In der Regel passiert es alle fünf Jahre: Dann kommt die Bundesversammlung zusammen und wählt in Berlin den neuen Bundespräsidenten. Elf Politiker bekleideten bislang das höchste Amt im Staat – von Theodor Heuss bis Joachim Gauck. In dem Gremium, das hauptsächlich aus Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Landesparlamente besteht, sitzen auch Politiker aus unserer Region.
Katrin Albsteiger, CSU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Neu-Ulm, ist „dankbar“ bei der Wahl dabei sein zu dürfen. „Schließlich ist es unser Staatsoberhaupt“, betont sie. Bereits vor fünf Jahren ist Albsteiger für die Bundespräsidentenwahl nach Berlin gereist, damals noch als bayerische Delegierte. „Ich erinnere mich, wie aufgeregt ich war“, sagt sie. Und auch jetzt, wo sie alle zwei Wochen im Plenarsaal sitze, sei die Bundespräsidentenwahl „alles andere als Routine“. Schließlich komme das nur alle fünf Jahre vor, und über 1200 Delegierte seien dabei.
Bei Karl-Heinz Brunner, SPD–Bundestagsabgeordneter, ist die persönliche Anspannung groß: „Es ist doch ein besonderes Ereignis“, sagt der Illertisser – gerade, wenn mit Frank-Walter Steinmeier ein Kandidat aus der eigenen Partei höchstwahrscheinlich bald das Bundespräsidentenamt bekleiden wird. Natürlich werde er ihn wählen, sagt Brunner, der das erste Mal bei einer solchen Wahl dabei ist. Er kenne Steinmeier persönlich gut.
Dennoch gebe es eine Sache, die ihn schmerze: der persönliche Kontakt zu Steinmeier werde naturgemäß abnehmen, wenn dieser Bundespräsident werde. „Dann kann man nicht mehr schnell bei ihm vorbeikommen“, sagt Brunner und lacht.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein kann nicht nachvollziehen, dass die Union keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat. Bundestagspräsident Norbert Lammert wäre für ihn eine überzeugender Persönlichkeit gewesen. „Und wenn man ihn richtig gefragt hätte, dann hätte er das auch gemacht“, sagt der stellvertretende CDU/CSUFraktionsvorsitzende. Das sei zwar eine Mutmaßung, „aber die ist nicht unbegründet“, sagt der Abgeordnete, der Lammert regelmäßig trifft.
Als besonders spannend empfindet die Grünen-Politikerin Elkin Deligöz, die Wahl am kommenden Sonntag nicht. Wenn sich SPD und CDU/CSU auf einen Kandidaten einigten, sei das Ergebnis sowieso klar. Die Bundestagsabgeordnete hat schon mehrmals an der Bundespräsidentenwahl teilgenommen. Spannend sei es 2010 gewesen, als Gauck zum ersten Mal antrat und die Wahl gegen Christian Wulff verlor. Damals habe es einen „Mini-Wahlkampf“ gegeben. „Es wurde plötzlich über Inhalte gesprochen“, sagt Deligöz. Dadurch werde eine solche Wahl auch immer zum „Vehikel“, um über die „Debatten unserer Zeit“ zu reden. Das gebe es jetzt nicht. Steinmeier sei zuverlässig, vernünftig und ohne Überraschungen, so Deligöz’ Meinung. „Das heißt nicht, dass er ein schlechter Bundespräsident ist“, betont sie und fügt hinzu: „Ich werde ihn trotzdem wählen.“
Europaministerin Beate Merk gehört ebenfalls zu den Delegierten. „Es ist das sechste Mal, dass ich diese ehrenvolle Aufgabe übernehmen darf“, sagt sie. Gauck habe gezeigt, dass ein guter Bundespräsident zur richtigen Zeit das Richtige sagt. Steinmeier verspreche, die Arbeit erfolgreich fortzusetzen.
Der kommenden Bundesversammlung gehören außerdem an: Susanne Schwaderer, Geschäftsbereichsleiterin der Bildungsakademie der Handwerkskammer Ulm Friedrichshafen und Ulm, sowie die Bundestagsabgeordneten Ronja Kemmer (CDU) und Hilde Mattheis (SPD) aus dem Wahlkreis Ulm.