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Landkreis Neu-Ulm: Lieber Weißenhorn statt Spanien: Warum viele Störche da bleiben

Landkreis Neu-Ulm

Lieber Weißenhorn statt Spanien: Warum viele Störche da bleiben

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    Wohnen mit Stil: Seit vier Jahren lebt ein Storchenpaar auf dem Weißenhorner Fuggerschloss.
    Wohnen mit Stil: Seit vier Jahren lebt ein Storchenpaar auf dem Weißenhorner Fuggerschloss. Foto: Alexander Kaya

    Auf dem Weißenhorner Fuggerschloss lebt es sich wohl besonders gut. Seit vier Jahren hat ein Storchenpaar dort Quartier bezogen, ohne einen längeren Abstecher nach Spanien oder Afrika zu unternehmen. Warum bis zur Serengeti fliegen, wenn es auch im Rothhal schön ist? Cornelia Michler gilt in Weißenhorn als Storchenmama und hat das Paar fest im Blick. Kürzlich machte sie diese kuriose Beobachtung: Ein fremdes

    Störche im Kreis Neu-Ulm kommen zum Teil aus Zuchstationen

    Denn Störche sind eigentlich als Zugvögel und Vielflieger bekannt. Meist kommen sie im März oder April aus den Winterferien zurück und verbringen den Sommer hier. Auf Kirchendächern und Strommasten errichten sie ihr Nest (auch Horst genannt) und ziehen ihren Nachwuchs auf. Und wenn die Umgebung nicht mehr genug Futter bietet, brechen sie im August auf und fliegen gen Süden – entweder über die Türkei und den Nahen Osten oder über Spanien bis nach Afrika. Dabei legen sie im Laufe eines Jahres oft Tausende oder sogar Zehntausende von Kilometern zurück.

    Einigen Vogelbeobachtern dürfte es längst aufgefallen sein: Viele Störche sparen sich den mühsamen Zug ins Winterquartier und bleiben da. Hubert Ilg vom Neu-Ulmer Vogel- und Naturschutzverband (LBV) hat im Landkreis Neu-Ulm vergangenes Jahr 15 Storchenpaare dokumentiert. Davon hätten fünf oder sechs Paare hier überwintert. Neben Weißenhorn wisse er es auch von den Störchen aus Illertissen, Unterroth und Buch. Die Vogelexperten Hubert Ilg und Franz Zeller haben dafür eine mögliche Erklärung parat. Dafür müssen sie aber kurz ausholen.

    Wohnen mit Stil: Seit vier Jahren lebt ein Storchenpaar auf dem Weißenhorner Fuggerschloss.
    Wohnen mit Stil: Seit vier Jahren lebt ein Storchenpaar auf dem Weißenhorner Fuggerschloss. Foto: Alexander Kaya

    In den 70er und 80er Jahren waren die Weißstörche in Deutschland fast ausgestorben. So habe es im gesamten Landkreis Neu-Ulm zwischen 1981 und 1994 keine einzige Storchenbrut mehr gegeben (die letzte war in Unterroth, die erste in Weißenhorn). Ein Storchenaufzuchtprogramm im französischen Elsass sollte den Storch zurück ins Dorf bringen. Die Züchter importierten Störche aus dem nordafrikanischen Marokko, beschnitt ihre Federn und ließ die Jungvögel wieder frei, erklären Zeller und Ilg. Das Programm war ein voller Erfolg – die Störche kamen wieder. Aber: "Das natürliche Zugverhalten hatten sie nicht mehr", erklärt Ilg. Die Störche blieben entgegen der altbewährten Tradition im Winter hier. Doch sie hielten es aus. "Störche sind relativ flexibel", so Ilg. "Die eher milden Winter führten dazu, dass die Störche einigermaßen über die Runden kommen. Früher dachte man, man müsste die Störche zufüttern, aber im Winter haben wir kaum Verluste." Kritisch werde es für die Störche erst, wenn viele Tage hoher Schnee liegt.

    Spanien ist bei den bayerischen Weißstörchen ein beliebtes Reiseziel

    Die Störche auf dem Weißenhorner Fuggerschloss könnten also Nachfahren jener Einwanderer aus Nordafrika sein. Vielleicht auch nur einer von ihnen. In einer Auskunft der unteren Naturschutzbehörde in Neu-Ulm heißt es: "Anscheinend können auch Störche aus Zuchtstationen, die selbst nicht ziehen, ihre Brutpartner vom Ziehen abhalten, sodass immer mehr Störche im Winter in der Region bleiben." Die Heimatverbundenheit der Zuchtstörche steckt wohl an. 

    Bei den Reisestörchen dürfte Spanien hoch im Kurs sein, wie Hubert Ilg vom LBV vermutet. Dass die Störche, wovon die meisten "Westzieher" sind, nach Nordafrika oder gar bis südlich der Sahara reisen, sei mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel, so Ilg. Von der Naturschutzbehörde heißt es: "Generell ist ein Trend zu beobachten, wonach besonders die über Westen ziehenden Störche – dank des günstigen Nahrungsangebots auf Mülldeponien und Reisfeldern – auf der iberischen Halbinsel überwintern und dementsprechend schneller wieder zurück sind, als diejenigen Störche, die über den Westen bis ganz nach Afrika ziehen." Das würde in Weißenhorn den frühen Besuch der Fremdlinge am Faschingsdienstag erklären. 

    Störche im Landkreis Neu-Ulm: Es werden immer mehr

    Kämpfe um die Horste der Region könnten immer häufiger vorkommen, wie Hubert Ilg vermutet. Er sagt, es gebe mehr Storchenpaare als Horste. Laut der Naturschutzbehörde sei noch Platz für alle da. Beide gehen aber davon aus, dass die Population in den nächsten Jahren weiter steigen wird. 

    Wer gerne Störche beobachten möchte, sollte in der Dämmerung Ausschau halten, wie Cornelia Michler verrät. "Sie fangen langsam mit dem Nestbau an. Gerade bleibt immer einer da, der andere fliegt weg. Meistens kommt er gegen fünf wieder aufs Nest." Sie geht davon aus, dass die Brut in den nächsten Tagen beginnen wird. Ihre Eier legen sie erfahrungsgemäß an Ostern, schlüpfen werden sie dann an Pfingsten, so Michler. Vergangenes Jahr seien es drei kräftige Jungen gewesen. "Die gehören schon zum Weißenhorner Inventar", sagt die Storchenmama. 

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