Das Wort der Stunde lautete "Aktionismus". In den solle man keinesfalls verfallen, nur weil der öffentliche Druck gerade groß sei - darin waren sich die Mitglieder des Kreistages am Freitag in Weißenhorn einig. Es ging darum, ob und wie die Schulen des Landkreises mit Luftfiltern ausgestattet werden sollen.
Eine Entscheidung darüber wurde noch zurückgestellt: Ein Fachplaner soll sämtliche in Frage kommenden Räume begutachten und anschließend Empfehlungen abgeben, welche Klassenzimmer mit Reinigungsanlagen ausgestattet werden sollen. Auch wenn die Zeit knapp ist, geht die Landkreisverwaltung davon aus, dass noch in diesem Jahr mobile Geräte beschafft werden könnten. Und dann gibt es ja noch eine weitere, allerdings etwas teurere Möglichkeit.
Landrat wehrt sich gegen Zuspitzung in der Luftfilter-Debatte
In den vergangenen Wochen ist der Ton der Debatte schriller geworden - und viele Politikerinnen und Politiker in Rathäusern und Kommunalparlamenten fühlen sich unter Druck gesetzt. Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) beteuerte, dass es "hier nicht um die Frage geht, ob wir für Kinder sind oder dagegen. Diese Zuspitzung lehne ich ab". Ähnlich drückte sich auch die Grüne Mechthild Destruelle aus. Es sei hanebüchen, wenn in der Diskussion unterstellt werde, wer nicht für mobile Luftfilter sei, der sei gegen die Gesundheit der Kinder. Freudenberger störte sich auch daran, dass der Politik Untätigkeit vorgeworfen werde, denn der Kreis habe sehr früh reagiert.
Tatsächlich stehen bereits seit Anfang des Jahres in einigen kreiseigenen Schulen mobile Luftfilter. Aktuell sind es 60 solcher Reinigungsgeräte. Darüber hinaus wurden 340 CO2-Fühler angeschafft, die über die Luftqualität im Raum Auskunft geben und anzeigen, wann es Zeit zum Lüften ist. Sollten nun aber flächendeckend Filter zum Einsatz kommen, gäbe es viel zu tun: Das Landratsamt geht von 322 Räumen aus, die für ein Reinigungsgerät in Frage kämen. Das jedoch würde einen Haufen Geld kosten. Leistungsfähige Apparaturen kommen pro Stück auf etwa 4000 Euro. Eine Großanschaffung würde mit rund 1,3 Millionen Euro zu Buche schlagen, wovon nach Abzug der Landesförderung immer noch rund 725.000 Euro zu stemmen wären - und dann kämen ja noch Kosten für Planung und Strom und Wartung hinzu. Alleine für die Energie müsste der Kämmerer jedes Jahr rund 100.000 Euro im Kreis-Etat einplanen.
Fest installierte Luftreiniger haben Vorteile, sind aber teuer
Eine Alternative wären fest installierte Luftreiniger. Die würden im Gegensatz zu den mobilen Filtern, die das Lüften keineswegs überflüssig machen, für einen permanenten Luftaustausch sorgen. Das Fenster könnte geschlossen bleiben. Solche Anlagen gibt es bereits im Illertal-Gymnasium, an der Realschule Pfuhl und im neuen Fachklassentrakt des Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums Weißenhorn. Allerdings muss mit einem Preis von rund 30.000 Euro pro Raum gerechnet werden, die der Kreis aber nicht selber tragen müsste: Im Mai dieses Jahres hat die Bundesregierung ein Förderprogramm beschlossen, das 80 Prozent Förderung in Aussicht stellt. Die Kreisverwaltung geht davon aus, dass 191 Zimmer damit ausgestattet werden könnten. Doch so viele werden es wohl nicht, denn selbst bei einem so hohen Bundeszuschuss blieben noch 2,23 Millionen Euro übrig, die zu finanzieren wären.
In der Debatte zeigte sich, wie sehr die Auseinandersetzung um mobile Filteranlagen die Kommunalpolitiker unter Druck setzt. Der Landrat sprach von einer "Schwarz-Weiß-Debatte" und einem "elenden Populismus". Wolfgang Schrapp (Freie Wähler) erinnerte daran, dass die Gemeinden in eine Zwangslage kämen: Je nachdem, wie der Kreistag entscheide, werde ein klares Signal ausgesendet, was zu tun sei. Auch seine Fraktionskollegin Susanna Oberdorfer-Bögel warnte vor einem "unverhältnismäßigen Aktionismus", ausgelöst durch öffentlichen Druck. Allein mit der Anschaffung von Filtern sei ja mitnichten alles gut. Ulrich Schäufele (SPD) mahnte zur Sorgfalt, denn "Schnelligkeit macht die Sache nicht besser".
Luftfilter-Gutachten könnte dem Kreistag Neu-Ulm rasch vorliegen
Gegen die Stimme des Grünen Ludwig Ott entschied der Kreistag, zunächst einmal einen Fachplaner damit zu beauftragen, sämtliche in Frage kommenden Räume zu begutachten und anschließend in einem Gutachten zu empfehlen, welches Zimmer gegebenenfalls mit welcher Anlage auszurüsten sei. Innerhalb von vier Wochen könnte sein Papier vorliegen, meint Kerstin Lutz, Leiterin des Landratsamts-Fachbereichs Schule, Kindergarten, Sport und Kultur. Innerhalb von sechs Wochen könnte die Ausschreibung rausgehen. Doch bis die Geräte zur Verfügung stehen, dürfte es Jahresende werden. Der Vöhringer Bürgermeister Michael Neher (CSU) glaubt sogar eher an Januar oder Februar. Fest installierte Lüftungen hingegen könnten frühestens zum Schuljahr 22/23 in Betrieb gehen. Voraussichtlich noch im Sommer soll ein Ausschuss des Kreistages über die Lüftungsanlagen entscheiden.