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    Die Freundinnen (von links) Julia Nägele, Maxi Merk, Juliane Hoke (alle 15 Jahre alt), Lisa-Marie Glatzmaier (12) und Sally Merk (9) sind selbst bei Schneetreiben unterwegs. Als Sternsinger sammeln sie Spenden.
    Die Freundinnen (von links) Julia Nägele, Maxi Merk, Juliane Hoke (alle 15 Jahre alt), Lisa-Marie Glatzmaier (12) und Sally Merk (9) sind selbst bei Schneetreiben unterwegs. Als Sternsinger sammeln sie Spenden. Foto: Annika Gonnermann

    Der Winterwind, der der zwölfjährigen Lisa-Marie Glatzmaier den blau-grauen Königsturban vom Kopf bläst, ist eisig kalt. Er lässt die prächtigen Königsgewänder wehen und treibt der Schülerin und ihren Freundinnen Maxi Merk, Julia Nägele, Juliane Hoke und Sally Merk die Schneeflocken ins Gesicht. Die fünf Jugendlichen haben sich ausgerechnet den Tag ausgesucht, an dem Tief „Axel“ über die Region hinwegfegt. Doch wer als Sternsinger unterwegs ist, um Häuser zu segnen und für die gute Sache zu sammeln, darf nicht zart besaitet sein. „Mit dicken Schuhen, Hose, Pulli und Jacke geht es“, sagt Lisa-Marie, zieht aber zur Sicherheit den Turban etwas tiefer ins Gesicht.

    So wie die fünf Ministranten aus Grafertshofen zogen wieder Hunderte Buben und Mädchen von Tür zur Tür. Neben Weihrauch bringen sie den Segen fürs Jahr – und sammeln Spenden. 2017 steht die Aktion unter dem Motto „Für Gottes Schöpfung – in Kenia und weltweit“. Ziel ist es, Kindern die Möglichkeit zu geben, andere Kinder zu unterstützen. Im Fokus stehen dabei Gebiete, die vom Klimawandel direkt betroffen sind, wie die Region Turkana im Norden Kenias. Dort ist die Abfolge von Regen- und Trockenzeiten empfindlich gestört worden. Seit Monaten hat es nicht mehr geregnet, die Hirten müssen weite Strecken zurücklegen, um noch Weideland für ihre Tiere zu finden.

    Die Aussicht, anderen zu helfen, gibt Lisa-Marie und ihren Freundinnen Kraft, dem Winterwetter zu trotzen. „Es ist schön, wenn man in die Häuser geht und sie segnen kann. Außerdem tun wir damit Gutes.“ Durchschnittlich zehn Euro bekommen die fünf Mädchen pro geöffneter Tür. „Eigentlich öffnen immer alle. Nur ganz selten sehen wir, dass jemand da ist, und die machen dennoch nicht auf“, erzählt Lisa-Marie. Die meisten Leute freuten sich über einen Besuch. Sogar so sehr, dass sie den Weisen aus dem Morgenland ein kleines Trinkgeld zustecken möchten. „Das dürfen wir aber nicht annehmen“, sagt die Schülerin. Für ihren Einsatz bei Eis und Kälte werden sie daher oft kulinarisch belohnt – mit Kinderpunsch, Schokolade oder Keksen. Am Ende des Tages wird das dann unter den Sternsingern aufgeteilt.

    Doch bei aller Gemeinnützigkeit wollen sich die Sternsinger niemandem aufdrängen. Sie klingeln einmal, und wer nicht da ist oder nicht aufmacht, der findet einen Zettel mit einer Segensbotschaft im Briefkasten. Und: „Wir wissen schon aus den Vorjahren, wenn jemand nicht will, dass wir kommen und dann lassen wir das Haus aus.“

    Ansonsten läuft der Besuch jedes Hauses in etwa gleich ab: Klingeln, Segen spenden, „C+M+B 2017“ an den Türrahmen schreiben, und weiterziehen. Ab und zu erleben die Sternsinger aber auch Skurriles. Lisa-Marie kann sich an einen Hausbesitzer erinnern, der vom Weihrauch nicht genug bekommen konnte. „Der Herr hat uns dann hereingebeten und das ganze Haus räuchern lassen, inklusive Krippe.“ Oder: „Das eine Mal, als wir bei Freunden im Hausflur standen und das Gefäß mit dem Weihrauch auf den Teppich gefallen ist, hat es ein riesiges schwarzes Brandloch hinterlassen.“ Außerdem erinnert sich Maxi an eine Familie, die aus dem Ausland nach Grafertshofen gezogen ist. „Als wir zum ersten Mal dort waren, wussten sie nicht, was wir wollten, weil die das nicht kannten. Dann haben sie gefragt, ob sie ein Foto von uns machen dürfen, um es an ihre Verwandten zu schicken“, sagt sie. Ob die Freundinnen nächstes Jahr noch alle dabei sein werden, steht noch in den Sternen. „Normalerweise macht man das bis man 15 oder 16 Jahre alt ist“, sagt Lisa-Marie. „Dann fangen viele mit einer Ausbildung an oder gehen zum Studieren.“ Die Schülerin hat aber fest vor, nächstes Jahr wieder durchs Dorf zu ziehen – egal, wie winterlich das Wetter sein sollte.

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